@LuciaFackel Also erstmal: Um wessen Feiermotivation geht es denn? Die germanischer Stämme? Oder die moderner städtischer Neuheiden? Grundsätzlich muss man nämlich bei beiden sagen, dass es da definitiv unterschiedliche Ansichten und Beweggründe geht und wir fangen da noch gar nicht mit dem Thema romantisierender Zuschreibungen moderner Leute was den ach so naturverbundenen Stammesangehörigen angeht.
Das mit Sonne und Licht kannst du erstmal vergessen. Auch muss man da eine Menge auseinander dröseln.
Grundsätzlich ist von germanischen Stämmen nicht überliefert, dass sie konkret zur Wintersonnenwende überhaupt ein großes Fest gefeiert hätten. Jul, von dem Snorri genaueres berichtet bezieht sich auf Norwegen zu einer Zeit, in der germanische Stämme auf dem Kontinent bereits in der Art Geschichte waren. Und selbst da bestehen Unsicherheiten was den genauen Zeitpunkt angeht, was eben wiederum an der Formulierung liegt. Es ist also nicht einmal wirklich klar, ob nämlich mit "Mittwinter" bei Snorri die meteorologische oder astronomische Mitte gemeint ist, was immerhin gut einen Monat Unterschied ausmacht. Übrigens muss man hier dann auch zwischen dem modernen Jul in Skandinavien und dem vorchristlichen Jul unterscheiden. Modern ist "Jul" auch mit den damit verbundene Bräuchen schlicht Weihnachten in Skandinavien. Da heißt Weihnachten eben "Jul".
Auch ist im Übrigen fraglich, inwiefern es da überhaupt überregionale Standards gegeben hat oder auch nur regionale Mangels der Möglichkeit Zeit so genau zu messen in Dörfern und kleinen Siedlungen, dazu Stammesgrenzen etc. All das ist eben ein Faktor, weshalb man da von verschiedenen Bräuchen und Sitten ausgehen müssen wird, wenn auch ggf. mit einem roten Faden gewisser Ähnlichkeit, der sich dann ggf. vage in den Rauhnächten wiederfindet. Hier stellt sich aber dann eben wieder die Frage inwiefern die überhaupt wirklich auf eine lange Überlieferung zurückblicken können und wie die sich überhaupt gestaltet, denn selbst die vielzitierte Länge von 12 Tagen bzw. eben Nächten ist weder unangefochtenn - moderne Städter haben nur oftmals alte Bräuche, für die sie sich nicht mehr interessieren vergessen, derer zu Folge es da regional unterschiedliche Zahlen gibt, seien es 5, 6, 9 oder gar 15.
Das mit der Sonne und dem Licht ist ansonsten letztlich was Weihnachten angeht römisches Kulturgut, seinerseits aber eigentlich schon Ergebnis synkretistischen, kaiserlichen Staatskultes. In der frühen Forschungsgeschichte germanischer Religion hat man dazu geneigt einige Dinge noch sehr christlich zu interpretieren in einer Art Apologie der edlen Vorfahren nach und die edlen Vorfahren der hehren Arier konnten ja keine unchristlichen Wilden gewesen sein. Da wurde dann gerne mal Balder als Gott des Lichts herangezogen, was sich aber so überhaupt nicht halten lässt und wo gerade eben in der frühen Forschung implizit verdächtige Parallelkonzepte zu Jesus aufgebaut wurden
Keine Zeile berichtet je von einem Lichtfest für Balder o.Ä. Auch Tod und Wiedergeburt finden keine Erwähnung. Wiedergeburt scheint allgemein nicht Element des Glaubens germanischer Stämme gewesen zu sein, zumindest lässt sich dafür auch wieder keine einzige Zeile finden jenseits von zwei recht singulären Sagenfiguren bzw. Legenden, die ins Märchenhafte gehen, recht spät sind und eben so ziemlich aus der Reihe schlagen. Ggf. kann man sie auch schlicht metaphorisch deuten in Hinblick auf eine Wiederkunft im übertragenen Sinne als "Wiedergeburt" durch den eigenen Nachkommen, was jetzt auch nicht unpassend wäre als Idee innerhalb einer Stammesgesellschaft.
Astarte ist keine Sonnengottheit. Astarte und ihre jeweiligen Varianten sind was Gestirne angeht mit der Venus assoziiert und Fruchtbarkeitsgottheiten, speziell der erotischen Liebe, die sich sogar noch oft dadurch auszeichnen, dass sie explizit keine Muttergestalten sind. Oft wird vielmehr die Jugend betont und eben das Fehlen von Kindern. Sie entspricht eher dem Typ junges Ding frisch im Heiratsalter.
Die ganze Sonnengottgeschichte ist schlicht auf Sol Invictus zurückzuführen, wie gesagt ein Element des römischen Staatskultes, der so aber nie eingang fand in germanische oder andere Festkalender erst recht nicht in einer strengen Form mit festem Ritus, bei dem nach Art des wiccanischen Jahreskreises alle "Stationen" quasi abgegrast wurden. Das findet man wenn dann eher in anderen strengen, organisierten Sonnenkulten - wie z.B. dem mehr als ausgearbeiteten Kult des Re in Ägypten mitsammt der ganzen anderen Sonnengötter, die da recht populär waren - , deren Ähnlichkeit ja letztlich darauf zurückzuführen ist, dass die Sonne nun einmal für alle Ecken der Erde die gleichen Stationen durchläuft. Für germanische Stämme lässt sich davon aber herzlich wenig festellen.
Und wie ja auch schon erwähnt wurde: Bei den Germanen scheint die Sonne eine Frau gewesen zu sein, der Mond dafür männlich. Der junge SonnenGOTT macht also gar nichts
;) Möglicherweise wurden die fruchtbarkeitsspendenden Eigenschaften der Sonne abgekoppelt in anderer Gestalt dann doch rezipiert. Oft taucht in dem Kontext dann in der Diskussion Balder auf und wird wie erwähnt als Gottheit des Lichts rezipiert, was aber streng genommen, wenn wir wirklich bei den Fakten bleiben wollen durchaus selbst diskussionswürdig ist.