Welches Buch lest ihr gerade?
04.07.2015 um 09:55Ich bin gerade dabei "Auf dünnem Eis" von Lydia Benecke zu lesen. Wenn ich das dann durch habe, schreibe ich auch eine kleine Rezension darüber ^^
Häresie schrieb:Deswegen hat mich nur mal interessiert, wie du es findest.Er weiß zumindest um seinen Ruf, so viel geht ebenfalls aus den ersten Seiten hervor. Sollte ich durch sein melde ich mich, vl.
Wer aber nun schon seit jeher der Meinung ist, dass die Amerikaner, das Öl, Kreuzritter und sowieso die permanente Beleidigung aller Muslime an allem schuld seien, der greife besser zu Jürgen Todenhöfers Bestseller »Inside IS – 10 Tage im ›Islamischen Staat‹«. Das Buch ist schlecht. Ein Urteil, das hier nicht überraschen mag. Es gilt auch jenseits von Diskussionen über journalistische Ethik und Todenhöfers Selbstdarstellershow als unermüdlicher Kämpfer für die »Wahrheit«, der von der Propagandakompanie des Kalifen ebenso profitiert hat, wie sie von ihm. Es geht dabei nicht einmal um Todenhöfers politische »Position« oder gar um Ideologisches. Das Buch ist schlecht, weil es sehr viel über Jürgen Todenhöfer erzählt, aber praktisch nichts über ISIS. Nur etwas mehr als ein Drittel des Textes berichtet überhaupt vom Aufenthalt im »Kalifat« selbst. Vorher schreibt Todenhöfer seitenweise den wenig originellen Mailverkehr mit einem deutschen Jihadisten ab. Seine Erläuterungen zur jüngeren Geschichte der Region hören sich an, als sei er ein aus den achtziger Jahren herübergebeamter »Antiimp« – was er ja gewissermaßen auch ist. Wenn es endlich zu den Reiseeindrücken aus dem »Kalifat« kommt, kann Todenhöfer nur wenige Details beisteuern, die man nicht sowieso schon aus allen möglichen Artikeln kennt: Neu ist etwa, dass der stark übergewichtige deutsche Jihadist Abu Qatadah fatalerweise Snickers zum Frühstück isst und dass die Sauberkeit sanitärer Anlagen im Kalifat sich offenbar nicht von der in anderen Regionen des Nahen Ostens unterscheidet. Man erfährt auch, dass die Sprengstoffgürtel der Jihadisten gar nicht so klobig sind, wie Todenhöfer sie sich vorgestellt hat. Er probiert auch mal einen an. Mehr gibt das alles nicht her. An Todenhöfers Buch lässt sich vor allem noch einmal die ungeheure Lücke nachvollziehen, die durch den Tod von Peter Scholl-Latour in der deutschen Abenteuerliteratur entstanden ist. Scholl-Latour war feinster Trash, Todenhöfer dagegen ist bloß ein deutscher Ideologe, der auf der Suche nach »Wahrheit« unermüdlich mit »beiden Seiten« reden will, um »Frieden« zu stiften. Weswegen er auch so gerne Diktatoren und Terroristen interviewt.http://jungle-world.com/artikel/2015/27/52228.html (Archiv-Version vom 06.07.2015)