@emz @DiePandorra Hier mal, was Wiki zur Interpretationsmöglichkeit des Heidenrösleins schreibt:
Das Gedicht Goethes lässt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu:
Unter anderem kann man darin das stürmische Liebesverlangen eines Jünglings zu einem schönen Mädchen erkennen. Er erweckt ihre Gegenliebe, verlässt sie dann jedoch und bricht ihr damit dauerhaft das Herz. Die Zeilen „Röslein sprach: Ich steche dich, dass du ewig denkst an mich.“ und „Röslein wehrte sich und stach“ lassen die Ansicht zu, dass sie sich an ihm gewaltsam für seine Untreue rächt. Ebendiese Zeilen widersprechen auch der einseitigen Deutung einiger Interpreten, die in dem Gedicht nur die verschlüsselte Vergewaltigung[7] eines hilflosen Mädchens durch den Knaben, die jener mit Brachialgewalt („brach“) und gegen ihren Willen vollzieht, zu erkennen meinen.
Eine allgemeinere Interpretation ist eine thematisierte Verführung als Initiation des Weiblichen. Das „Röslein“ steht demnach symbolisch für eine junge Frau (oder ein Mädchen), die sich zunächst gegen die Nachstellung eines jungen Mannes standhaft zur Wehr setzt. Der „wilde Knabe“ bricht jedoch letztendlich die Moral d.h. ihre Jungfräulichkeit. Die junge Frau ist hin- und hergerissen, aber sie ergibt sich schließlich ihrer Leidenschaft – teils mit, teils gegen ihren Willen („Und ich will's nicht leiden“ im Sinne von „es soll mir nicht leid tun“). Sie geht damit den ihr vom Schicksal vorbestimmten Weg vom jungen Mädchen zur Frau.
„Leiden“ kann dabei gemäß altem Sprachgebrauch auch als „lieben“ („ich kann Dich leiden“) gedeutet werden, oder aber als das Leid über den Verlust der eigenen Kindheit, oder gar als das Geburtsleiden im Vorgriff auf ihr eigenes Erwachsenenleben als werdende Mutter (das „Weh“ d.h. die Wehen bei zukünftigen Geburten ihrer Kinder) gesehen werden.
Die sexuelle Metaphorik des Liedes ist bereits in seinem Titel angelegt, der zur Entstehungszeit der Vorlage im 16. Jahrhundert einen Doppelsinn hatte, den Goethe noch herausgehört haben dürfte, auch wenn er modernen Sprechern der deutschen Sprache nicht mehr offensichtlich ist. Das "Heidenröslein" ist nämlich eine frühneuhochdeutsche Umformung des mittelhochdeutschen Wortes "Heidruose", wie es zum Beispiel bei Wolfram von Eschenbach auftaucht. "Heidruose“ aber hat weder mit Heide noch mit Rose zu tun, sondern heißt soviel wie Hegedrüse, sprich Hoden. Der vergiftete Speer, der König Anfortas im Roman Parzival die "Heidruose" verletzt, entmannt ihn, nimmt ihm die Zeugungskraft. Goethe spielt mit diesem Doppelsinn zugleich auch auf die vom Mittelalter bis zu seiner Zeit gebräuchliche Strafe für Vergewaltigung an, nämlich die Kastration. Insofern legt bereits der Titel eine Interpretation des Geschehens als Vergewaltigung nahe, auch wenn die harmlosere Lesart als freiwilliges Schäferstündchen nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird.