Lach, okay, also alles ... ich liebe sich langsam entwickelnde Geschichten ...
ohne Extraabsätze, weil ich noch eben schnell Sternchen sehen kann - und alle neuen Stories hier lese ich morgen!
@darcane Würde auch testlesen - suche auch Testleser ... *hoffnungsfroh guck*
Die Reisenden, denen er bisher begegnete, haben ihn verflucht und angespien, so beobachtet er aufmerksam die Straße, voller Furcht vor neuem Ungemach. Er sieht eine große Gruppe auf der staubigen Straße und er bekommt Angst. Er weicht aus, sucht einen Weg durch das kleine Wäldchen, das sich neben ihm erstreckt und versucht sich außer Sicht zu stehlen. Er erträgt keine weiteren Schläge und keine Schimpfworte mehr.
Das Birkenwäldchen hat sich bereits gelblich verfärbt. Schlaff hängen die Blätter herab, ein Sinnbild des verlöschenden Lebens. Bald werden sie fallen und alles wird öde und kahl, für lange, lange Monde. Die letzten Vögel im Geäst zwitschern erschreckend laut. Sie scheinen ihn vertreiben zu wollen, den Ungebetenen, dulden den Verbannten nicht in ihrem Heim. Nun kann er warten. Regis sieht die Straße nicht mehr, so sollte ihn niemand sehen. Sie werden ihn nicht verfolgen, diese letzten Reisenden. Niemand verfolgte ihn allzu weit, sie ließen ihn nur nirgends verweilen.
"Oh, ein Spielmann! Ein Barde der alten Schule?"
Eine Frauenstimme spricht den staubigen Wanderer an und er fällt fast über eine Wurzel vor Schreck über die unerwarteten Laute.
Jetzt sieht er die Sprecherin, die hinter einem Buschwerk am Boden sitzt, halb verborgen vor seinen Blicken. Sie scheint jung zu sein, denn ihr Gesicht zeigt keine Falten oder Furchen. Ihr Haar trägt sie aufgebunden, schlicht, und schlicht wirkt ihre Kleidung, doch staubfrei und sauber.
"Fremder, komm her zu mir. Hab keine Angst und ruh dich aus. Solange wir in diesem Wald bleiben, sind wir sicher vor allem, was draußen vorbei zieht. Ich verrate dich nicht und du verrätst mich nicht, bitte. Ich glaube, ich weiß, was dich quält."
Die Frau lächelt ihm zu und hält ihm etwas entgegen, das ihn magisch anzieht. Sie hat Brot und Käse, Obst und Wein ausgebreitet und legte eine Rast ein, wohl um dem Trupp Reisender zu entgehen wie er selbst. Ein Schnauben lenkt den müden Wanderer ab. Sie hat ein dunkelbraunes Reittier bei sich, das sich in Regis Weg stellt. Es sieht ihn mit großen, intelligenten braunen Augen an. Er schaudert, ein Dämonentier.
"Fremder, das ist lediglich Minervas, mein Esteenpferd. Er ist intelligent und ist ganz gewiss kein Dämon, noch verbannt er erschöpfte Fremde, die eine Jause benötigen. Sie fressen Gras und Blätter, Getreide und Wurzeln, doch sie beißen keine Menschen." Die junge Frau lächelt gar lieblich.
Dunkle Augen blinzeln als hätte das Wesen gelacht, als wolle es sagen, vor allem keine so dreckverschmierten. Ein weiteres Schnauben ertönt. Das Tier reckt die Nase und beschnuppert ihn vorsichtig. Die Frau lacht leise und macht eine Geste, ihr tierischer Begleiter weicht zurück in den Wald, gibt dem Mann den Weg frei. Zögernd geht er den letzten Meter zu der Frau hin. Regis setzt sich neben sie, nimmt ihr Angebot an und kann seine Furcht dennoch nicht verbergen.
"Er mag dich leiden und er meinte, du könntest vielleicht nicht mehr sprechen, da du zu lange hast schweigen müssen. Wir werden sehen. Beruhige dich und iss etwas. Viel mehr als Nahrung brauchst du sauberes Wasser zu trinken." Sie reicht ihm eine Kalebasse. Das kühle Nass erfrischt und erscheint Regis wie ein Trank der Götter, ein Wunder in den staubigen Ebenen.
"Ich bin weder eine böse Zauberin noch dergleichen. Eigentlich müsstest du das erkennen können." Sie nickt ihm aufmunternd zu.
Er denkt über die Worte nach, während er langsam und genüsslich isst, und bedenkt bevorzugt das Verhalten dieses Esteenpferds, das sich schützend vor die junge Frau stellte. Die großen, hirschartigen Sechsbeiner gelangten vor wohl zweihundert Jahren aus der Steppe in ihr grünes Land. Sie wurden im Reich Sardis und den Nachbarländern angenommen und ersetzten die Lasttiere, die es gab. Sie wurden bei besserem Futter groß und sehr stark, sie wurden vor allem intelligenter als ihre Ahnen aus den Steppen des Südens und entwickelten sich weiter. Vor vielen Jahren kam es zum Krieg zwischen diesen Tieren, die denken gelernt hatten und ihren menschlichen Herren, die sie in harter Zucht und Knechtschaft hielten. Die Esteen lernten zu kämpfen und ihre Vorteile einzusetzen, denn sie sind ungemein schnell und enorm kräftig. Sie siegten über die Menschen. Der damalige König erließ ein Edikt, um die Aufstände zu beenden und um eine Wiederholung der grausamen Gefechte zu umgehen.
Niemandem gebührt das Recht ein solches Wesen zu besitzen, niemand darf ihnen Gewalt antun, doch ihnen ist wie jedem Gastfreundschaft zu erweisen. Der Handel zwischen Esteen und Menschen wird geduldet, doch die Händlerkarawanen reisen zu ihnen, nicht sie in die Gebiete der Menschen, wo sie nicht gern gesehen werden. Den Überlebenden der Aufstände wurde ein eigenes Gebiet zugewiesen, eines das sich für Menschen und deren Ansprüche nicht eignet, den zäheren und kräftigeren Pflanzenfressern jedoch Lebensraum bieten konnte. Wie also kommt dieses Wesen hierher? Sie sagte noch etwas, das ihm gerade in diesem Moment auffällt. Sie sagte, sie sei keine seltsame Künstlerin und er müsste das erkennen können. Woher weiß sie das? Der Spielmann zuckt zusammen und sieht sie unbehaglich an, seine eigenartige Gastgeberin, die hellen Kräuterwein trinkt und ihn ihrerseits sinnend beobachtete. Die dunklen, aufmerksamen Augen ruhen auf Regis Gestalt, freundlich wirken sie. Ihm kommt unversehens zu Bewusstsein wie staubig er ist, wie ermattet, abgerissen wie ein Wegelagerer.
"Machst du dir schon wieder Sorgen? Es ist gut, dass du nachdenkst, doch deine Furcht ist müßig. Min meint, du hättest verstanden, was ich sagte und du fragtest dich, wo er herstamme. Dies ist eine kurze Geschichte, denn wir mögen einander und sind gerne gemeinsam unterwegs. Minervas fühlt sich weder geknechtet noch belästigt, wenn er mich reiten lässt und Befehle befolgt er nur, wenn sie sinnvoll sind, ebenso wie ich im Übrigen. Wir teilen die Freude am schnellen Rennen und ich kann ihn verstehen wie er mich. Wir kennen uns bereits seit Jahren. Ich weiß genau, dass wir gültige Gesetze des Reiches arg dehnen und beanspruchen, doch niemand erkennt Minervas, wenn ich das nicht möchte, allein du hast erkannt, was er ist. Aus diesem Grunde weiß ich, dass du die Zeichen erblicken kannst und deshalb weiß ich gleichfalls, dass du nirgends mehr hingehen kannst. Richtig?"
Er kann nur nicken, denn seine Stimme versagt. Er wusste nicht, dass die gemeinsame Sprache zwischen den Völkern weiterhin gelehrt wird und er bewundert sie, weil sie in den alten Lehren bewandert ist. Regis erinnert sich, dass mehr als die Beherrschung einer Zeichensprache dazu gehört um sich mit den Hirschpferden richtig zu unterhalten, doch sein Verstand scheint mit Watte gefüllt zu sein.
Die junge Frau reicht ihm weiteres Brot und ein Stück Käse. Er schaut darauf, dann, als fiele ihm soeben ein, wozu diese Nahrung taugt, isst er das Angebotene. Die junge Frau hält den Kräuterwein bereit, denn ihr Gast scheint zu ermattet um sich eigenständig zu versorgen.
"Es steht unter Bann, ich weiß das wohl. Es kümmert mich nicht und meine Freunde kümmert es geradeso wenig."
Beruhigter trinkt er ihren Wein, isst ihr Obst und hört ihrer Unterhaltung mit dem Wesen zu. Er schätzt ihr Lachen, melodiös, weich und voller Freude. Zu lachen vermag er nicht mehr und ein helles Lachen hörte er nicht mehr, seit er sein eigenes Land betrat. Der Wein, die lange Reise, die Wanderung ohne Nahrung und Unterkunft haben ihn ermüdet, die Sonne scheint und der Spielmann kann sich das erste Mal seit Monden entspannen. Er schläft umgehend ein.