@jerry142 oh, da hab ich mich um 1 Jahr vertan... naja habe mich eigentlich nicht mehr um diesen Fall gekümmert... und eigentlich habe ich es jemandem versprochen, mich nicht mehr um Kriminalfälle zu kümmern... Mit den Fällen Antje Mundstock und Claudia Lade habe ich mich im Sommer 2013 ausgiebig beschäftigt, die natürlich wieder mal keinen interessierten. Nachfolgend eine Zusammenfassung...Gehört eigentlich nicht in diesen Thread, bitte um Nachsicht.
Die Fälle Antje Mundstock und Claudia Lade sind im Zusammenhang zu sehen!
Ich beschäftigte mich seit 1995 mit der Analyse von Tötungsdelikten. Mein besonderes Interesse galt den Handlungssträngen der Täter einerseits und andererseits den Informationssträngen der Ermittler bei der Aufklärung derartiger Fälle. In 15 Jahren habe ich unzählige Gutachten und Fallstudien dieser Tätergruppen ausgewertet und stieß dabei immer wieder auf Fehleinschätzungen bei den Ermittlungen. Insbesondere wenn scheinbar keine Täter-Opfer-Beziehung nachweisbar ist, gestaltet sich die Suche nach Fahndungsansätzen schwierig. Muss aber dazu sagen, dass die immer weiter perfektionierte Methodik der Operativen Fallanalyse, diese Lücke immer kleiner werden lässt. In der Anfangsphase der Aufklärung eines Falles werden so die Weichen für das weitere vorgehen gestellt. Trotzdem wurden und werden Täter oftmals, erst nach vielen Jahren und weiteren Taten gefasst. Und in nicht wenigen Fällen ist der Zufall der Schlüssel zur Lösung. In nicht wenigen Fällen habe ich Defizite in der Verwertung und Beurteilung von Informationen festgestellt, die dazu führten, dass Ermittlungen in falsche Richtungen erfolgten. Aus diesem Umstand wird klar, dass Fälle nach einiger Zeit als ausermittelt gelten und in der Folge die Ermittlungsakten vorläufig geschlossen werden. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit diverse Fehleinschätzungen und Fehlinterpretationen, auch von Mitarbeitern der operativen Fallanalyse. Dieser Fakt begründet sich jedoch auf eine Annahme von Wahrscheinlichkeiten, die aus Fall-Analysen, empirischen Untersuchungen von Vergleichsfällen, psychologischen und Verhaltens-psychologischen Mustern etc. entwickelt werden.
Aus dieser Konsequenz heraus, versuchte ich, Instrumente zu entwickeln, die es ermöglichen, bereits im Anfangstadium der Ermittlungen, Fehler auszuschließen bzw. auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Auch wenn Handlungsabläufe oftmals unlogisch erscheinen, ergibt sich eine systematische Logik, die nachvollzogen werden kann.
Leider liegt mir nur das wenige öffentlich zugängliche Material zu diesen beiden Fällen vor. Trotzdem versetzt es mich in die Lage, eine Interpretation zu wagen die von der offiziellen abweicht. Im folgenden werde ich nun, auf Basis der offiziellen Informationen meine Theorie darlegen.
Zum Anfang der Ermittlungen existierte ein Informationsstrang. Insbesondere die Feststellung des Gerichtsmediziners, dass im Fall Claudia Lade andere Würgemale festgestellt wurden, sorgten zunehmend dafür, die Fälle Claudia Lade und Antje Mundstock nicht mehr im Zusammenhang zu sehen. Obwohl die Gemeinsamkeiten der Gesamtsituationen, nach wie vor überwiegten. Beide Informationsstränge bildeten eine Interferenz, eine Informatons-Überdeckung. Der stärkere Informationsstrang überdeckt den schwächeren, so das der schwächere nicht mehr wahr genommen wird. Eine Bestätigung ihrer Hypothese wurde später nochmals durch die Heranziehung von Operativen Fallermittlern bestätigt, die zwei verschiedene Täter formulierten und somit endgültig für ein abrücken des Zusammenhangs beider Fälle sorgten. Eine gewisse Verselbständigung von Informationen, Informationssträngen bzw. Informationsketten kann oftmals nicht verhindert werden. Oftmals sind es unumstößliche Fakten, die verhindern, dass Informationen nicht mehr als zusammengehörig oder schlüssig bewertet werden, obwohl gerade in diesen beiden Fällen viele Gemeinsamkeiten festzustellen sind.
Als gäbe es einen mächtigen Filter, hat man sich nur des widerspruchfreien Teils bedient, um Hypothesen und Annahmen zu formulieren.
Das hat dazu geführt, dass auch 21 Jahre später, kein Täter ermittelt werden kann und eher dafür spricht, das beide Mädchen, die Täter nicht kannten. Das Claudia L. nicht freiwillig in das Auto des Täters gestiegen ist, suggeriert der Fund eines Ohrringes an der Aufnahmestelle. Die Frage die sich hier stellt ist die, ob es einem Einzeltäter möglich ist, an einer bewohnten Straße anzuhalten, auszusteigen, Claudia L. gewaltsam in sein Auto zu verbringen, die Tür zu schließen, um das Auto zum Fahrerplatz zu gehen einzusteigen und die Fahrt fortzusetzen? Hier gibt es Zeitpunkte in denen er keine Kontrolle über sein Opfer hatte. Zeitpunkte, die Claudia L. zur Flucht hätte nutzen können oder um „Hilfe“-Schreie abzugeben. Würde Claudia L. im Fahrzeug sitzen bleiben, in einem Moment, in dem der Täter keine Kontrolle über sein Opfer hat? Das Gehirn kennt in bedrohlichen Situationen nur zwei Möglichkeiten der Entscheidung, nämlich Flucht oder Kampf/ Verteidigung!
Auch ein hineinziehen dürfte für einen Einzeltäter schwierig sein. Es gibt zu viele Momente, in denen der Täter faktisch keine Kontrolle über sein Opfer hat. Zumal er jetzt noch aussteigen müsste um die Tür zu schließen. Das alles kostet wertvolle Zeit, Zeit die der Täter in bewohnten Gebiet nicht gehabt haben dürfte.
Ich frage mich an dieser Stelle, wie hätte man die Information interpretiert, wenn kein Ohrring gefunden worden wäre? Wären man dann auch von der plausibelsten Antwort, Claudia L. muss freiwillig zu ihrem Täter in das Auto zugestiegen sein, ausgegangen?
Nein, dieses Szenario suggeriert etwas anderes. Es müssen zwei Täter gewesen sein. Der eine, war der Fahrer des PKW und blieb auch bei der gewaltsamen Verbringung des Opfers in den PKW auf seinem Platz fahrbereit sitzen. Während der zweite Täter, die unfreiwillige Verbringung Claudia’s vollzog. Er drückt sie in den PKW, hält vielleicht noch seine Hand auf ihren Mund und rückt nach. Nur so hatte Claudia L. keine Chance zur Flucht. Der Täter hat zu jedem Zeitpunkt die volle Kontrolle über das Opfer. Das alles passiert in weniger als 1-2 Minuten. Und hätte man den Ohrring nicht gefunden, so hätte man auch in diesem Fall mutmaßen können, Claudia sei zu einer ihr bekannten Person ins Auto gestiegen, nicht wahr?
Auch so erklärt sich das plötzliche verschwinden von Antje Mundstock in der Eichholzstraße in Crivitz. Für die Ermittler war die plausibelste Antwort auf das plötzliche verschwinden von Antje M., dass sie zu einer ihr bekannten Person ins Auto gestiegen ist. Für mich war es von Anfang an, eine Möglichkeit von mehreren. Mir ist nicht bekannt, an welcher Stelle die Aufnahme geschehen ist, aber vom weitesten Punkt der Eichholzstraße (Straßenbiegung) bis zum Kulturhaus sind es nur noch ca. 600 – 700 m. Welchen Grund sollte Antje haben, so kurz vor ihrem Ziel noch in ein Auto zu steigen? Ihr Vorhaben zum Kulturhaus zu gehen, stand doch fest. Wie wäre im Fall Antje M. die Interpretation ausgefallen, wenn Ermittler an der Aufnahmestelle einen Gegenstand von Antje gefunden hätten?
Aus meinen empirischen Untersuchungen habe ich festgestellt, dass bei Sexualdelikten/verbrechen, die 1:1 Situation (1 Täter, 1 Opfer) zu 98 Prozent dominiert. Das zwei oder mehrere Täter sich ein Opfer suchen ist eher die Ausnahme. Möglicherweise hat diese Einschätzung zu der Fehlinterpretation geführt. Man hielt diese Konstellation für eher unwahrscheinlich.
Die Zwei-Täter-Theorie würde auch erklären, warum bei den Mädchen unterschiedliche Würgemale festgestellt wurden. Einer der Täter erdrosselte Claudia L. und der andere in dem zweiten Verbrechen Antje Mundstock. Das hat die Täter gewissermaßen in eine Symbiose versetzt. Keiner kann den anderen belasten ohne sich selbst zu belasten. Beide sind zum schweigen „verurteilt“.
Als weiterer Punkt sind die Auffindeorte der Opfer zu nennen. Warum findet man die Leiche von Claudia L. in Raben-Steinfeld (Stadtauswärts) und Antje M. in Zippendorf (Stadteinwärts)? Zwischen Crivitz und Schwerin gibt es diverse abgelegene Stellen um die Tat zu begehen. Täter suchen sich abgelegene Orte, also eher außerhalb der Stadt. Die Regel ist, dass die Leichen vor Ort belassen bzw. „entsorgt“ werden. Würde ein Täter sich die Mühe machen, die Leiche wieder ins Auto zu verfrachten, dann in besiedeltes Gebiet zu fahren und dort die Leiche abzulegen? Würde er sich einer solchen Gefahr aussetzen, zufällig gesehen zu werden? Das würde man doch nur tun, wenn sich die Leiche im persönlichen Wohnumfeld befindet, aber auch dann würde man doch eher abgelegene Stellen anfahren, nicht wahr?
Es muss also einen besonderen Grund für die Auffindeorte geben. Als auffällig ist hier die besondere Affinität zum Wasser zu sehen. Das hat mich zu einigen Überlegungen und Recherchen veranlasst. Ich habe nunmehr gesicherte Daten, die meine Hypothese bestätigen. Das versetzte mich in die Lage, den möglichen Tatort zu finden und erklärt auch, wie Claudia L. nach Raben Steinfeld kam und Antje Mundstock nach Zippendorf. Auch hier wäre die Kenntnis der genauen Lage der Leichenfunde hilfreich gewesen. Deshalb kann ich nur die grobe Richtung annehmen. Glücklicherweise hat mich eine freundliche, engagierte Frau des Deutschen Wetterdienstes unterstützt und mir die Wetterdaten für den 12./13.07.91 und 29./30.06.91, sozusagen auf dem „kleinen Dienstweg“ zur freien Verfügung überlassen. Aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit sowie den speziellen Strömungsverläufen des Schweriner See’s in den entsprechenden Bereichen, kann darauf geschlossen werden, dass beide Leichen auf dem Seeweg entsorgt wurden. Die Verbringung der Leichen erfolgte also wahrscheinlich nicht über den Landweg. Aus den beiden Fundorten der Leichen kann gefolgert werden, dass der Tatort für beide Verbrechen höchstwahrscheinlich zwischen Zippendorf und Raben-Steinfeld liegt. Und da hier zur Leichenverbringung auf dem See, ein Boot zwingend vorhanden gewesen sein muss, liegt die Vermutung nahe, das beide Tatorte ein Bootshaus oder ein Wassergrundstück mit Steg und Boot, gewesen sein könnten. In diesem Abschnitt Zippendorf bis Mueß und Raben Steinfeld gibt es diverse davon. Nach der Tat wurden die Leichen praktischerweise mit dem dort vorhandenen Boot auf den See transportiert und dort über Bord geworfen. Da die Leichen nicht ertrunken sind, waren die Lungen mit Luft gefüllt (Auftrieb). Sie sinken also nicht auf den Seegrund, sondern bleiben an bzw. dicht unter der Wasseroberfläche und treiben mit der Strömung und dem Wellengang. Möglicherweise war das den Tätern nicht bekannt.
Mindestens einer der Täter musste also in dem kurzen Zeitraum von 14 Tagen, uneingeschränkten und gesicherten Zugang zu einem solchen Ort gehabt haben. Setzt man voraus, dass das Alter der Täter zwischen 18 und 25 war, dann ist kaum anzunehmen, das diese auch Besitzer eines solchen Grundstücks sein können. Die Täter könnten also die Abwesenheit der eigentlichen Besitzer, die vielleicht gerade in diesem Zeitraum im Urlaub waren, für die Ausführung ihrer Taten genutzt haben.
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Nun, wie gesagt, gar nicht so abwegig. Anita könnte auch etwas erfahren haben, was sie nicht erfahren sollte. Kann das Problem, das sie beschäftigte - damit zusammenhängen - seit dem sie diesen neuen Freundeskreis hatte?
Analyser