Tod von Anja Lengnick 1998
Kripo will Mordfall endlich aufklären
Der ungeklärte Mordfall Anja Lengnick ist am Sonntag Thema bei „Kripo live“. Vor 15 Jahren ist die 16-Jährige nach der Disko erstochen worden. Nun haben die Kriminalbeamten wieder Hoffnung auf Aufklärung.
ASCHERSLEBEN/MZ.
„Wir werden den Täter irgendwann kriegen.“ Kriminaldirektor Holger Herrmann ist überzeugt davon, dass der Mörder der damals 16-jährigen Aschersleberin Anja Lengnick der Polizei eines Tages ins Netz gehen wird. Der Leiter der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung der PD Nord wird am Sonntag im MDR-Fernsehen zu sehen sein. In einer Folge von „Kripo live“ wird er über den Fall sprechen, der jetzt 15 Jahre zurückliegt.
Das Mädchen war am 5. September gegen 3.45 Uhr von einer Zeitungszustellerin gefunden worden. Schwer verletzt, starb sie wenig später an den Folgen mehrerer Stichverletzungen. Die 16-Jährige war nach einem Besuch der Diskothek „Manege“ erstochen worden - auf einem Gehweg unweit ihrer Haustür in der Judith-Resnik-Straße. Es ist dem jungen Mädchen noch gelungen, sich bis zum Eingang des Neubaublocks, in dem sie mit ihren Eltern und einer Schwester lebte, zu schleppen. Dort war sie blutüberströmt zusammengebrochen. Die Klingel zur elterlichen Wohnung hatte sie nicht mehr erreicht - ein tragisches Detail, das viele Einwohner damals besonders erschüttert hatte.
Feuerwerk des Stadtfestes wurde abgesagt
Überhaupt hatten die Ereignisse in Aschersleben, wo an jenem Wochenende gerade Stadtfest gefeiert worden war, für großes Entsetzen gesorgt. Das geplante Feuerwerk war abgesagt worden, der Pfarrer in der Stephanikirche fand im Gottesdienst tröstende Worte für Eltern und Angehörige, ein Meer von Blumen, Kerzen und Plüschtieren legte vor der Haustür der Familie Zeugnis ab von dem grausigen Geschehen und von dem Mitgefühl, das der Familie entgegengebracht worden war.
Eine 15-köpfige Sonderermittlungsgruppe sicherte Spuren und befragte mehr als 100 Zeugen. Das Mädchen, das gerade eine Lehre begonnen hatte, hatte sich allein auf den Weg nach Hause begeben und dabei vermutlich die Strecke über die Heinrichstraße, Bahnhofstraße, Herrenbreite, Johannisplatz, Staßfurter Höhe und Güstener Straße genommen. Eine Raub- oder Sexualstraftat konnte ziemlich schnell ausgeschlossen werden, die Polizei ging von einer Beziehungstat aus. Es gab wohl auch einen Verdächtigen, der mutmaßliche Täter konnte jedoch nicht überführt werden.
„Wir müssen die Schuld zweifelsfrei nachweisen“, sagt Herrmann. Ungeklärte Mordfälle würden nicht in irgendwelchen Schubladen oder Archiven verschwinden. Im Gegenteil: „Wir setzen gute Kriminalisten an, die sich in die alten Fälle einlesen und von außen auf die Geschehnisse schauen“, sagt er.
Neue Hoffnung
Seine Hoffnung, den Täter doch noch zu überführen, speist sich zum einen aus den immer feiner werdenden wissenschaftlichen Methoden. „Uns reichen mittlerweile kleinste Materialmengen, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen.“ Zudem würden ständig Spuren aus neuen Fällen mit alten verglichen. Und dann gibt es noch etwas sehr Menschliches: „Wir hoffen, dass der Täter irgendwann einmal zu irgendjemandem gesprochen hat. Vielleicht weiß doch jemand etwas und hat es bisher aus verschiedenen Gründen nicht gewagt, mit seinem Wissen zur Polizei zu gehen“, so der Kriminalbeamte.
Nach wie vor ist eine Belohnung in Höhe von 5.000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zum Täter führen. Herrmann war zum Zeitpunkt, als der Mord an Anja Lengnick geschah, Revierleiter in Oschersleben. Zuständig war damals die Polizeidirektion in Halberstadt. Ab 1999, also im Jahr nach der Tat, arbeitete er in Aschersleben. „Man versucht natürlich, eine Distanz aufzubauen, um professionell arbeiten zu können. Aber natürlich geht so etwas nicht spurlos an einem vorbei“, sagt der Kripo-Beamte, wenngleich sich niemand wirklich in die Angehörigen hineinversetzen könne.
Er weiß, wie wichtig es insbesondere für die Betroffenen ist, dass der Täter gefunden und einer gerechten Strafe zugeführt wird, um eines Tages damit abschließen zu können. „Wir vergessen die Opfer nicht. Das ist der Antrieb für unsere Arbeit.“
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