Mord an 11 Jähriger
30.03.2012 um 15:23
Ich stelle Euch mal 2 Texter ein , die sehr gut aufzeigen, wie die Gesellschaft auf Gerüchte reagiert , gleichgültig , ob sie letztendlich Bestand haben oder nicht und welche Folgen das für Unschuldige haben kann :
Reinhard Mey - Was in der Zeitung steht
Wie jeden Morgen war er pünktlich dran
seine Kollegen sahen ihn fragend an:
sag mal, hast du noch nicht gesehn, was in der Zeitung steht ?
Er schloß die Türe hinter sich
hängte Hut und Mantel
in den Schrank fein säuberlich
setzte sich
na wolln wir erstmal sehn, was in der Zeitung steht !
Und da stand es fett auf Seite 2:"Finanzskandal"
sein Bild dabei und die Schlagzeile:
Wie lang das wohl so weitergeht ?!
Er las den Text
und ihm war sofort klar:
Eine Verwechslung
nein
da war kein wort von wahr
Aber
wie kann so etwas erlogen sein
was in der Zeitung steht ?
Er starrte auf das Blatt
das vor ihm lag
es traf ihn wie ein heimtückischer Schlag.
Wie ist es möglich
daß so etwas in der Zeitung steht ?
Das Zimmer ringsumher begann sich zu drehn
die Zeilen konnte er nur noch verschwommen sehn
wie wehrt man sich nur gegen das
was in der Zeitung steht ?
Die Kollegen sagten
Stell dich einfach stur !
Er taumelte zu seinem Chef über den Flur:
Aber, selbsverständlich, daß jeder hier zu ihnen steht !Ich glaub', das beste ist, sie spannen erst mal aus,ein paar Tage Urlaub, bleiben Sie zu Haus',sie wissen ja, die Leute glauben gleich alles,nur weil's in der Zeitung steht.Er holte Hut und Mantel, wankte aus dem Raum,nein, das war Wirklichkeit, das war kein böser Traum,wer denkt sich sowas aus, wie das, was in der Zeitung steht ?Er rief den Fahrstuhl, stieg ein und gleich wieder aus,nein, er ging doch wohl besser durch das Treppenhaus,da würd' ihn keiner sehn, der wüßte, was in der Zeitung steht !Er würde durch die Tiefgarage gehn,er war zu Fuß, der Pförtner würde ihn nicht sehn,der wußte immer ganz genau, was in der Zeitung steht.Er stolperte die Wagenauffahrt rauf,sah den Rücken des Pförtners, das Tor war auf,das klebt wie Pech an dir, das wirst du nie mehr los,was in der Zeitung steht, was in der Zeitung steht,was in der Zeitung steht.Er eilte zur U-Bahn-Station, jetzt wüßten es die Nachbarn schon,jetzt war's im ganzen Ort herum, was in der Zeitung steht.Solang die Kinder in der Schule warn,solange würden sie es vielleicht nicht erfahrn,aber irgendwer hat ihnen längst erzählt, was in der Zeitung steht.Er wich den Leuten auf dem Bahnsteig aus,ihm schien, die blicke aller richteten sich nur auf ihn,der Mann am Kiosk da, der wußte Wort für Wort, was in der Zeitungsteht.Wie eine Welle war's, die über ihm zusammenschlug,wie die Erlösung kam der Vorortzug !Du wirst nie mehr ganz frei,das hängt dir ewig an, was in derZeitung steht.
Was woll'n sie eigentlich ?" fragte der Redakteur
Verantwortung, Mann, wenn ich das schon hör !Die Leute müssen halt nicht gleich alles glauben,nur weil's in der Zeitung steht !Na schön, so 'ne Verwechslung kann schon mal passiern,da kannst du noch so sorgfältig recherchieren,mann, was glauben sie, was Tag für Tag für'n Unfug in der Zeitung steht !
Ja
sagte der Chef vom Dienst
das ist wirklich zu dumm,aber ehrlich, man bringt sie doch nicht gleich um,nur weil mal aus Versehn was in der Zeitung steht.
Die Gegendarstellung erschien am Abend schon
fünf Zeilen
mit dem Bedauern der Redaktion
aber Hand aufs Herz
wer liest
was so klein in der Zeitung steht ?
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Das Gerücht
Ein Mann hatte über seinen Nachbarn schlecht geredet. Dieser hatte von den Gerüchten gehört und stellte ihn zur Rede. „Ich werde es bestimmt nicht wieder tun,“ versprach der Mann. „Ich nehme alles zurück, was ich über dich erzählt habe.“ Der Nachbar schaute sein Gegenüber ernst an. „Ich habe keinen Grund, dir nicht zu verzeihen,“ erwiderte er. „ Jedoch verlangt deine Tat eine Wiedergutmachung.“
"Ich bin gerne zu allem bereit,“ sagte der Mann zerknirscht. Der Nachbar erhob sich, ging in sein Schlafzimmer und kam mit einem großen Kopfkissen zurück. "Trag dieses Kissen bis zu dem Haus, das hundert Schritte von meinem entfernt steht“, sagte er. "Dann schneide ein Loch in das Kissen und komme wieder zurück, indem du unterwegs immer eine Feder nach rechts und eine Feder nach links wirfst. Das ist der erste Teil der Wiedergutmachung“. Der Mann tat, wie ihm geheißen. Als er wieder vor dem Nachbarn stand und ihm die leere Kissenhülle überreichte, fragte er: "Und was ist der zweite Teil der Wiedergutmachung“?
"Gehe jetzt den Weg zum Haus zurück und sammle alle Federn wieder ein“.
Der Mann stammelte verwirrt: “Ich kann doch unmöglich all die Federn wieder einsammeln! Ich habe sie wahllos verstreut, mal eine hierhin, mal eine dorthin. Inzwischen hat der Wind sie in alle Himmelsrichtungen getragen. Wie könnte ich sie jemals alle wieder einfangen“?
Der Nachbar nickte ernst. "Das wollte ich hören! Genauso ist es mit der Nachrede und der Verleumdung. Einmal ausgestreut, fliegen sie durch alle Winde, wir wissen nicht, wohin. Und man kann sie nicht wieder zurückholen.
Verfasser unbekannt