@Anonym @astenmartin Moin,
um der Legendenbildung mal ein wenig entgegen zu setzen:
Tron aka Boris war begabt, ohne jeden Zweifel. Die Behauptung allerdings, er wäre genial und sein Cryptophon / Cryptotron wäre eine Bedrohung für Geheimdienste und staatliche Schnüffler gewesen ist in etwa so stichhaltig wie zu behaupten die Erde wäre eine Scheibe.
1) Tron hat nicht "IDEA" erfunden, sondern "lediglich" eine Software entwickelt die den Algorithmus auf relativ einfachen und kostengünstigen DSPs ausführte. Die waren in dem Modell das er für seine Diplomarbeit entwickelt hat so leistungsschwach, das er für Sende und Empfangskanal jeweils einen eigenen DSP brauchte. Selbst das reichte damals gerade für die Verschlüsselung von Telefonaten. Zur Verschlüsselung von Datenverkehr im Internet hätte diese Lösung deutlich modifiziert werden müssen.
2) Selbst die Implementierung des ISDN Parts war nicht 100% fertig, telefonieren ging deshalb nur mit der TK-Anlage der Uni.
3) Auch die Verschlüsselung selber war nicht 100% fertig, der anspruchsvollste Teil der Implementierung fehlte :
Zitat aus dem Wiki-Artikel zum Crpytophon:
IDEA ist ein symmetrischer Algorithmus: Der komplette Chiffrierschlüssel muss beiden Kommunikationspartnern bekannt sein. Für jede Kommunikation wird ein neuer Schlüssel benötigt, um die Wahrscheinlichkeit der Schlüsselkompromittierung zu verringern. Für den Schlüsselaustausch benötigt man einen sicheren Übertragungskanal. Dieses Problem kann gelöst werden, indem der symmetrische Schlüssel durch einen asymmetrischen Algorithmus während des Schlüsselaustauschs gesichert wird. Die Authentizität des Kommunikationspartners wird anhand des Fingerprints des öffentlichen Teils des asymmetrischen Schlüssels festgestellt. Der öffentliche Teil des Schlüssels und dessen Fingerprint können über einen öffentlichen Kommunikationskanal übermittelt werden.
Tron wollte das Cryptophon nach seiner Diplomarbeit dahingehend verbessern. Als asymmetrisches Verfahren sah er den RSA-Algorithmus vor. Der Schlüsselaustausch sollte zu Beginn des (zu diesem Zeitpunkt noch unverschlüsselten) Gespräches erfolgen. Nach der Übertragung sollte zur Verhinderung von Man-In-The-Middle-Angriffen eine Vergleichbarkeit des Schlüssels auf optischem oder akustischem Weg ermöglicht werden. Der so übertragene Sitzungsschlüssel sollte anschließend für die eigentliche symmetrische IDEA-Verschlüsselung verwendet werden.
4) IDEA hat sich mittlerweile als Kryptographiestandard erledigt und auch zu der Zeit als Tron an seiner Diplomarbeit saß war es bereits nicht mehr taufrisch. Selbst Tron wollte eigentlich RSA verwenden.
5) In all den Jahren seit dem Tot von Tron gab es immer wieder Versuche aus dem Cryptophon eine kommerzielle Lösung zu entwickeln, soweit ich weiß ist nie eins bis zur Marktreife gelangt.
Fazit: Ja er war begabt, als Phreaker sogar sehr begabt. Aber Wunderkind das von finsteren Mächten umgebracht werden muss? Mit Sicherheit nicht. Sein System ist auch nicht "totsicher" etc. mir fallen Ad-Hoc ein paar Möglichkeiten ein um es zu kompromittieren, am einfachsten wäre Social Engineering. Es ist traurig, dass er sein wahres Potential nicht entfalten konnte. Aber ich fürchte es war seine eigene Entscheidung.
Und komplett OT, wer sich an den Grundlagen der Kryptologie versuchen möchte und dies in Romanform, dem sei das großartige "Cryptonomicon" von Neil Stephenson empfohlen ->
Wikipedia: CryptonomiconWie immer just my 2c