Geiseldrama von Gladbeck

18022020 schrieb:Genau das habe ich schon erwartet: GSG 9 Bashing.

So ein Quatsch !
Ich habe nur aufgezeigt, das das eben auch keine Götter sind, denen auch schon Situationen aus dem Ruder gelaufen sind. Viel dilettantischer noch, wie Du ja selbst erwähnst.

18022020 schrieb:Oder anders gesagt: Fehler passieren. Sind alles eben nur Menschen.

Richtig.
Und hier war einer der Fehler, das der Zündunterbrecher auf dem Weg vergessen wurde.
Wie wäre denn die GSG 9 hinter der Landesgrenze an diesen heran gekommen ?
Der lag ja wohl noch in Köln oder an der Rastätte
Was wäre passiert, wenn Rösner nicht gerade in diesem, ungünstigen Moment angefahren wäre ?

Schlußendlich bestand der Kardinalfehler darin, die Geiselnehmer überhaupt erst losfahren zu lassen und/oder überhaupt zu verfolgen.

18022020 schrieb:Hier waren es Einsatzleiter in NRW, die dies unbedingt noch in NRW mit eigenen SEK Kräften beenden wollten, egal mit welchem Risiko.

Das wird behauptet ohne konkrete Beweise für diese Aussage.
Schlußendlich hat jemand entschieden, das man den stehenden Wagen nicht mehr anfahren lässt. Derjenige hatte auch die Befugnis dazu und es gab gute Gründe diese Entscheidung zu treffen.

18022020 schrieb:aber ich glaube einfach daran, dass Silke bei einem Einsatz der GSG 9 noch leben würde und der Einsatz ähnlich, von mir aus auch glücklich, wie 1977 verlaufen wäre...

Glauben tut man in der Kirche.
Kein Mensch weis, wie das ausgegangen wäre.
Man wollte verhindern, das die Gangster wieder in eine Stadt oder vielleicht noch in ein Krankenhaus einfahren. Für diese Entscheidung gab es gute Gründe.
Hinterher kann man immer schlau quatschen.

18022020 schrieb:Ich habe mich sehr sehr lange und sehr intensiv mit der ganzen Geschichte beschäftigt, weil sie mich bis heute sehr berührt.
Aus sehr persönlichen Gründen. Ich habe 32 Jahre gebraucht um zu Silkes Grab gehen zu können.

Ich kenne Deine persönlichen Gründe nicht, es berührt mich aber sehr zu lesen, dass Dich das Thema über diesen langen Zeitraum
intensiv beschäftigt und Du 32 Jahre benötigt hast um ihr Grab aufzusuchen.
Vielleicht bringt es Dir etwas wenn ich Dir sage, dass auch mich der Fall all die Jahre nicht losgelassen, auch wenn ich keinen persönlichen Bezug zu den Opfern hatte.
Ich fahre sehr viel die A3 Richtung Süden und es ist mir fast nie in all den Jahren seit 1988 unterlaufen, dass ich nicht an Silke Bischoff gedacht habe wenn ich die Stelle des fatalen SEK-Zugriffs passierte.
Natürlich ist auch das andere Todesopfer Emanuele Di Georgi unvergessen.
An dem Tod der Beiden haben weitaus mehr Menschen Schuld als nur Degowski und Rösner.

@Freewing
Nur wo fängt man da an ?
Bei der Kripo, die den flüchtigen Gefängnisinsassen Rösner monatelang nicht verhaftet haben, obwohl bekannt war, wo in Gladbeck er sich rumtreibt ?
Bei dem Einsatzleiter, der die Geiselnehmer aus der Bank ziehen lies ?
Bei den Verfolgern, die sich dumm anstellten ?
Bei den Bremer Beamten, die Degowski nicht aus dem Verkehr zogen als dieser die Geiseln aus den Augen lies ?
oder bei dem ganzen Pressepulk, die immer wieder einen Zugriff unberechenbar machten ?
Oder bei dem, der die Zündunterbrechung hätte dabei haben müssen

Eine Verkettung vieler fehlerhafter Handlungen, aus der jeweiligen Situation heraus die zu diesem tragischen Ergebnis führten.

Nightrider64 schrieb:Nur wo fängt man da an ?

Nirgendwo!
"Schuld" im juristischen Sinne ist eh keine mehr auszumachen, bzw. abzuarbeiten.
Aber jeder einzelne der damalig involvierten Leitungskräfte muss sich mit seinem Anteil an dem blutigen Verlauf und Ausgang
der Geschehnisse auseinandersetzen und sich nach seiner persönlichen Schuld fragen.
Wäre ich bspw. einer der Bremer Observanten gewesen, die damals Degowski allein beim Verrichten seiner Notdurft abseits vom
Geiselwagen stumpf beobachtet haben ohne das Geringste zu unternehmen, hätte ich sicherlich seit nunmehr 36 Jahren erhebliche Schlafstörungen.
Gleiches gilt auch für die "Helden von Grundbergsee", die auf die glorreiche Idee kamen Marion Löblich beim Latrinengang "abzufischen",
obwohl die andere schwerbewaffnete Combo mit den Geiseln zeitgleich und völlig unbehelligt im Wagen saß.
Bei derlei Betrachtungen bin ich gedanklich immer sehr nah bei den Angehörigen der Opfer.

Freewing schrieb:Vielleicht bringt es Dir etwas wenn ich Dir sage, dass auch mich der Fall all die Jahre nicht losgelassen, auch wenn ich keinen persönlichen Bezug zu den Opfern hatte.

Ich glaube, das geht sehr vielen Menschen so. Ich war damals 14/15, aber ich habe auch heute sofort die Bilder vor Augen, wenn ich etwas darüber lese. Degowskis Waffe an SBs Hals, der Pulk der Journalisten usw. Ich glaube nicht, dass ich das jemals vergessen werde.

@Freewing
Ist halt immer schwer auszumachen und oft eine Momentsentscheidung.
Hätte der Bremer Beamter Degowski beim pinkeln " abgefischt"und Rösner wäre just in dem Moment um die Ecke gekommen , hätte wild um sich geschossen mit mehreren unbeteiligten Toten, so hätte er die Veratwortung getragen.

So wartete er auf eine Befehl, der nicht gegeben wurde.
Ebenso bei der Kaperung des Busses .
Es hatten viele nicht den " Arsch in der Hose " spontan eigenmächtige Entscheidung zu treffen.

Andere trafen falsche Entscheidungen, wie die Verhaftung Löblichs.

Insgesamt ein sehr dynamischer Prozess, bei dem man hinterher analysieren konnte, was man bessser hätte anders machen können.

Aber ob das Eingreifen der GSG 9 hinter der Landesgrenze nun das Allheilmittel gewesen wäre, das kann man eben auch nicht so sagen.
Ich weis auch gar nicht mehr so genau, ob die GSG 9 wirklich in Bereitschaft stand . M.E. war das nur ein Gerücht.


Das Kölner SEK, das den Angriff ausführte, war ja auch ausreichend trainiert und ausgerrüstet. Nur das Rösner halt gerade im Moment des Zugriffs anfuhr und den Plan dadurch zum scheitern brachte.

Ich hatte seinerzeit Semesterferien und habe den Fall praktisch live im Fernsehen miterlebt.
War schon eine seltsame Situation seinerzeit.

Auch damals gab es schon Sondersendungen mit "Experten", die im Nachhinein erklärten, wer was wo hätte besser machen können.

Ein Waffenexperte seinerzeit beschrieb, wie man mit einem Handgriff Degowskis Revolver hätte am feuern hindern können in der Kölner Innenstadt. Schön und gut, aber wer hätte die Gesamtverantwortung in der unübersichtlichen Situation übernommen, wenn es denn schief gegangen wäre ?

Der schlimmste Fehler war die Verhaftung von Löblich, der das Leben des jugendlichen Italieners gekostet hat. Das war eine dilettantische Entscheidung, deren Eskalationspotential serlst für Laien absehbar war.

Freewing schrieb am 05.03.2024:Wäre ich bspw. einer der Bremer Observanten gewesen, die damals Degowski allein beim Verrichten seiner Notdurft abseits vom
Geiselwagen stumpf beobachtet haben ohne das Geringste zu unternehmen, hätte ich sicherlich seit nunmehr 36 Jahren erhebliche Schlafstörungen.

Nightrider64 schrieb am 05.03.2024:Hätte der Bremer Beamter Degowski beim pinkeln " abgefischt"und Rösner wäre just in dem Moment um die Ecke gekommen , hätte wild um sich geschossen mit mehreren unbeteiligten Toten, so hätte er die Veratwortung getragen.

In einer Sendung bei Maischberger von Anfang 2018 meinte einer der Polizei, eine Anschlussgeiselnahme wäre da zu gut möglich gewesen, da Rösner mit seiner Freundin auf ner Shopping-Tour war, sprich die waren in GEschäften mit lauter Leuten unterwegs.

Maischberger Das Gladbecker Geiseldrama: ein ewiges Trauma?

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