Mord an Iris Hans (1978)

rattich schrieb:Es wäre von der 14-jährigen Freundin sicher sehr viel verlangt, anstelle ihrer erwachsenen „Vorgesetzten“ auf dem Reiterhof die Verantwortung für Iris zu übernehmen.

Das meine ich auch nicht, dass sie da irgendeine Verantwortung gehabt hätte. Ich meinte eben einfach, was wurde gesagt und wie hat sie das wahrgenommen. Was war das für eine Dynamik damals und speziell auf dem Hof, wie kam diese zustande, dass auch die Freundin sich da so einfügte? Es wurde ja kein Anlass gesehen, sich Sorgen zu machen. Ich glaube aber schon, dass die Freundin nachgefragt hat, wo IH denn sei. Die Antwort darauf spiegelt ja die Zeit und die Dynamik auf dem Hof wider. Das würde mich interessieren, wie die war. Und wenn etwas komisch dabei war, dann wird sie es später sicherlich auch der Polizei berichtet haben.

rattich schrieb:Vermutlich war ein längeres Wegbleiben vom Praktikum ja gar nicht vorgesehen, zumindest nicht von Iris‘ Seite.

Eben, wie hat er sie aber dazu gebracht, länger weg zu bleiben und sogar noch was zu essen, obwohl sie doch zum Hof wollte?

rattich schrieb:Oder, sie war ja tierlieb, er erzählte ihr etwas von kleinen Kätzchen, die es bei ihm zu Hause gab?

Das wäre denkbar, aber eigentlich nichts, womit man eine 14-jährige noch locken könnte, vermute ich. Zumal sie ja eigentlich zum Hof musste und wollte. Aber genau da kommt die Stimmung auf dem Hof wieder ins Spiel. Wie verbindlich war dort die Anwesenheit der Praktikantinnen und der Anwesenheiten und Anwesenheitszeiten? Musste sie zum Füttern dort sein und das erfolgte zu festen Zeiten? Gab es dort Telefon?

rattich schrieb:Vielleicht ging es für die Praktikanten auf dem Reiterhof ja wirklich locker zu, vielleicht hieß es, „ach, die Iris macht sich wohl mal einen schönen Tag, morgen ist sie wieder da“, und die Freundin war zu schüchtern, um bei den Leuten auf dem Reiterhof auf Nachforschungen zu drängen.

Normalerweise läuft es so, daß es eine Liste der Schüler gibt, die gerade zum Praktikum da sind. Wenn sie kommen, wird abgehakt und es wird ihnen ein Pferd oder eine Aufgabe zu geteilt.
Nachforschungen gibt es da keine, jedenfalls damals nicht. Ist ein Schüler verhindert, ruft die Mutter im Laufe des Tages an und entschuldigt ihn.
Fragt die Freundin, schaut man auf die Liste und verneint.
Warum sollte man da hinterhertelefonieren? Wenn jeden morgen 2 oder 3 zu spät kommen hätte man viel zu tun.

@Dancingfool
Hat dieser Hof regelmäßig so viele Schülerpraktikanten?
Ich kenne es aus meinem Schülerpraktikum 1985 und auch heute von der Arbeit so, dass jeder Praktikant eine Person aus dem Betrieb hat, die für ihn zuständig ist und dann auch Ansprechpartner für die Lehrkraft, die in den zwei Wochen dreimal im Betrieb aufkreuzt und sich erkundigt, wie alles läuft.
Stunden später zur Arbeit erscheinen oder ganz fehlen ist in dem Fall mit Schule schwaenzen gleichzusetzen. Dass da vom Reiterhof überhaupt keine Rückmeldung kam, ist schon ungewöhnlich. Vielleicht hatten Iris' Eltern z. B. noch kein eigenes Telefon. Meine Familie hat auch erst 1978 oder 1979 Telefon bekommen. Insofern wäre es schon interessant, zu wissen, wie man auf dem Hof überhaupt wahrgenommen hat, dass Iris fehlt, und wie damit umgegangen wurde - also Schulterzucken und mehr nicht oder wurde schon darüber gesprochen, nur nichts getan.

Ich weiß nicht, ob das Praktikum von I.H. ausschließlich auf dem Reiterhof, ca. 200 Meter oberhalb der Bahnüberführung, oder auf dem etwas südlicher gelegenen Thomashof abgeleistet wurde. Oder bei beiden?

Ich könnte mir vorstellen, dass auf dem Reiterhof früh morgens zum Füttern und Pferde rausstellen, ausmisten usw nur ein ungelernter Helfer vor Ort war. Die Betreiber oder Reitlehrer oder so, werden bestimmt erst später vor Ort gewesen sein, sofern sie dort nicht wohnten. Aber selbst dann werden sie ggf nicht in den Ställen gewesen sein. Die Bürozeiten werden auch später gewesen sein. Ein mglw ungelernter Stallhelfer wird sich evtl nicht zuständig gefühlt und sich daher nicht gekümmert haben. Genau das wissen wir ja alles nicht. Haben die Verantwortlichen überhaupt mitbekommen, dass IH gar nicht kam? Deswegen meine Frage, was wurde geantwortet, als die Freundin sicherlich nachfragte, wo IH denn sei. Und eben auch die Frage, wann kam die Freundin dort an? Wenn sie mit Auto gebracht wurde, wäre sie mglw sogar schneller gewesen als IH zu Fuß und hätte IH theoretisch auf dem Weg begegnen können?

Man müsste eben auch wissen, ob es Zeugen auf dem Weg zum Hof gab, die IH eben nicht sahen, in einem Zeitraum, in dem sie dort entlanggelaufen sein müsste. Gab es zum Beispiel Reiter, die schon früh morgens zum Pferd fuhren und beim Hof ankamen? So würde sich ja auch ein Zeitfenster ergeben, in dem IH verschwand und man könnte auch eingrenzen, wo in etwa sie verschwand.

Ich werde die Örtlichkeiten auch noch einmal bei Google maps googeln. Der o.g. Hof und die Reithalle sind 2 verschiedene Örtlichkeiten, wenn gleich es Verbindungen gibt. Genaues kann ich dazu leider nicht sicher sagen.

darkstar69 schrieb:Ich glaube aber schon, dass die Freundin nachgefragt hat, wo IH denn sei. Die Antwort darauf spiegelt ja die Zeit und die Dynamik auf dem Hof wider. Das würde mich interessieren, wie die war. Und wenn etwas komisch dabei war, dann wird sie es später sicherlich auch der Polizei berichtet haben.

Ja, sicher wurden alle Beteiligten eingehend befragt, die Freundin, deren Eltern und die Leute vom Reiterhof. Es wird Erklärungen gegeben haben, warum nicht nach Iris gesucht wurde. Vielleicht hatten ihre Eltern tatsächlich noch kein Telefon, so dass man sie auf diesem Weg nicht erreichen konnte, und darum ließ man es einfach sein? Wahrscheinlich hat damals auch niemand daran gedacht, dass ihr etwas passiert sein könnte.

Aber welche Gründe es auch für das Nicht-Nachforschen gab, sie spielen für die Ermittler zumindest heute wohl keine wesentliche Rolle mehr, sonst wäre man in den Medienberichten sicher darauf eingegangen.

darkstar69 schrieb:Eben, wie hat er sie aber dazu gebracht, länger weg zu bleiben und sogar noch was zu essen, obwohl sie doch zum Hof wollte?

Irgendwie muss es ihm jedenfalls gelungen sein, Iris mit sich zu locken. Möglicherweise ist sie ja auch gern mitgegangen, weil sie den späteren Täter vielleicht nett und sympathisch fand und ihm vertraute? Wenn sie ihn kannte und er in ihrem Alter oder etwas älter war, hatte sie bestimmt keinen Argwohn. Mit einem fremden Erwachsenen wäre sie wahrscheinlich nicht ohne Weiteres mitgegangen, das sagt auch ihr Bruder im Video ( Beitrag von rattich (Seite 1) ), ab Min. 1:58.

AnMA schrieb:Ich weiß nicht, ob das Praktikum von I.H. ausschließlich auf dem Reiterhof, ca. 200 Meter oberhalb der Bahnüberführung, oder auf dem etwas südlicher gelegenen Thomashof abgeleistet wurde. Oder bei beiden?

Als im Video Iris‘ Weg zum Praktikum nachgestellt wird, sieht man groß ein Schild: „Thomashof – Reitanlage“ (Min. 6:57). Daher fand das Praktikum vermutlich auf dem Thomashof statt?

rattich schrieb:Möglicherweise ist sie ja auch gern mitgegangen, weil sie den späteren Täter vielleicht nett und sympathisch fand und ihm vertraute? Wenn sie ihn kannte und er in ihrem Alter oder etwas älter war, hatte sie bestimmt keinen Argwohn. Mit einem fremden Erwachsenen wäre sie wahrscheinlich nicht ohne Weiteres mitgegangen, das sagt auch ihr Bruder im Video

Eine größere Auswahl an möglichen Bekannten, die sich früh morgens dort in der Gegend aufhalten wird es ja vermutlich nicht geben. Ist nur die Frage, ob man erstens die Bekannten eingrenzen könnte und zweitens diejenigen, die sich dort aufhielten?

Es fällt eben auf, dass es so wenig Informationen zum Fall gibt.

darkstar69 schrieb:Es fällt eben auf, dass es so wenig Informationen zum Fall gibt.

Ja, es geht den Ermittlern heute, nach 46 Jahren, sicher hauptsächlich darum, mögliche Mitwisser von damals aus dem Umfeld des Täters zum Reden zu bringen. Das zeigen ja auch die gestellten Fragen:
„Kennen Sie Mitwisser, die sich damals aus persönlichen Gründen nicht mit der Polizei in Verbindung gesetzt haben? Sie könnten der Familie von Iris Hans Seelenfrieden zurückgeben“ (am Schluss des Videos, Min. 11:04; Hervorhebung von mir).

Aus der Betonung des Persönlichen oben würde ich auch schließen, dass die Ermittler wohl schon einen konkreten Verdacht haben, aber ihn bisher nicht erhärten konnten.

@rattich
Ja, diese Frage war ja auch ähnlich in dem Zeitungsartikel. Daran fällt mir auf, dass nicht einmal die Mitwisser angesprochen wurden, ob sie sich heute melden würden. Hier werden die Mitwisser der Mitwisser angesprochen. Finde ich einen interessanten Weg.

rattich schrieb:Als im Video Iris‘ Weg zum Praktikum nachgestellt wird, sieht man groß ein Schild: „Thomashof – Reitanlage“ (Min. 6:57). Daher fand das Praktikum vermutlich auf dem Thomashof statt?

Als Ort des Praktikums wird im Youtube Film oben bei der Luftaufnahme der Thomashof markiert. Dieser ist allerdings nicht die Reitanlage. Die Reitanlage befindet sich, wie ebenfalls bei der Luftaufnahme zu erkennen, oberhalb des Hofes.

Zudem ist zu erkennen, dass genau da, wo jetzt das Wohnhaus steht, die Leiche gefunden wurde.

Nochmal zum Knackpunkt Mageninhalt.

Zumindest frühmorgens hat doch noch kein Speiselokal geöffnet. Auch wohl kein Imbiss - Bäckereien ja. Also, wenn sich I.H. etwas zum Essen gekauft haben sollte, dann doch höchstens in einer Bäckerei. (Mal von der Annahme ausgegangen, sie hätte sich etwas auf dem Weg zum Praktikum besorgt.)

Davon wird aber wohl nur bedingt ausgegangen werden können. Betrachtet man einmal das Zeitfenster dieses Falles, dann sind ganz viele Fragen offen.

Ich persönlich gehe davon aus, dass I.H., nachdem Sie Ihr Bruder in der Mayener Innenstadt rausgelassen hat, schon fest vor hatte, fußläufig schnellstmöglich Ihren Praktikumsort zu erreichen.

Irgendetwas ist dann wohl auf dem Weg dort hin passiert.

AnMA schrieb:Nochmal zum Knackpunkt Mageninhalt.

Zumindest frühmorgens hat doch noch kein Speiselokal geöffnet.

Ich habe mich auch schon gefragt, ob es Frühstück oder Mittagessen war. Da man sich in den umliegenden Gaststätten erkundigte, nahm ich an es war ein warmes Essen.

AnMA schrieb:Ich persönlich gehe davon aus, dass I.H., nachdem Sie Ihr Bruder in der Mayener Innenstadt rausgelassen hat, schon fest vor hatte, fußläufig schnellstmöglich Ihren Praktikumsort zu erreichen.

Die Freundin des Bruders sah sie zuletzt am Abzweig zum Reiterhof.

In den Zeitungsartikeln steht noch, daß es ein Schleichweg zu Autobahn und Bundesstraße war und daß man eine Person mit Kratzern sucht. IH muß sich gewehrt haben.

Dancingfool schrieb:Ich habe mich auch schon gefragt, ob es Frühstück oder Mittagessen war. Da man sich in den umliegenden Gaststätten erkundigte, nahm ich an es war ein warmes Essen.

Wenn es ein warmes Essen aus einer Gaststätte war, müsste das Opfer es zur Mittagszeit dort eingenommen haben.

Das erscheint mir jedoch unwahrscheinlich.

Dafür hätte es doch Zeugen gegeben, finde ich. Man hat da nichts ermitteln können, wie zumindest mir aus dem Filmbeitrag bekannt ist.

Außerdem setzt sich doch kaum ein Mädchen allein in aller Ruhe mittags in ein Speiselokal - wo es eigentlich doch hätte arbeiten müssen. Zudem wohl auch zu teuer.

Wäre I.H. in Begleitung gewesen, wäre das doch wohl auch Zeugen aufgefallen, die später eine Aussage gemacht hätten. Darüber ist uns zumindest nichts bekannt.

Also entweder Sie hat etwas in einem Haus gegessen, wovon man nichts weiß, oder es gab eben etwas zu Essen auf die "Faust", in welchem Kontext auch immer.

AnMA schrieb:Also entweder Sie hat etwas in einem Haus gegessen

Wenn sie in einem Haus getötet wurde, hatte der Täter Zeit nachzudenken. Möglicherweise wurde sie erst nach Einbruch der Dunkelheit abgelegt, nachdem die Suche schon im Gang war. Sie wurde ja relativ früh vermisst.

Dancingfool schrieb:Sie wurde ja relativ früh vermisst.

Diese Aussage ist m.E. relativ. So ab 20 Uhr des Tages wurde Sie nach meiner Erinnerung aus dem Film bei der Polizei als vermisst gemeldet. Dann begann die Suche.

Ich spekuliere mal. Wenn I.H. in einem Haus war, oder wenn Sie mit jemandem mitgegangen ist, wie auch immer, dann kann ich es mir nur schwer im Moment vorstellen, dass es eine gänzlich fremde Person war.

AnMA schrieb:dann kann ich es mir nur schwer im Moment vorstellen, dass es eine gänzlich fremde Person war.

Essen, Schleichweg, 10min zum Reiterhof, das klingt für mich alles andere als fremd, eher begrenzt auf das Gebiet Mayen.
Schade daß der Täter nicht gefunden wurde.

Da ich das mit dem Schleichweg mal als falsch klarstellen muss, würde ich auch eine ortsfremde Person als Täter ausschließen. Die besagte Umgehungsstraße gab es damals noch nicht und der Trierer Weg führte heute wie früher rgendwie, nirgendwo hin.
Für einen Fremden eine absolut uninteressante Gegend.

Wenn I.H. im Gebüsch und hinter Hecken lag, konnte man Sie von der schmalen Straße nicht sehen.

Außerdem konzentrieren sich die Autofahrer an diesem schmalen Eck ganz auf die Bahnunterführung. Da passt nur ein Auto durch und man muss dort immer achtsam sein wegen des Gegenverkehrs, denn es passt nur ein Auto durch.

KT schrieb:und der Trierer Weg führte heute wie früher rgendwie, nirgendwo hin.

Wenn man von Berresheim/Alzheim kommt ist es der kleinere der beiden Wege nach Mayen. Auch die sternförmige Verzweigung am Reiterhof gibt es schon lange, die war schon da bevor der Hof gebaut/erweitert wurde in den 1960er Jahren.

Bei https://gavmayen.de/ gibt es Stadtchroniken, leider nur bis 1974 und dann wieder 1983. Trotzdem interessant zu lesen.