Adson schrieb:Vor der "gefährlichen Unsitte des Trampens" hat Ede Zimmermann schon in den 1980ern gewarnt, war für mich als DDR-Kind immer schaurig-faszinierend, was da so "im Westen" abging.
Wer in Berlin mit dem Rad fährt, lebt statistisch ähnlich gefährlich wie eine Tramperin. Wer Gleitschirm fliegt, im Tiefschnee Ski fährt oder in eine Achterbahn steigt, lebt auch gefährlicher, als derjenige, der zu Hause bleibt.
Wenn dennoch immer auf das Trampen und dessen Gefährlichkeit (v.a. für junge Frauen in Verbindung mit fremden Männern) abstellt, hat meines Erachtens weniger das reale Risiko (von Gefahr möchte ich da gar nicht sprechen) vor Augen, sondern läuft Gefahr, Klischees und Stereotypen auf dem Leim zu gehen und dem Opfer eine eigene Mitschuld an der Tat zuzusprechen. Das passiert immer wieder bei Opfern sexueller Gewalt, besonders im Zusammenhang mit Kleidung, Attraktivität usw. Das wird als "Victim Blaming" bezeichnet - und dagegen wenden sich Freunde und Angehörigen. Genauso wie gegen diejenigen, die angesichts der (mutmaßlichen) Nationalität des Verdächtigen mal wieder alle Vorurteile bestätigt sehen und die Tat instrumentalisieren wollen.
Sophia trampte wohl regelmäßig und sie wird um die Risiken gewusst haben. Sie hat Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Ob sie die dem LKW-Fahrer signalisiert hat, wissen wir nicht. Es würde aber Sinn machen. Sie hat sich für diese Art des Reisens entschieden, sei es aus Geldmangel, aus Sparsamkeit oder aus Freude an der Kommunikation mit Menschen aus ganz Europa. Es gibt viele legitime Gründe. Sophia war in der Flüchtlingsarbeit aktiv und vielleicht war sie daran interessiert, mit einem Marokkaner (mutmaßlich der Tatverdächtige) ins Gespräch zu kommen.
Darüber sollten wir nicht urteilen.
Pfolvosten schrieb:Das ist einerseits vermutlich ein Verstoß gegen DSGVO (Kennzeichen als personenbeziehbares Merkmal), andererseits würde ich so einen Tramper in so einem Fall gleich wieder aussteigen lassen. Schließlich stellt es den Fahrer unter eine Generalverdacht.
Nein, die DSGVO gilt hier nicht, aber die wenigsten haben davon Ahnung. Und ich als Fahrer (mit einem guten Gewissen) würde sagen: Na klar, verstehe ich. Sie kennen mich ja nicht. Nur zu.