Es gibt Neuigkeiten. Zwar nicht direkt bezogen auf den Mord aber doch auf die Diesel-Schmuggel-Geschichte und die mögliche Involvierung maltesischer Regierungsbeamter.
Ich hatte ausführlich mit Artikeln belegt, wie ein gewisser Herr Fahmi in Libyen Diesel geklaut, zusammen mit einem maltesischen Ex-Fußballer und Fischhändler namens Darren Debono vor Malta von einem auf ein anderes Schiff umgepumpt und ihn dann auf Sizilien an die Mafia verhökert hat.
Zunächst ein Nachtrag:
Geschäftspartner der Herren Fahmi und Debono auf Sizilien war ein gewisser Dr. Marco Porta, seines Zeichens Vorstandsmitglied der Öl-Handels- und -Lagergesellschaft Maxcom Bunker S.p.A. Der Herr Porta wird noch wichtig werden.
Die Maxcom hat auf ihrer Internetseite schon seit dem 18.10.2017 eine Pressemitteilung dazu: Man habe keine Ahnung von gar nichts und Herr Porta hätte die Firma inzwischen verlassen.
http://www.maxcom.it/en/comunicato-stampa/Mal ganz nebenbei: Hier ist das Logo der Maxcom. Sehe ich schon Gespenster oder steht da "MOB" ("Mob" = Mafia im amerikanischen Englisch)?
Inzwischen sind Einzelheiten nun bekannt geworden, wie Fahmi, Debono und Porta den Papierkram abgewickelt haben. Die italienische Staatsanwaltschaft hatte hierzu durchsickern lassen, ein Beamter des maltesischen Außenministeriums mit den Initialen K.M. hätte ge- oder verfälschte Papiere bzgl. der Herkunft des Diesels ausgestellt. Dies muss wohl etwa relativiert werden.
Aber die italienischen Behörden haben bzgl. des Diesel durchaus die Herkunft belegt haben wollen. Hierzu hat sich Darren Debono seines Freundes und Namensvetters Gordon Debono bedient (ob die beiden verwandt sind, weiß ich nicht). Gordon besitzt auf Malta eine Ölgesellschaft namens Petroplus und auf den Virgin Islands einen Briefkasten namens Ocean blu.
Die Petroplus hat die Rechnungen an den Maxcom geschrieben - war also formaler Vertragspartner - und die Zahlungen der Maxcom hat man dann an die Ocean blu verschoben.
Nun haben den italienischen Behörden die Rechnungen aber nicht gereicht. Sie wollten Ursprungszertifikate. Die Herrn Darren und Gordon Debono haben kurzerhand saudi-arabische gefälscht und diese von der maltesischen Handelskammer für echt erklären lassen. Das ging bis Ende Mai 2016 gut. Dann bekam die Handelskammer Zweifel an der Echtheit der saudischen Zertifikate und der Integrität der Debonos.
Also mussten neue Herkunftszertifikate. Die libyschen Freunde fanden schließlich einen Mitarbeiter der Azzawija Oil Refining Company, die ein Tochterunternehmen der staatlichen libyschen Ölgesellschaft ist - also genau der Firma, der man den Diesel geklaut hatte -, der im Gegenzug für eine "Gratifikation" von € 74.000,- bereit war, "echte" falsche Zertifikate auszustellen - "echt" weil es die Originalvordrucke mit der Originalunterschrift waren.
Das ganz ließ man dann auch noch von einem maltesischen Notar beurkunden. Der fragliche Notar, Anton Borg, geisterte schon im Jahre 2015 durch die Presse. Damals war ihm vorgeworfen worden, er hätte einen Kaufvertrag beurkundet, mit welchem ein erkennbar Demenzkranker sein Grundstück zu einem auffallend günstigen Preis an einen Parlaments-Sekretär verkauft hatte.
http://www.independent.com.mt/articles/2015-07-26/local-news/Notary-clarifies-he-had-nothing-to-do-with-Ian-Borg-s-property-negotiations-6736139465Für die notarielle Urkunde versuchte sich nun Debono beim Außenministerium eine Apostille zu besorgen. Die zuständige Beamtin - Karen Montebello ("K.M.") - weigerte sich zunächst standhafte, erteilte die Apostille dann aber doch.
Genützt hat das alles nichts. Die italienischen Behörden bestanden weiterhin auf einer Bestätigung durch die maltesische Handelskammer. Und damit kam der Schmuggel dann zum Erliegen...
Und wie war das nun mit der Verstrickung maltesischer Regierungsbeamter in die Sache - darüber hatte Daphne ja vor ihrem Tod recherchiert?
Mal schaun, was da noch aus Italien kommt. Momentan sehe ich vier Möglichkeiten:
1.)
Es gab keine Verstrickung. Aber Daphne mag bei ihrer Suche danach so viel Staub aufgewirbelt haben, dass die Mafia fürchtete, die maltesischen Behörden könnten sich genervt fühlen und mit ernsthaften eigenen Ermittlungen beginnen.
2.)
Das maltesische Wirtschaftsministerium. Die Asia Times hatte bereits im Oktober 2015 ausführlich über den Schmuggel berichtet und Namen von Personen und Firmen genannt. In dem UN-Bericht vom März 2016 fehlen die Hinweise auf die maltesischen Firmen. Malta Today glaubt zu wissen, das Wirtschaftsministerium habe hier Einfluss auf den UN-Bericht genommen. Nun kann man einwenden, dass auch für Malteser die Unschuldsvermutung gilt und Malta seine Bürger und deren Firmen nur schützen wollte. Dann stellt sich aber die Frage, warum keine Ermittlungen eingeleitet wurden.
3.)
Die maltesische Handelskammer. Auch hier fallen die zeitlichen Abläufe auf: Die Asia Times berichtet im Oktober 2015, die UNO im März 2016, aber die Handelskammer bestätigt bis Ende Mai 2016 weiter die Echtheit der falschen saudischen Herkunftszertifikate. Entweder das sind keine Blitz-Merker oder sie haben von Anfang an gewusst, da etwas faul ist und nur im allerletzten Moment die Reißleine gezogen.
4.)
Das Außenministerium. Die italienischen Behörden haben über geraume Zeit die Telefone von Debono, Porta und anderen abgehört und inzwischen ein Telefonat von Anfang Juni 206 veröffentlicht. Debono beklagt daran bitterlich, dass er so lange auf die Apostille warten muss:
Debono: “Dottor Porta, good evening… I’m still blocked here.”
Porta: “Why?”
D: “No, nothing, nothing special, aehm, because you know everything I sent you, I’ve spoken to everybody here in Malta… aehm… and this lady is expecting some email to take a decision and we’re tired of this excuse, for this son of a bitch… because the minister, because she’s been signing everything for 30 years and she wants to be sure one hundred percent, and here I am at the foreign ministry, just imagine, to have this email sent to her.”
P: “Eh. Well it’s urgent, and…”
D: “Ehhh I know, it’s too urgent and I can imagine the pressure for the Tiuboda [cargo ship], the crew, on you, on me…”
P: “Ok…”
D: “I have no alternative… it so happens this woman of 55 years who has been working here for 30 years is saying: ‘aaaah, I command here, I do this because only I can sign’… and that ‘not even the minister tells me what to sign’...”
Wie interpretiert Ihr den von Debono abgebrochenen Satz oben: "we’re tired of this excuse, for this son of a bitch… because the minister," und "here I am at the foreign ministry, ... to have this email sent to her”? Auch wenn er das gleich relativiert ("not even the minister tells me what to sign"), kann man das nicht durchaus so verstehen, dass er darauf wartet, dass der Minister endlich der Beamtin eine e-mail mit einer Dienstanweisung schickt?
Und warum veröffentlichen die Italiener gerade dieses Telefonat? Wollen Sie da jemanden Gelegenheit geben, selbst die Sache ins Reine zu bringen, statt einen Politiker eines befreundeten Nachbarlandes bloßzustellen?
Wer die ganze Geschichte nochmals auf Englisch lesen möchte, hier der Link zu einem gestern erschienenen Artikel von Malta Today:
http://www.maltatoday.com.mt/news/national/82121/debono_used_false_certificates_and_maltese_notarys_signature_to_gain_ministry_stamp Bild: Fahmi (oben) und die Debonos: links der Fischhändler (Darren), rechts der Ölhändler (Gordon)