JamesRockford schrieb:Wurde das Benzin im gesamten Treppenhaus, also von oben nach unten ausgekippt, oder hätte es für die entstandene Reaktion ausgereicht, wenn es nur im unteren Bereich ausgeschüttet worden wäre?
In einem Bericht steht:
„Ein Unbekannter hatte im oberen Stockwerk des Hauses einen Benzin-Brandsatz gezündet.“ (1) Mit dem „oberen Stockwerk“ ist vermutlich das 1. OG gemeint. Im EG war das Büro, und im 1. OG wohnte vermutlich der Firmeninhaber, also der Onkel des Geburtstagskindes, mit seiner Familie? Dann hätten sie zum Zeitpunkt der Tat wohl geschlafen, während die jungen Leute im 2. OG feierten.
Wenn der Brandsatz im 1. OG gezündet wurde, würde ich annehmen, dass der Täter das Benzin im Bereich zwischen dem EG und dem 1. OG ausgeschüttet hat und dann den Brandsatz von unten die Treppe hoch ins 1. OG geworfen hat.
Als der Täter auf der Treppe das Benzin verteilte, hätte er es sicher gehört, wenn von oben aus dem 2. Stock jemand heruntergekommen wäre, und hätte schnell flüchten können. Mit dem Benzinkanister in der Hand und Benzinlachen auf der Holztreppe wäre er sonst bestimmt in großer Erklärungsnot gewesen. Es kam ihm ja wahrscheinlich vor allem darauf an, den Feiernden den Fluchtweg zur Haustür zu versperren, und deshalb legte er wohl auch „nur“ in diesem Bereich Feuer.
JamesRockford schrieb:War der Zeitpunkt nach Mitternacht bewusst gewählt, weil in den Geburtstag reingefeiert wurde und (a) keine späten Gäste mehr erwartet wurden und (b) gerade auf das neue Lebensjahr angestoßen wurde, und die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand verabschiedet, irgendwas schnell aus dem Auto holen will oder Zigaretten besorgen will, relativ gering ist?
Ja, ich gehe auch davon aus, dass der Täter den Zeitpunkt bewusst wählte. Nach Mitternacht waren sicher alle geladenen Gäste da, und junge Leute würden sich so schnell wahrscheinlich nicht wieder verabschieden. Der Täter wollte vermutlich abwarten, bis die Feier richtig in Gang war, und dann den Brandsatz zünden. Wäre überraschend jemand von der Party nach unten gekommen, um z.B. noch irgendetwas aus dem Auto zu holen, hätte der Täter ihn gehört und rechtzeitig flüchten können, wie oben geschrieben.
JamesRockford schrieb:Sollte dieser Zeitpunkt nicht zufällig gewählt worden sein, dann spricht das für eine Planung, bei der der Geburtstag eine zentrale Bedeutung hatte.
Eine zentrale Bedeutung der Geburtstagsparty würde ich auch annehmen. Im Verlauf der Diskussion und ja auch von den Ermittlern wurde schon vermutet, dass der Täter ein persönliches Motiv gehabt haben könnte (Neid, Eifersucht, Rache). Das könnte ich mir auch gut vorstellen. Der Täter war offenbar jung, genauso wie die Feiernden, und vielleicht hatte er aus seiner Sicht mit einem/einer von ihnen eine Rechnung offen? Evtl. war ja – nur als fiktives Beispiel – seine (Ex-)Freundin, oder auch nur eine Frau, an der er sehr interessiert war, eingeladen, aber er nicht, und bei dem Gedanken, dass sie dort jetzt mit anderen Männern feierte, sah er rot? Rasende Eifersucht und Wut überwogen in dem Moment vielleicht alle Skrupel.
Ich denke auch, wie schon andere User geäußert haben, dass er möglicherweise nicht den Tod oder schwere Verletzungen der Feiernden beabsichtigt hatte, aber vermutlich hat er darüber auch nicht weiter nachgedacht. Er wollte, um im obigen Beispiel zu bleiben, der (Ex-)Freundin/Frau und den Männern, mit denen sie feierte, vielleicht wirklich „nur“ den Schreck ihres Lebens einjagen, eine Party, die sie nie mehr vergessen würden.
Mit den tatsächlichen Folgen hatte er evtl. wirklich nicht gerechnet. Und als sie ihm später klar wurden, hätte er sie verdrängt: „Das wollte ich doch nicht, es ist doch nicht meine Schuld, wenn die oben die Tür aufmachen, sonst wäre ja wahrscheinlich gar niemand zu Schaden gekommen, die Feuerwehr hätte ja rechtzeitig alles gelöscht, …“. Und damit lebt er vielleicht bis heute.
Wie der Sprecher der Gießener Staatsanwaltschaft sagt, gab es schon Tatverdächtige, jedoch hatte man nicht genügend Beweise:
„Es habe damals, 2011/2012, in Frage kommende Personen gegeben und eine neue Untersuchung [...]. "Aber es gilt die Unschuldsvermutung. Es hat am Ende nicht zu einer Anklage gereicht."“ (2)
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(1)
https://www.wetterauer-zeitung.de/wetterau/bad-nauheim-ort78877/fernsehen-greift-feuertragoedie-neun-toten-12058105.html(2)
https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/kriminalitaet/id_87278144/bad-nauheim-wer-war-der-neunfach-moerder-der-brandkatastrophe-1986-.html