Nun, bei ihr ist es erst einmal klar: Es gibt die Massregeln, die das Gesetz nun vorschreibt: Jugendhaft verbunden mit dem Angebot an Therapien, an Arbeit, an Bildung, die das Justizsystem so vorhält.
Allerdings mache ich mir da nichts vor. In der Praxis sind die oft sehr dürftig, da sollte man nicht zuviel erwarten. Es wird nicht einfach sein, sie aus dem Mimimimi herauszuholen, das man ihr bisher eingeredet hat: dass sie nun auch in der Haft natürlich Opfer ist, Märtyrerin. Man kann nur hoffen, dass sie eine ehrliche Bezugsperson findet, die frei von dieser Ideologie ist und sich wirklich Zeit für sie nimmt. Im Vollzug keine leichte Aufgabe.
Aber draussen in der Gesellschaft muss wohl dringend nach neuen Ansätzen gesucht werden. Bisher waren m.W. zum Beispiel straffällig gewordene Mädchen generell und moslemische Mädchen noch weniger Gegenstand von Studien und Erkenntnissen, die einmal hinterfragen, wie deren Lebenswelt heute so ist und wieso sie da landen, wo sie sind. Soweit ich es übersehe gibt es Denkansätze bisher immer nur für Jungen.
Immerhin hat man ein wenig erkannt, dass hier ein Thema existiert:
http://www.sueddeutsche.de/panorama/studie-zu-jugendkriminalitaet-maedchen-sind-haeufiger-gewalttaetig-als-angenommen-1.1972612https://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2009/artikel2009/wenn-frauen-zu-taeterinnen-werdenAn Lösungen hapert es aber immer noch sehr. Wie sieht die Lebenswelt moslemischer Mädchen aus? Klar, jeder kennt da so ein paar Klischees. Aber entsprechen diese denn der Wirklichkeit? Ich befürchte, kaum ein Sozialpädagoge, Jurist, Lehrer und schon gar kein Politiker hat da eine Ahnung.
Früher, so das Klischee, waren da der übermächtige Vater, der mit tatkräftiger Hilfe der Brüder das moslemische Mädchen kontrollierte und in eine althergebrachte Wertewelt presste. Das mag sicherlich auch so noch existieren.
Was aber vermutlich recht unbemerkt passiert ist, ist, dass auch moslemische Familien in Deutschland einem Prozess der Aufweichung dieser alten Rollen unterzogen sind. Auch da gibt es inzwischen, was wir früher "Schlüsselkinder" genannt haben, und Einzelkinder, und die ganze Palette verschiedenster Situationen, in welchen Eltern und Familie eben nicht mehr diesen festen Griff haben. Und da muss man sich nun fragen: wer tritt an dessen Stelle? Wer gibt einem moslemischen Mädel, deren Eltern sich getrennt haben, deren Mutter sich vielleicht innerlich zurückgezogen hat, nun Halt und Orientierung? Hier in diesem Fall ist die Antwort klar: die Pierre Vogels dieser Welt warten nur darauf, hier ihre Opfer zu finden.
Ich glaube wir als Gesellschaft waren naiv, zu glauben, dass nur Jungen und Männer sich radikalisieren können.
Zum Schluss eine Frage mit Blick in die Zukunft: was wird sein, wenn dieses Mädel in 5 oder 6 Jahren aus der Jugendhaft kommt? Wer ist dann da, sie aufzufangen? Wieder nur Pierre Vogel?