kf1801 schrieb:das kanadische Horrorpaar Karla Homolka/Paul Bernado
kf1801 schrieb:Wer kennt die Herrschaften bzw weiß über deren Untaten Bescheid? Wie würdet ihr deren seelisches Innenleben bewerten? Was hat eurer Meinung nach dazu geführt, dass sie wurden, was sie sind/waren? Was war euerer Meinung nach "das auslösende Moment", das zu der ersten Tat und dann zu allen weiteren geführt hat?
Der Fall Bernardo/Homolka ist ein recht interessanter Fall, da in ihm zwei hochgradig pathologische Persönlichkeiten aufeinandertrafen, die nach Schloss-Schlüssel-Prinzip funktionierten und m.E. nur und erst gemeinsam die Taten verüben konnten, die sie verübt haben.
Bei Bernardo lässt sich das psychische "Innenleben" relativ gut nachvollziehen, da es über seine frühe Biographie und an Aussagen zu den verübten Taten weitaus mehr Material gibt, als von der klugen Karla Homolka. Bei ihm dürfte es sich um einen sadistisch-veranlagten Sexualstraftäter handeln - bei ihr m.E. um eine Psychopathin.
Bernardo wuchs in einem recht zerrütteten familiären Gefüge auf. Sein Vater wurde mehrfach belangt wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und verging sich auch an Bernardos Schwester. Seine Mutter wurde als "depressiv" beschrieben, die sich weder als starke noch schützende Bezugsperson für ihn und seine Schwester zur Verfügung stellte. Bernardo sagte in einem Interview mal, dass er große Aggressionen gegen seinen Vater hegte und davon träumte, ihn eines Tages zu bestrafen für das, was er seiner Schwester antat. Bis dahin wurde er stets als stilles, hilfsbereites freundliches Kind beschrieben. Wir hätten hier also (theoretisch) ein Kind, dass einen übermächtigen Vater erlebt, gegen den sich die schwache Mutter nicht offen sondern lediglich indirekt zur Wehr setzt, gleichzeitig erlebt der Junge Bernardo (mitunter "live" mit, dass sich männliche Potenz (i.S.von "Macht") hauptsächlich darin zeigt, Frauen gewaltsam und v.a. mittels angewandter sexueller Gewalt zu unterwerfen. Während sich Bernardos Aggressionen seiner Schilderungen nach zunächst gegen den Vater richteten, kippte dies in dem Moment, als ihm seine Mutter im Pubertätsalter mitteilte, dass er das "Produkt" einer Affäre sei, die sie außerehelich hatte. Wenn ich mich recht entsinne, wusste sie selbst nicht mehr, wie sein Erzeuger hieß. Wenn man's mal analytisch betrachten möchte, könnte man dabei zu der Hypothese gelangen, dass sich Bernardos (unbewusste) Aggressionen nun vorrangig auf die Mutter (bzw. weibliche Bezugsperson) richteten, da sich diese nun nicht nur mehr als "schwach", sondern eigennützig und missbrauchend herausstellte. Sie hat ihn nicht geschützt, sondern schützte nur sich selbst auf seine Kosten - so ein mögliches Erleben.
Aus dieser biographischen Konstellation heraus könnte daher auch Bernardos sexueller Sadismus zu erklären sein:
Sexualität wurde nicht in seiner Funktion als bindungsstiftendes, Schutz- und Näheförderndes Element erfahren, sondern als Instrument, soziale, persönliche und männliche Potenz herzustellen und diese zu festigen. Seine Opfer hat er stets von hinten angefallen, hat sie vergewaltigt und obszön beschimpft. Er forderte sie auf, ihm während der Vergewaltigung zu huldigen, ihn zu loben. Die Vergewaltigungen begann er im frühen Jugendalter, seine Opfer ließ er am Leben.
In seinen Tathandlungen bzw. seiner "Handschrift" ist erkennbar, dass es ihm um Macht ging - nicht vorrangig darum, seine Opfer leiden zu sehen. Die Machtausübung war es, die ihm den sexuellen Kick gegeben hat - was für die Taten, die er mit Homolka gemeinsam beging, von großer Bedeutung ist.
Bis zum heutigen Zeitpunkt wird Bernardo als Psychopath eingeschätzt, wohingegen Homolka zwar ebenfalls weiter verachtet, jedoch als bloße "Mittäterin" angesehen wird, die aus abhängiger Liebe zu Bernardo heraus bei diesen Taten mitgemacht habe, ohne diese je zu wollen.
Ich bin anderer Ansicht. Selbst in Haft-Vernehmungen Bernardos ist erkennbar, dass er über Empathie verfügt und ebenso ein emotionales Innenleben - was von Homolka m.E. nach nicht behauptet werden kann. Über ihre frühe Biographie ist wenig bekannt, allerdings zeichnet sich aus diesen wenigen Informationen eher das Bild, eines in intakter familiärer Umgebung aufgewachsenen Mädchens, das bereits frühzeitig Sexualkontakte einging, recht manipulativ war und Sexualität gut zu nutzen wusste, um bestimmte Männer für sich zu gewinnen und an sich binden zu können. Nicht zu vergessen den Gutschein, den sie Bernardo zu Beginn (^^) ihrer Beziehung schenkte: Gutschein für ihre Vergewaltigung. Nicht zu vergessen wie sie Ermittlern das Bild der ausgelieferten, verprügelten Frau vermittelte, sie ja nur mitgemacht habe, um nicht selbst zu sterben. Wie dieses arme Geschöpf einen sehr kalkulierten Deal zum richtigen Zeitpunkt schloss - wohl wissend, dass Tapes existieren, die ihre bloße Mittäterschaft arg in Zweifel ziehen, auf denen vielmehr deutlich wurde, dass das Tötungsbegehren und vorherigen Folterungen der jungen Mädchen von Homolka ausgingen - nicht von Bernardo, der Homolka sogar noch beschimpfte, warum sie es soweit habe kommen lassen, dass ihre Schwester sterbe ^^.
Beide ergänzten sich in ihren Pathologien. Er fand eine Partnerin, die ihn in seiner Potenz regelmäßig bestärkte -was ihn (!) in Abhängigkeit zu ihr (!) brachte. Sie fand einen Partner, der ein geeignetes Werkzeug war, Konkurrenz zunächst zu erniedrigen, dann zu zerstören und letztlich auszuschalten.
Es ist m.E. kein Zufall, dass alle ihrer gemeinsamen Opfer junge Mädchen waren, die allseits als offen, herzlich und sehr freundlich sowie liebenswürdig wahrgenommen wurden. Sie hatten alle etwas, das Karla nicht hatte: Liebreiz, der ehrlichen Herzens war. Etwas poetisch ausgedrückt würde ich sogar soweit gehen zu sagen: Sie hat kein Herz. Kann man wunderbar auch in ihren Interviews und Vernehmungen beobachten: Sie bleibt affektiv sehr flach. Was sie sagt, spiegelt sich emotional nicht in ihrer Mimik, Gestik oder im Habitus wieder. Bisweilen wirken einige ihrer Aussagen emotional weit verfehlt - als könne sie schlichtweg Emotionen anderer Menschen nicht verstehen - sie aber sehr wohl imitieren. Auch dies ist ein Teil der Manipulation, die sie mehrfach vornahm, insbesondere, als es darum ging, ihre Haftzeit zu verkürzen und sich als Opfer ihres Partners zu etablieren.