KonradTönz1 schrieb:Das ist doch offensichtlich ein reines Hoffnungsszenario. Warum sollte Lars exakt zu dem Zeitpunkt als er verschwand urplötzlich eine Amnesie bekommen haben? Zuvor kann er jedenfalls noch keine gehabt haben.
Das ist tatsächlich eine der Schlussfolgerungen, die mir die ganze Zeit im Kopf schwirren.
Viele sehen Amnesie als einzige Erklärung, warum Lars sich noch nicht gemeldet haben könnte, falls er noch lebt.
Ich sehe da durchaus noch andere Erklärungen.
Weiterhin ist es für mich durchaus im Bereich des realen, dass Lars noch leben kann oder zumindest eine lange Zeit überlebt hat.
Auch die Einschätzung von
@Sector3, dass er eventuell gar keine Psychose hat, liegt für mich gar nicht so weit im Bereich des unmöglichen.
Ein Bild würde sich für mich ergeben, wenn ich die Verhaltensweisen von Lars, die mir aus den letzten Tagen bekannt sind, zusammentrage und keine tiefgreifende mentale Erkrankung meinen Überlegungen zugrunde legen.
Daraus ergibt sich nämlich ein höchst emotionaler Mensch, der mit der Beurteilung der Situationen stets übertreibt und bei Schilderungen immer ein kleines Stück daneben liegt. Das fängt schon mit den Russen an. Alleine, dass das zeitlich schon alles nicht genau so hinhauen würde, wie Lars das beschreibt.
Wenn ich hier vergleichbare Situationen aus meinem Alltag zu rate ziehe, erinnere ich mich nur an Menschen, die Dinge anders darstellen, um nicht unbedingt so dämlich auszusehen oder um die Geschichte zu schmücken mit Elementen, die alles in einem besseren Licht da stehen lassen. Ich tendiere zu ersterem, je mehr ich drüber nachdenke. Ich werde das noch näher ausführen-
Dann gehts weiter mit der Aussage, dass sie ihn nicht im Krankenhaus aufnehmen. Er hat nicht die Fakten kommuniziert, sondern die Folgen, die sich für ihn ergeben, nämlich, dass er nicht, wie gedacht einen Schlafplatz erhält. Das anzunehmen war sowieso komisch, ist doch ein Krankenhaus kein Hotel und ein geplatztes Trommelfell nicht unbedingt eine Indikation für eine stationäre Aufnahme.
Legt man das Kommunikationsverhalten von Lars zugrunde, würde sich für mich sogar folgende Situation ergeben: Er fragt während der Untersuchung, ob er im Krankenhaus aufgenommen wird, in der Hoffnung, einen Schlafplatz zu erhalten. Und der Arzt antwortet wahrheitsgemäß, dass er ihm erstmal nur ein Antibiotikum verschreibt und Patienten nur dann aufgenommen werden können, wenn sie operiert werden. (ohne dabei direkt im Sinn zu haben, den Trommelfellriss in dieser Art und Wiese zu behandeln). So wird ein Schuh draus.
Dann die Beschreibung des Hotels, die Flucht auf den Hügel (Anhöhe). Was würden diese Sachen alle bedeuten, wenn wir einen gesunden (eventuell nur leicht desorientierten Menschen) zugrunde legen würden?
Es würde bedeuten, dass er zumindest Situationen dramatisiert. Es würde bedeuten, dass er emotional kommuniziert (wie ich auch schon ausreichend erläutert), dass er dramatische Elemente einfügt und sich eventuell auch gerne in Dinge rein steigert. Das Ganze unterstützt von den Partyfolgen (wie auch immer die aussehen mögen).
Überlegen wir, in welcher Situation sich Lars befindet: Er ist alleine in einem fremden Land. Er hatte einen ungefähren Plan, wie er sie Nacht durchbringt, und zwar, indem er im Krankenhaus übernachtet und sich am nächsten Morgen gesund und munter auf den Weg nach DE macht. Das Krankenhaus hat ihm da einen simplen Strich durch die Rechnung gemacht und durch die neue Situation fühlt er sich entsprechend überfordert. Das macht ihn schon verletzlich. Dann muss er nur etwas im Hotel wahr genommen haben, was ihm unangenehm ist, das kann ja schon die Gegend an sich sein und die damit verbundene Ahnungslosigkeit.
ER schien ja aus eher behüteten Verhältnissen zu kommen. Jedenfalls kann ihn das schon zu dem ersten Anruf animiert haben, in dem er seine mentale Situation wieder gegeben hat. Und hier ist ein ganz deutlich Hinweis auf sein Kommunikationsverhalten. Er hat nicht gesagt: Das Hotel ist 1. Fakt, 2. Fakt usw. Er hat diffuse Vorahnungen kommuniziert. Auch hier wieder ein gesunden Menschen zugrunde gelegt (also ohne Psychose), bedeutet das lediglich, dass er mit der Situation überfordert war und sich alleine und unglücklich und ängstlich fühlte und das so ausdrücken wollte. Das gipfelt in seiner Flucht auf den hohen Ort. Er drückt in dem Telefonat aus, wie er sich fühlt, nicht wie es wirklich ist.
Und da wird langsam deutlich, dass er auch nicht offen kommuniziert. Jeder würde sagen, wo er sich befindet, was ihn dahin getrieben hat usw. Er bleibt diffus. Das wird dem Umstand geschuldet sein, dass er auch nur diffuse Wahrnehmungen hat. Wäre da wirklich etwas konkret bedrohliches gewesen, hätte er das ja benannt.
Das geht weiter mit der Aussage, dass sie ihn nicht fahren oder fliegen lassen. Da muss man gar nichts groß rein interpretieren, das ist ein Ausdruck seines erlebten Kontrollverlusts. Selbstverständlich verbietet ihm keiner irgendwo hin zu fahren und ich vermute, selbst fliegen könnte ihm keiner verbieten. Aber er erlebt es so und drückt es genau so aus.
Ich sehe da ein relativ klares Bild eines Charakters. Würden wir ihm unterstellen, dass er keine Psychose hat, legen wir zugrunde, dass er nicht wie es sich für einen Sportler gehört aus dem FH sprintet in der entsprechenden Geschwindigkeit. Nehmen wir an, dass es keine reale Bedrohung gab beim Flughafenarzt, führt uns all das zu einem Schluss: Lars flieht nicht vor einer konkreten Gefahr, er flieht vor sich selbst. Vor einer Überforderung mit der Situation.
Und darauf aufbauend kann man die Situation auch so einschätzen, dass er sich noch irgendwo aufhält und da so leicht nicht mehr raus kommt.
Sorry, für die Textwüste.