MORDFALL FRANZISKA
Stefan B. lebte zuletzt nur noch im Auto
In der Verhandlung gegen Stefan B. gab es gestern unter anderem Details zur Person des Angeklagten. Beziehungen hatte der 27-Jährige in großer Zahl im Internet gepflegt. Von Barbara Würmseher
Es muss ein bizarres Leben gewesen sein, das Stefan B. zuletzt vor seiner Untersuchungshaft geführt hat. Der Arbeitslose, der keinen Beruf erlernt hat, war zwar im Neuburger Obdachlosenheim gemeldet, hat aber mehr und mehr sein Auto zum eigentlichen Wohnort gemacht. Die letzten 14 Tage vor dem Mord an Franziska hat er dort auch geschlafen. Am gestrigen sechsten Verhandlungstag im Prozess gegen den 27-Jährigen vor dem Landgericht Ingolstadt schilderten Zeugen diese und weitere Details.
Da Stefan B. selbst schweigt, ist seine Persönlichkeit für das Gericht und für die Prozessbeobachter in weiten Zügen rätselhaft und auch, wie er selbst zu seiner Tat steht, die er ja in groben Zügen zugegeben hat. Ein Kripobeamter, der ihn am Tag seiner Festnahme, dem 16. Februar 2014, in Auchsesheim abgeholt hat, um ihn nach Ingolstadt zu bringen, hat sich im Polizeiauto mit ihm unterhalten. „Ich saß neben ihm auf der Rücksitzbank“, schilderte der Polizist als Zeuge. „Wir haben ein belangloses Gespräch geführt, da er keine Angaben zur Sache machen wollte. Er erzählte von einer Freundin in Ingolstadt und von einem Freund.“
Beziehungen hat der 27-Jährige in großer Zahl im Internet gepflegt. 1000 Kontaktdaten haben die Ermittler auf seinem Handy und seinem Tablet-PC gesichert. Allein am Tattag hatte er von 6 Uhr morgens bis 17 Uhr ständig gechattet und lediglich für die Dauer seines grausamen Verbrechens unterbrochen. Gegen 19.50 Uhr hatte er sich dann wieder eingeloggt, um seine virtuellen Begegnungen weiter zu pflegen.
„Das ist im Minutentakt so gegangen“, so ein Ermittler. Selbst während seiner wilden Flucht vor der Polizei einen Tag später hatte Stefan B. nebenbei Nachrichten in seinen Computer getippt. „Wir haben uns erst gewundert, dass er in Schlangenlinien gefahren ist“, so einer seiner Verfolger. Später stellte sich dann heraus, dass der 27-Jährige bei Tempo 160 bis 180 noch gechattet hatte.
Er habe es darauf angelegt, mal eine richtige Anklage zu bekommenStefan B.s Reaktionen nach seiner Festnahme wurden von Zeugen schon am fünften Verhandlungstag als eigenartig beschrieben. Er sei sehr ruhig und habe ein Grinsen oder Lächeln aufgesetzt, erzählten sowohl Polizeibeamte als auch Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer. Diesen Eindruck gab auch gestern ein Wachtmeister der JVA Kaisheim wieder, wohin Stefan B. am 17. Februar in Untersuchungshaft gebracht worden war. „Er hat ständig gegrinst“, erinnerte sich der Justizbeamte. „Wenn ich nach einer solchen Tat festgenommen werde, dann würde ich nicht mehr lachen.“ Außerdem habe Stefan B. ihm gegenüber gesagt, er habe es darauf angelegt, „mal eine richtige Anklage zu bekommen, nachdem er doch bislang nur wegen kleinerer Delikte belangt worden war“.
Warum er es darauf angelegt habe, viele Jahre eingesperrt zu werden, hatte der Wachtmeister daraufhin wissen wollen und Stefan B. habe geantwortet: Er lebe ohnehin mehr oder weniger auf der Straße, könne bei seiner Mutter nicht mehr unterkommen und habe auch kaum Kontakt zu seinem Sohn. Sein Leben draußen in Freiheit habe nichts Lebenswertes mehr.
Gegen diese Aussagen legte Verteidiger Adam Ahmed Widerspruch ein. Er wollte sie als nicht verwertbar eingestuft haben. Der Zeuge sei kein Ermittlungsbeamter, habe aber den Angeklagten wie ein solcher befragt. Eine solche Befragung gehe über die Befugnis eines Justizwachtmeisters hinaus. Staatsanwalt Jürgen Staudt folgte diesem Eindruck nicht. Es habe sich um keine Befragung gehandelt, die Aussagen seien zum größten Teil vom Angeklagten aus eigener Motivation heraus gekommen. Der Anklagevertreter hielt es aber für fraglich, ob die Schilderungen des Zeugen für eine Urteilsfindung überhaupt relevant seien.
DNA-Material am Leichnam von Franziska gefundenZur Spurenlage gab gestern Nachmittag noch eine Biologin der Rechtsmedizin München ihr Gutachten ab. Sie hatte diverse Asservate und anderes mehr nach DNA-Material untersucht. Dabei hatte sie unter anderem festgestellt, dass das Blut am Tatort von Franziska stammt, wie auch das Blut auf einem T-Shirt in Stefan B.s Auto. Auch fand sich Franziskas genetischer Fingerabdruck an Kleidungsstücken und Schuhen des 27-Jährigen. DNA-Material von Stefan B. wurde am Leichnam des Kindes gefunden.
Die Verhandlung wird am 23. März (Beginn 9 Uhr) fortgesetzt.
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