Die ganzen Krypto-Fans vergessen, dass es für jegliche Krypto-Währung eben auch einen Gegenwert gibt - und der ist... *trommelwirbel* Geld!
Also eigentlich das, was "veraltet" und "unnütz" ist, und von der viel cooleren Kryptowährung überholt wird. Ohne Geld bekommt man für die ganzen Coins in seinem Wallet - nix. Kann man ja nicht verkaufen.
Diese hochheiligen, dezentralisierten Finanzmärkte glänzen auch durch ihre grandiose Sicherheit. Bei der Bank kommt mir mein Geld nur abhanden, wenn jemand meine EC-Karte klaut und die PIN kennt. Oder ich doof genug bin, auf Phishing-Mails reinzufallen.
Kennt hier jemand Poly Networkt? Nein? Macht auch nichts. Denen wurden vor nicht allzu langer Zeit einfach 600 Mio Dollar geklaut. Bereits 2018 wurden Bitcoins im Wert von über 1 Milliarde Euro gestohlen, einfach so (insgesamt, nicht bei einem Anbieter).
Es gibt hunderttausende Experten. Auf Facebook, in Foren, man kann ihnen kaum entkommen. Sie singen Loblieder auf Krypto. Und allesamt haben sie eins gemein: Reich geworden ist von denen noch niemand.
googleme schrieb am 26.05.2021:Bei einem Video wurden Grafikkarten im Wert von über 10.000,00 € angeschlossen und es wurden dadurch täglich mit Abzug von Strompreisen etwa 30,00€ erzielt.
Joah, sind im Jahr schon ein paar Euro. Aber bleiben wir mal bei den 30 Euro: Die bekommst du ja nur wenn du jemanden findest, der dir 30 Euro für die Tagesausbeute zahlt. Wenn der morgen aber keine Lust mehr hat, zahlt er dir halt keine 30 Euro dafür, sondern will dir maximal 5 Euro geben. Oder so wenig, dass du noch draufzahlst. Oder du hast Glück, und der gibt dir 50 Euro statt 30.
Der Gegenwert ist auch hier: Geld.
Ohne einen materiellen Gegenwert haben die virtuellen Bitcoins eben gar keinen Wert. Auch ist bei Bitcoins jederzeit das Risiko einer Marktmanipulation gegeben, es geht hier ja letztlich nur um Angebot und Nachfrage. Ähnlich wie im Aktienmarkt bedeutet ein massiver Verkauf von Bitcoins durch einen großen Marktteilnehmer, das der Kurs rapide sinkt.
Und das simpelste Risiko: Passwortverlust.
Vergesse ich meine PIN oder verliere/zerstöre meine EC-Karte, und verliere/verbrenne meinen Ausweis und meine Geburtsurkunde - gehe ich los, besorge alles neu, und komme zumindest mit Identitätsnachweis an mein Geld bei der Bank.
Vergisst du dein Passwort, oder verlierst alle drölfzig Zettel auf denen du es notiert hast (und mit dem jeder Dödel an dein Wallet rankommt, ohne Identitätsprüfung), zeigt dir der Anbieter die lange Nase. Nix zu machen, an deine Bitcoins kommst du dann nicht mehr.
Und dann kommt noch die berühmt-berüchtigte Blockchain-Logik:
Du hast einen Key. Mit diesem Key weist du dich als Besitzer der Coins aus. In einem etwaigen Rechtsstreit, in dem du nachweisen musst, der Eigentümer zu sein, kannst du das nur, wenn du deinen Key teilst. Nach der Blockchain-Logik bist du durch das Teilen aber schon nicht mehr der alleinige Besitzer. Gut, das mag nur ein logisches Problem sein. Aber im Grunde kommt jeder, der Akteneinsicht hat, an deine Coins ran.
Ein anderes Problem ist die angepriesene, vermeintlich nicht staatliche Kontrolle. Ohne sie fehlt der Rechtsschutz. Wie willst du etwas einklagen, was der Staat womöglich gar nicht anerkennt?
Was passiert, wenn jemand einfach sagt "Bitcoin? Nö, da mache ich nicht mit"? Dann stehste da und guckst doof aus der Wäsche, und kannst dir für deine BTC nicht einmal ein Brötchen holen, während sie auf dem Papier XXXXXX Euro wert sind (und immer noch darauf angewiesen sind, einen fest definierten Gegenwert zu haben - in dem Fall: Geld).
Und beim Thema "Recht" greife ich dann mal das Argument auf: "Rechtlich gehört dein Geld nicht dir, sondern der Bank, weil es bei der Bank liegt!"
Tjaaa.... da sagt der Gesetzgeber aber: Geld, das du auf der Bank einzahlst, gehört eben doch dir. Weil du einen Anspruch darauf hast.
Du hast einen Rechtsanspruch darauf, dass du mit diesem Geld bezahlen kannst.
Diesen Rechtsanspruch hast du bei Bitcoins nicht. Wenn die einer nicht will, will er sie nicht. Und wenn dir kein anderer Geld für deine Bitcoins geben will, damit du dann doch bezahlen kannst - haste Pech gehabt.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Wenn mein Geld auf der Bank liegt, gehört es rechtlich gesehen nicht mir. Damit es mir gehört, muss ich es abheben und in der Hand halten. Klingt erstmal richtig spannend. Wie ist denn das dann mit Bitcoins? Die kann ich niemals in der Hand halten...
Nun ist es so, dass man einen Auszahlungsanspruch hat. Die Bank besitzt zwar dein Geld, du hast aber einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass die Bank dir dein Geld auszahlt. Geht deine Bank pleite, zieht die so genannte "Einlagensicherung". Demnach garantiert dir der Staat, dass dein Vermögen bis zu einem Betrag von 100.000 Euro abgesichert ist. Dieses Geld wirst du immer bekommen. Entweder aus der Insolvenzmasse, oder vom Staat.
Wenn deine Bitcoins (oder sonstige Kryptowährung) weg ist - dann ist sie weg. Da springt keiner ein. Keine Bank, kein Staat, kein gar nix. Nun gibt es diverse Quellen die behaupten: Dein Geld ist bei einer Bank weg! Diese Quellen, fragt man Onkel Google, sind... *erneuter Trommelwirbel*: private Blogs. Eine Quelle behauptet gar sie hätte Kunden gehabt, denen die Sparkasse nicht einmal 5.000 Euro auszahlen wollte. Gut, macht jeder Geldautomat, aber vielleicht stand da ja ein Bankmitarbeiter und hat sie verjagt... Von solchen Aussagen kann ja jeder halten, was er mag. Ich weiß, wie ich sie einordnen muss.
Nun kann ich aber nicht sagen, Bitcoins seien nix wert. Ich kriege ja was für sie. Ich kann sie verkaufen und bekomme dafür Geld. Und zwar so lange, wie jemand bereit ist, mir dafür Geld zu geben. Einen rechtlichen Anspruch darauf, dass ich dafür Geld bekomme, habe ich nicht. Nicht heute, nicht morgen, und auch nicht übermorgen. Das ginge nur mit einer Kontrolle durch Banken und Staat - und die will man ja nicht. Geld bekomme ich dafür nur an Krypto-Börsen.
Und diese Krypto-Börsen... wie soll ich sagen? Mt. Gox war seinerzeit die größte aller Krypto-Börsen. Die hat "damals" (2014) nicht nur 650.000 Bitcoins "verloren" - und das auch nur, weil 200.000 Bitcoins irgendwie wieder auftauchten (rofl!) - sondern war dann auf einmal auch pleite. Und die Bitcoins der Kunden waren... weg.
Nun haben einige Kunden aber erfolgreich geklagt, und grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz - das bringt ihnen nur wenig. Denn bemessen wurde der BTC-Wert zum Zeitpunkt der Pleite. Und der war 20x niedriger als heute. War also nix mit Millionär werden, stattdessen werden sie noch Jahre auf ihr Geld warten. Wenn sie es überhaupt jemals kriegen.
Natürlich kann man sich trotzdem an diesem Spielchen beteiligen, man wird dabei sicher auch Gewinne (oder Verluste) erzielen. Aber von Krypto als bahnbrechende Neu-Währung oder gar regulärem Zahlungsmittel sind wir so weit entfernt, wie die Erde vom Mond. Große Konzerne werden auch in Zukunft BTC als Zahlungsmittel akzeptieren, damit spekulieren, und sich irgendwann kaputtlachen. Und der kleine Hansel, der sich 10 Grafikkarten gekauft hat, der wird sich schwarz ärgern. Nicht heute, nicht morgen, und auch nicht nächsten Monat. Aber irgendwann.