Abiogenese
09.08.2018 um 14:47@Rao
@Heide_witzka
Lassen wir die Kacke mal links liegen und widmen uns stattdessen mal der Frage, ab wann es sinnvoll ist, von Stoffwechsel und Stoffwechselendprodukten zu sprechen. Dann klären sich einige Missverständnisse vielleicht von selbst.
Stoffwechsel ist zunächst mal nur die Umsetzung von einem Ausgangsstoff mit einem Hilfsstoff zu einem Endprodukt, das dann entweder als Ausgangsstoff für einen weiteren Stoffwechselvorgang zur Verfügung steht oder in dieser Form dann ausgeschieden bzw. an die Umgebung abgegeben wird.
Je nach Reaktionsart können aus mehreren Ausgangsstoffen ein Endprodukt oder aus einem Ausgangsstsoff mehrere Endprodukte hervorgehen. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten eröffnet sich eine Spanne von weiteren Möglichkeiten, bei denen aus mehreren Ausgangsstoffen mehrere Endprodukte hervorgehen.
Stoffwechsel findet also stets in einem abgrenzbaren Gebiet statt, das man als Reaktionsraum bezeichnen kann. In Lebewesen sind diese Reaktionsräume über Membranen voneinander abgegrenzt, um einander ausschließende Reaktionen voneinander abzuschirmen und auf räumliche Distanz zu halten. Vor der Entstehung der Lebewesen müssen diese Reaktionsräume ebenfalls in einem abgegrenzten Raum vorgelegen haben, da sie sich anderenfalls durch den Druck der chemischen Verhältnisse in der Umgebung aufgelöst hätten.
Wichtig ist hierbei, dass der Entropiesatz hier seine richtende Kraft entfaltet. Ein Reaktionsraum stellt für sich genommen bereits einen geordneten Zustand dar, in dem dann die betreffenden Reaktionen entsprechend geordnet ablaufen. Die chemischen Gleichgewichte stellen sich dort so ein, dass der Reaktionsablauf mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in eine bestimmte Richtung ablaufen als es in der freien wässrigen Lösung der Fall wäre.
Also muss der Reaktionsraum von dieser Umgebung zumindest zu einem gewissen Grad abgeschirmt sein, damit sich die Reaktionsgleichgewichte nicht in eine Richtung verschieben, die dann die Reaktion unmöglich werden lässt. Das bedeutet, dass die Entropie im Reaktionsraum niedriger ist als die Entropie in der Umgebung. Auf diese Weise haben wir bereits auf dieser elementaren Stufe ein Fließgleichgewicht, wo Ausgangsstoffe in den Reaktionsraum einströmen und Endprodukte ausgeschieden werden.
Der chemische Gleichgewichtszustand wird dadurch nicht erreicht, da die Entropie als Folge des Energiegewinns auf einem niedrigeren Level verbleibt als es der Fall wäre, wenn sich die Bedingungen des Reaktionsraums den Umgebungsbedingungen angleichen würde. Wir haben also hier bereits ein chemisches Nichtgleichgewicht als Resultat eines Stoffwechsel-Fließgleichgewichts, welches sich über den anhaltenden Zustrom von energiereichen Ausgangsstoffen so lange aufrecht erhält wie der Zustrom anhält.
Wegen der noch fehlenden Selbstregulation kann man diesen Zustand aber nicht als lebendig bezeichnen. Es ist analog zur Kerzenflamme, wo Sauerstoff und Paraffin ständig in die Flamme strömen und sich dort im Zuge der Verbrennung zu CO2 und Wasserdampf umsetzen - nur dass hier der Reaktionsraum ein Plasma in einer gasförmigen Umgebung ist. In den ursprünglichen Reaktionsräumen der Abiogenese haben wir bevorzugt mineralische Untergründe, die sich mit einer Vielzahl von Hohlräumen strukturieren.
Wenn wir also von Stoffwechsel sprechen, sprechen wir immer auch von abgegrenzten Reaktionsräumen, in denen sich diese Reaktionen vollziehen. Es ist also nicht sinnvoll, den Stoffwechsel auf einzelne Moleküle zu reduzieren, da wir hier zwar Reaktionsgleichungen aufstellen können, aber nichts darüber aussagen können, woher die Ausgangsstoffe kommen und wohin die Endprodukte gelangen. Wir müssen hier die Umgebung mit einbeziehen, um sinnvoll von Stoffwechsel zu sprechen.
"RNA oder was sonst" ist ein Molekül bzw. eine Ansammlung von Molekülen, die - wenn man sie isoliert betrachtet - keinen Stoffwechsel vollziehen, sondern allenfalls in ein Stoffwechselsystem eingebunden sind, wo sie dann ihren Beitrag leisten, wenn aus Ausgangsstoffen Endprodukte werden. Und Moleküle können sich nichts "herauspicken", sondern sie reagieren entweder mt einem einströmenden Ausgangsstoff oder sie reagieren nicht damit.
"was brauchbar war" kann immer nur das gewesen sein, was sich im Stoffwechsel umsetzen ließ. Die Brauchbarkeit entscheidet sich immer erst hinterher, wenn sich erweist, dass das Stoffwechselsystem nach wie vor funktionsfähig ist und nicht kollabiert ist. Von Vermehrung oder gar Fortpflanzung kann auf diesem elementaren Level der Entwicklung noch gar keine Rede sein. Hier war erst mal vordringlich, dass das System überhaupt erst einmal erhalten blieb.
Wenn also einströmende Stoffe im System den Stoffwechsel beeinflussen, entstehen Endprodukte, die entweder verwertbar sind (dann sind es Zwischenprodukte) oder nicht verwertbar sind. Im letzten Fall werden diese Endprodukte entweder ausgeschieden oder sie reichern sich im System an. Wenn sie sich anreichern, kann das entweder die Ränder des Systems verstopfen, so dass das System wegen des unterbleibenden Nachstroms an Ausgangsstoffen kollabiert.
Oder aber die sich anreichernden Stoffe wirken giftig, weil sie die Reaktionen, die das System im Bestand erhalten, blockieren oder Nebenreaktionen auslösen, die den Energiehaushalt an sich binden (und damit den fundamentalen Reaktionen die Energie entziehen). In jedem Falle betrafen die Folgen des Stoffwechsels das System als Ganzes und nicht nur einzelne Moleküle. Man kann also nicht sagen, dass die RNA wie "Diogenes in seinem Tönnchen" still und leise vor sich hin lebte, während der Rest gar nicht davon betroffen war.
Wenn also RNA damit begonnen haben sollte, sich selbst zu replizieren, dann geschah das im Kontext mit dem Stoffwechselsystem, in dem sie sich befand und aus dem sie schlussendlich überhaupt erst hervorgegangen war. Und wenn die Selbstreplikation der RNA sich darin erschöpft haben sollte, lediglich eine einzige Molekülart mit einer einzigen besonderen Basensequenz beliebig oft zu vervielfältigen, dann braucht diese Art von Replikation den Rohstoff (also die frei verfügbaren Nucleotide) für alle anderen RNA-Moleküle auf, die als Ribozym im Stoffwechselsystem fundamentale Aufgaben zu erfüllen hätte. So kann es also nicht abgelaufen sein.
Vielleicht erst mal bis dahin.
@Heide_witzka
Lassen wir die Kacke mal links liegen und widmen uns stattdessen mal der Frage, ab wann es sinnvoll ist, von Stoffwechsel und Stoffwechselendprodukten zu sprechen. Dann klären sich einige Missverständnisse vielleicht von selbst.
Stoffwechsel ist zunächst mal nur die Umsetzung von einem Ausgangsstoff mit einem Hilfsstoff zu einem Endprodukt, das dann entweder als Ausgangsstoff für einen weiteren Stoffwechselvorgang zur Verfügung steht oder in dieser Form dann ausgeschieden bzw. an die Umgebung abgegeben wird.
Je nach Reaktionsart können aus mehreren Ausgangsstoffen ein Endprodukt oder aus einem Ausgangsstsoff mehrere Endprodukte hervorgehen. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten eröffnet sich eine Spanne von weiteren Möglichkeiten, bei denen aus mehreren Ausgangsstoffen mehrere Endprodukte hervorgehen.
Stoffwechsel findet also stets in einem abgrenzbaren Gebiet statt, das man als Reaktionsraum bezeichnen kann. In Lebewesen sind diese Reaktionsräume über Membranen voneinander abgegrenzt, um einander ausschließende Reaktionen voneinander abzuschirmen und auf räumliche Distanz zu halten. Vor der Entstehung der Lebewesen müssen diese Reaktionsräume ebenfalls in einem abgegrenzten Raum vorgelegen haben, da sie sich anderenfalls durch den Druck der chemischen Verhältnisse in der Umgebung aufgelöst hätten.
Wichtig ist hierbei, dass der Entropiesatz hier seine richtende Kraft entfaltet. Ein Reaktionsraum stellt für sich genommen bereits einen geordneten Zustand dar, in dem dann die betreffenden Reaktionen entsprechend geordnet ablaufen. Die chemischen Gleichgewichte stellen sich dort so ein, dass der Reaktionsablauf mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in eine bestimmte Richtung ablaufen als es in der freien wässrigen Lösung der Fall wäre.
Also muss der Reaktionsraum von dieser Umgebung zumindest zu einem gewissen Grad abgeschirmt sein, damit sich die Reaktionsgleichgewichte nicht in eine Richtung verschieben, die dann die Reaktion unmöglich werden lässt. Das bedeutet, dass die Entropie im Reaktionsraum niedriger ist als die Entropie in der Umgebung. Auf diese Weise haben wir bereits auf dieser elementaren Stufe ein Fließgleichgewicht, wo Ausgangsstoffe in den Reaktionsraum einströmen und Endprodukte ausgeschieden werden.
Der chemische Gleichgewichtszustand wird dadurch nicht erreicht, da die Entropie als Folge des Energiegewinns auf einem niedrigeren Level verbleibt als es der Fall wäre, wenn sich die Bedingungen des Reaktionsraums den Umgebungsbedingungen angleichen würde. Wir haben also hier bereits ein chemisches Nichtgleichgewicht als Resultat eines Stoffwechsel-Fließgleichgewichts, welches sich über den anhaltenden Zustrom von energiereichen Ausgangsstoffen so lange aufrecht erhält wie der Zustrom anhält.
Wegen der noch fehlenden Selbstregulation kann man diesen Zustand aber nicht als lebendig bezeichnen. Es ist analog zur Kerzenflamme, wo Sauerstoff und Paraffin ständig in die Flamme strömen und sich dort im Zuge der Verbrennung zu CO2 und Wasserdampf umsetzen - nur dass hier der Reaktionsraum ein Plasma in einer gasförmigen Umgebung ist. In den ursprünglichen Reaktionsräumen der Abiogenese haben wir bevorzugt mineralische Untergründe, die sich mit einer Vielzahl von Hohlräumen strukturieren.
Wenn wir also von Stoffwechsel sprechen, sprechen wir immer auch von abgegrenzten Reaktionsräumen, in denen sich diese Reaktionen vollziehen. Es ist also nicht sinnvoll, den Stoffwechsel auf einzelne Moleküle zu reduzieren, da wir hier zwar Reaktionsgleichungen aufstellen können, aber nichts darüber aussagen können, woher die Ausgangsstoffe kommen und wohin die Endprodukte gelangen. Wir müssen hier die Umgebung mit einbeziehen, um sinnvoll von Stoffwechsel zu sprechen.
Rao schrieb:Das beginnende Leben, RNA oder was sonst, hat sich aus der Ursuppe das herausgepickt, was brauchbar war, was sich chemisch binden ließ für die eigene Vermehrung, und dabei blieb zwangsläufig viel übrig, was ungenießbar war, dieses Zeug sammelte sich im Lauf der Zeit ringsum an, hat zweifellos häufig die laufenden Prozesse abgewürgt und damit das Proto-Leben gleich mit, aber in manchen Fällen hat sich so eine Schutzhülle aus Abfall vielleicht auch als nützlich erwiesen, die RNA (oder was es sonst war) lebte in ihrem Müll-Tönnchen wie Diogenes, guckte nur vorne heraus wie so ein Einsiedlerkrebs und hat sich an diesem Ende weitervermehrt, während der Rest von ihr gut geschützt im eigenen Dreck lag.Jetzt zu diesem etwas lang geratenen Satz, in dem sehr viel miteinander vermengt wird, was eigentlich getrennt voneinander zu erörtern ist. "Das beginnende Leben" wäre hier also als Stoffwechselsystem zu bezeichnen, wo ein oder mehrere Reaktionsräume miteinander über verschiedene Reaktionen und Zwischenprodukte gekoppelt sind und ein zusammengehöriges Ganzes bilden.
"RNA oder was sonst" ist ein Molekül bzw. eine Ansammlung von Molekülen, die - wenn man sie isoliert betrachtet - keinen Stoffwechsel vollziehen, sondern allenfalls in ein Stoffwechselsystem eingebunden sind, wo sie dann ihren Beitrag leisten, wenn aus Ausgangsstoffen Endprodukte werden. Und Moleküle können sich nichts "herauspicken", sondern sie reagieren entweder mt einem einströmenden Ausgangsstoff oder sie reagieren nicht damit.
"was brauchbar war" kann immer nur das gewesen sein, was sich im Stoffwechsel umsetzen ließ. Die Brauchbarkeit entscheidet sich immer erst hinterher, wenn sich erweist, dass das Stoffwechselsystem nach wie vor funktionsfähig ist und nicht kollabiert ist. Von Vermehrung oder gar Fortpflanzung kann auf diesem elementaren Level der Entwicklung noch gar keine Rede sein. Hier war erst mal vordringlich, dass das System überhaupt erst einmal erhalten blieb.
Wenn also einströmende Stoffe im System den Stoffwechsel beeinflussen, entstehen Endprodukte, die entweder verwertbar sind (dann sind es Zwischenprodukte) oder nicht verwertbar sind. Im letzten Fall werden diese Endprodukte entweder ausgeschieden oder sie reichern sich im System an. Wenn sie sich anreichern, kann das entweder die Ränder des Systems verstopfen, so dass das System wegen des unterbleibenden Nachstroms an Ausgangsstoffen kollabiert.
Oder aber die sich anreichernden Stoffe wirken giftig, weil sie die Reaktionen, die das System im Bestand erhalten, blockieren oder Nebenreaktionen auslösen, die den Energiehaushalt an sich binden (und damit den fundamentalen Reaktionen die Energie entziehen). In jedem Falle betrafen die Folgen des Stoffwechsels das System als Ganzes und nicht nur einzelne Moleküle. Man kann also nicht sagen, dass die RNA wie "Diogenes in seinem Tönnchen" still und leise vor sich hin lebte, während der Rest gar nicht davon betroffen war.
Wenn also RNA damit begonnen haben sollte, sich selbst zu replizieren, dann geschah das im Kontext mit dem Stoffwechselsystem, in dem sie sich befand und aus dem sie schlussendlich überhaupt erst hervorgegangen war. Und wenn die Selbstreplikation der RNA sich darin erschöpft haben sollte, lediglich eine einzige Molekülart mit einer einzigen besonderen Basensequenz beliebig oft zu vervielfältigen, dann braucht diese Art von Replikation den Rohstoff (also die frei verfügbaren Nucleotide) für alle anderen RNA-Moleküle auf, die als Ribozym im Stoffwechselsystem fundamentale Aufgaben zu erfüllen hätte. So kann es also nicht abgelaufen sein.
Vielleicht erst mal bis dahin.