Päpstin Johanna?
03.12.2003 um 19:20
Päpstin Johanna !
Die Geschichte geht kurz gesagt so:
Um das Jahr 818 kommt in Ingelheim am Rhein ein Mädchen als Tochter eines englischen Priesters zur Welt, dessen Beruf und Berufung es ist, die ungläubigen Sachsen zum Christentum zu bekehren und der seine Tochter früh in Bibelkunde und Theologie unterrichtet.
Nach dem Tod der Eltern kommt das Kind in ein Frauenkloster, wo ihre große Begabung entdeckt und gefördert wird.
Später folgt sie einem Mönch in ein Kloster nach Fulda, scheinbar schon als Mann verkleidet.
Ihre Maskerade fliegt auf, sie muss fliehen, und es verschlägt sie bis nach Athen, wo sie ihre Bildung weiter vertiefen kann und sich zu einer Gelehrten mausert.
Jahre danach gelangt sie nach Rom, in das Zentrum der kirchlichen Macht: in den Vatikan.
Sie steigt, natürlich wieder als Mann verkleidet, in der dortigen Hierarchie aufgrund ihres außergewöhnlichen Wissens schnell auf und wird schließlich 855, nach dem Tod des Papstes Leo IV, zum Nachfolger gewählt.
Fortan trägt sie den Namen Johannes Anglicus ( Johannes der Engländer). Später wird sie von einem ihrer Diener geschwängert und bringt während einer Prozession ihr Kind zur Welt.
Über das, was danach geschieht, gehen die Meinungen auseinander:
Das Kind stirbt noch bei der Geburt, die Mutter ebenso; das Kind stirbt, die Mutter wird von der entsetzten Menge der Gläubigen gesteinigt oder, an den Schweif ihres Pferdes gebunden, zu Tode geschleift.
Kind und Mutter überleben, die Päpstin wird abgesetzt und tut Buße, bis ihr Sohn zum Bischof von Ostia die Hafenstadt des alten Rom aufgestiegen ist.
Nach ihrem Tod soll Johanna in der dortigen Kathedrale beigesetzt worden sein. Nach der abenteuerlichsten Version soll ihr ein Engel erschienen sein, der ihr sie vor die Alternative stellte, entweder öffentliche Schmach zu erdulden oder für immer verdammt zu sein.
Eine Verschwörung der Kirche ?
Allein die Versionen über den letzten, dramatischen Abschnitt ihres Lebens verdeutlicht, wie umstritten die Geschichte der Päpstin Johann bis heute ist.
Die katholische Kirche und mit ihr Theologen bestreiten, dass es je eine Päpstin gegeben habe und verweisen ihre Existenz ins Reich der Legende.
Trotzdem halten sich hartnäckig Theorien, Hypothesen und Vermutungen, die behaupten, es habe eine Päpstin gegeben.
Diese Stimmen werfen der katholischen Kirche Vernichtung von Dokumenten, Fälschung, ja eine Verschwörung vor und da heute unstrittig sein dürfte, dass es in der Geschichte der katholischen Kirche immer wieder zu Fälschungen und Beseitigung von unliebsamen Dokumenten gekommen ist, scheinen diese Vorwürfe auch nicht ganz unbegründet zu sein.
Hinzu kommt, dass die Männergesellschaft der Kirche kein Interesse daran haben dürfte, einen derartig peinlichen Präzedenzfall zugeben zu müssen, der ihrem Dogma zuwiderläuft, das einfach ausgedrückt lautet:
Ein Pontifikat ist Männersache, war schon immer Männersache und wird immer Männersache sein.
Richtig kompliziert wird die ganze, ziemlich undurchsichtige Geschichte dadurch, dass sie, so sie denn stattgefunden haben sollte, in einer Zeit spielte, aus der ganz allgemein nur vergleichsweise wenig Dokumente und Quellen erhalten sind.
Die fünf Jahrhunderte bis zur Jahrtausendwende werden nicht umsonst als ein "finsteres" Zeitalter beschrieben.
Nur wenige Quellen und Dokumente von damals sind erhalten und beleuchten diese Zeit.
Das hat seinen Grund:
Mit dem Niedergang des Römischen Reiches und den germanischen Eroberungszügen verschwanden beinahe alle Errungenschaften der damaligen Zeit.
Die Infrastruktur !
Die berühmten römischen Fernstraßen, zerfielen ebenso wie der zentrale Verwaltungsapparat und das Handels- und Finanzsystem, Geld als Zahlungsmittel verlor seine Bedeutung und wurde von einer Tausch und Naturalienwirtschaft abgelöst, die allgemeinen Lebens-bedingungen verschlechterten sich rapide.
Die ständigen Invasionen zerstörten praktisch die materielle Kultur, Bürgerkriege und Hungersnöte forderten große Opfer unter der Bevölkerung, die durchschnittliche Lebenserwartung sank rapide ab.
Parallel dazu gelang es der römischen Kirche, ihre geistige Macht auszudehnen und sie nach und nach auch zu einer politischen zu erweitern.
Zwar war es Karl dem Großen gelungen, sich vom Papst 800 zum Römischen Kaiser krönen zu lassen, doch das fränkische Reich zerfiel nach seinem Tod und wurde schließlich 843 unter seine drei Enkel aufgeteilt.
Fehlende Dokumente !
Dem allgemeinen Niedergang weiter Teile Europas entspricht auch der Mangel an schriftlichen Hinweisen und Belegen zur Rekonstruierung dieser geschichtlichen Epoche, weshalb viel Raum für Spekulationen über bestimmte geschichtliche Vorgänge bleibt.
Ein weiteres Beispiel dafür ist die Diskussion um die Existenz Karls des Großen beziehungsweise einer ganzen geschichtlichen Epoche, die beide glattweg bestritten werden, unter anderem mit dem Verweis auf die eher dürftige Quellenlage.
Welche Quellen sprechen nun für, welche gegen die These von der Existenz einer Päpstin mit Namen Johannes Anglicus, genannt Päpstin Johanna ?
Erstmalig erwähnt wird sie in der "Chronica Universalis Mettensis" von Jean de Mailly aus dem 13. Jahrhundert.
Weitere Verbreitung fand die Geschichte aber erst mit der Chronik des Dominikanermönchs Martinus Polonius oder Martin von Troppeau.
Dann gibt es die mittelalterliche Chronik der Äbte von Kempten, in der die besonders blumige Episode mit dem drohenden Engeln erwähnt wird.
Weitere Quellen und Zeugnisse sollen manipuliert oder gleich ganz vernichtet worden sein, so etwa eine Statue der Päpstin in der Kathedrale von Siena, die im 17.Jahrhundert in ein Standbild des Papstes Zacharias umgewandelt worden sein soll; oder mehrere Chroniken, die auf die Existenz einer Päpstin verwiesen.
Ein ziemlich skurriler Hinweis ist die genannte "Stella Stercoria", ein Stuhl, dessen Sitzfläche ausgeschnitten war und auf den sich die neugewählten Päpste ohne Unterwäsche setzen mussten.
Ein Diakon soll sich dann sich von der Männlichkeit des neuen Bischofs von Rom überzeugt und dem Kardinalskollegium berichtet haben.
Diese Zeremonie soll bis ins 16. Jahrhundert hinein praktiziert worden sein, der Stuhl gar befindet sich bis heute noch in Rom.
Die katholische Kirche hätte überhaupt bis in das 17. Jahrhundert hinein die Existenz der Päpstin anerkannt, erst danach im Zuge der Auseinandersetzungen mit der Reformation seien sämtliche Hinweise auf Johanna aus den kirchlichen Schriftstücken getilgt worden.
Tatsache oder Volkssage ?
Schon früh kamen aber auch schon begründete Zweifel auf.
Im 15. und 16. Jahrhundert , also noch bevor die katholische Kirche angeblich alle Hinweise ausgelöscht hatte, wurde als Grundlage der Geschichte eine römische Volkssage aufgeführt.
Weiterhin könnten die ironischen Fähigkei-ten des Volkes ihre Kraft entfaltet haben in Form einer Satire auf den eher weichen Johannes VIII.
Aus der Satire wurde dann im Laufe der Zeit eine "wahre" Geschichte. Schließlich wurde die Erzählung um die Päpstin Johanna in der Zeit der Reformation als Mittel im theologischen und politischen Kampf zwischen Protestanten und Katholiken benutzt.
So diente sie beispielsweise dem tschechischen Theologen und Reformator
Jan Hus als Argument in den Auseinandersetzungen um die Legitimität der päpstlichen Gewalt.
Und in diesen Machtkämpfen wurde auch zu Legenden als Argumentationshilfe gegriffen.
Die umstrittene, weil legendenhafte Handschrift Liber Pontificalis, die sämtliche Päpste von Petrus bis Stephan V. im Jahre 891 auflistet, erwähnt ebenfalls das Pontifikat einer Johanna.
Da es sich bei dem gesamten Werk allerdings mehr um Dichtung denn um Wahrheit handelt, lässt sich am Wahrheitsgehalt dieser Angabe ebenfalls zweifeln.
Zudem finden sich in Ingelheim, der angeblichen Geburtsstadt von Johanna keine Spuren, die auf ihre Existenz hinweisen.
Es gibt also verschiedene Indizien, die tatsächlich auf die Möglichkeit hindeuten, dass es einst eine Frau als Papst gegeben haben könnte.
Allerdings sind Komplott Theorien, also in dem Fall:
Die katholische Kirche hat in einem Akt der Verschwörung alle relevanten Dokumente getilgt, grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen.
In wissenschaftlicher Hinsicht jedenfalls scheint die Geschichte der Päpstin Johanna noch eher eine Angelegenheit des Glaubens denn der gesicherten Erkenntnis zu sein.
Habe ich gefunden, ist ein wenig länger geraten hat aber so finde ich sehr gute Infos über dieses Thema.
Niemals aufgeben !