Meine Theorie für das frühe Aus unserer Mannschaft
Das Unternehmen WM 2018 und Titelverteidigung war im Prinzip schon beendet bevor es überhaupt begann.
Die Gründe :
1.) Maßlose Arroganz und Selbstüberschätzunga.) Seit dem Confed-Cup 2017 hat die deutsche Nationalmannschaft kein überzeugendes Spiel mehr abliefern können und die Warnsignale die sich in den überwiegend schwachen Testspielen angedeutet hatten wurden unterschätzt. Vor der WM sagte Löw das er die Mannschaft bis zum WM-Start hinbekommen wird und man daher die Spiele gegen Österreich und Saudi Arabien nicht überbewerten solle. Die schwachen Auftritte sollen auch am harten Training in Südtirol gelegen haben, und Deutschland sei ja ohnehin eine "Turniermannschaft" die immer dann voll da ist wenn es drauf ankommt.
Löw hat sich geirrt. Er bekam die Mannschaft nicht mehr hin.
b.) Aus kommerziell vermarktungstechnischen Gründen angelegte Irrtümer wie "Best never Rest" und der Twitter-Hastag #Zsmnn wurden zum klassischen Eigentor"Die Besten ruhen nie" war das Dümmste was man sich überhaupt nur hat einfallen lassen können. Verantwortlich war dafür zwar in erster Linie Mercedes, aber der DFB hatte offensichtlich keinerlei Einwände. Wenn man unter maßloser Arroganz und Selbstüberschätzung leidet dann hält man sich halt für das Beste das niemals ruht, kann aber letztlich nur verlieren, ausser man verteidigt den WM-Titel erfolgreich. Falls nicht fliegt einem dieser Unsinn natürlich komplett um die Ohren.
#Zsmnn war der nächste Unfug den sich diesmal der DFB ganz allein ausgedacht hat. Von "Zusammen" ist schon lange nicht mehr die Rede, denn die Kluft zwischen deutscher Nationalmannschaft und den Fans ist so gross wie nie. Das liegt nicht einmal primär an den Leistungen der Mannschaft selbst, sondern daran das die Eintrittpreise für Spiele der Nationalmannschaft so hoch sind wie nie zuvor, das Fans kaum noch Gelegenheit haben persönliche Autogramme zu bekommen von den Spielern (siehe Südtirol), die Fans kaum noch Gelegenheiten haben beim Training zuschauen zu können, und das Fans allein gelassen wurden bei den komplizierten Ticketkäufen für die WM-Spiele der Nationalmannschaft, es sei denn man wurde Mitglied des Fanclubs der deutschen Nationalmannschaft gegen eine Zusatzgebühr von 30 Euro.
c.) Die Gegner werden sich schon nicht wehren weil wir Deutschland sindSeit 2012 verfolgt die deutsche Nationalmannschaft eine Spielphilosphie die man als "kompromisslosen Dominanzfussball" umschreiben kann und welcher letztlich dazu führte 2014 den WM Titel zu gewinnen. Diese sehr ausgeprägte Form des Dominanzfussballs, eine Weiterentwicklung des spanischen "Tikki-Taka´s", ist darauf angelegt Gegner denen man sich überlegen fühlt komplett zu erdrücken in deren eigener Spielhälfte. Oftmals erinnert diese Spielweise eher an Handball als an Fussball, wenn die Mannschaft den Ball immer von links nach rechts und wieder zurück auf die andere Seite um den Strafraum herum spielt während der Gegner mit 10 Mann im oder am eigenen Strafraum zusammengedrückt wird. Gegen Topnationen wie Frankreich, Spanien, Argentinien oder Brasilien ist die deutsche Nationalmannschaft gern bereit auch mal dem Gegner den Ball zu überlassen weil sie diese Gegner respektiert, alle anderen aber respektiert sie nicht. Das hat sich bei dieser WM bitter gerächt, und man ist am eigenen System zu Grunde gegangen weil die Mannschaft unter Löw überhaupt nichts anderes spielen kann als "kompromisslosen Dominanzfussball". Leider haben Löw + Co. nicht erkannt das mit dieser Art von Fussball nichts mehr zu holen ist, weil sie offensichtlich davon ausgingen das sich niemand so richtig wehren würden, dabei wissen alle Gegner längst, auch "die Kleinen", wie man dieses System aushebeln kann, durch überfallartige Konter. Wenn dann dieses System auch noch schlecht umgesetzt wird, dann endet das in einem kompletten Desaster, wie gegen Österreich, Saudi Arabien und auch Mexiko gesehen.
2.) "Erdogate" hat die Mannschaft belastetDas sich Özil und Gündogan, sicherlich auch auf Ratschlag ihrer jeweiligen Berater, kurz vor der WM mit Erdogan fotografieren liessen und dabei die Message "für meinen Präsidenten" in die Öffentlichkeit sendeten schlug hohe Wellen, auch innerhalb der Mannschaft. Es wurden viele Gespräche geführt und dann wurde das Thema abgehakt. So zumindest die offizielle Haltung in der Sache. Das Problem ist jedoch das sich die Mannschaft überhaupt mit diesem Thema befassen musste. Wenn man sich auf eine WM vorbereitet dann muss der Fokus zu 100% auf der anstehenden WM liegen anstatt sich mit solch dämlichen Baustellen befassen zu müssen. Aber was will man machen wenn die Presse dieses Thema ganz gross ausschlachtet ? Da kann man sich als Nationalspieler nur sehr schwer auf Fussball konzentrieren wenn man sich täglich zu diesem politisch geprägten Thema äussern muss gegenüber der Öffentlichkeit.
3.) Die Weltmeister von 2014 waren schlicht und einfach sattDie Nationalmannschaft fuhr mit 9 Weltmeistern nach Russland, 8 davon standen beim 1. Gruppenspiel in der Startelf (ausser Ginter). Der deutschen Nationalmannschaft widerfuhr das gleiche Problem das auch schon Frankreich in 2002, Italien in 2010, und Spanien in 2014 hatten - Sie flogen alle sang und klanglos als Weltmeister in den Vorrunden aus dem Turnier.
Eine WM zu gewinnen ist wie die Besteigung des höchsten Bergs der Welt - Dem Mount Everest. Wer eine WM gewonnen hat der kann keinen höheren Titel mehr gewinnen und nur noch verlieren, es sei denn man verteidigt ihn. Es ist unglaublich schwierig sich für all die Strapazen die man dafür auf sich nehmen muss noch einmal 100% zu motivieren. Man möchte gern, aber man kann oftmals nicht. Da ist mindestens eine unbewusste Blockade im Kopf, die man nicht einfach so bei Seite schieben kann. Letztlich ist es der Wille über seine Grenzen gehen zu wollen, und dieser Wille ist deutlich leichter zu erzielen wenn man sich unbedingt einen Traum erfüllen will. Die 9 Weltmeister im Kader hatten sich vor 4 Jahren diesen Traum bereits erfüllt, dass haben wir dann am Ende auch deutlich in den 3 peinlichen Auftritten bei der WM sehen können. Schnelligkeit, Laufbereitschaft, Organisation, Disziplin, selbstbewusstes Auftreten, Leidenschaft ? Das war alles nicht vorhanden, und das alles ist ein Kopfproblem gewesen, denn die Spieler waren körperlich topfit.
4.) Die gesamte Organisation war unzureichenda.) Schon lange vor der WM kamen hier und dort Zweifel auf ob sich ein "Campo Bahia" in Watutinki wiederholen lassen könnte, denn Watutinki hat nicht einmal im Ansatz etwas mit Campo Bahia zu tun. Es ist nicht warm dort, es gibt keinen Strand, kein Meer, kein überhaupt nichts. Es ist ein seelenloser Plattenbau mitten im Nirgendwo vor den Toren Moskaus. So wurde Watutinki dann auch letztlich nicht zu einer Wohlfühloase sondern nur zu einer "schönen Sportschule" (O-Ton Löw). Zuständig für diesen Standort war Teammanager Oliver Bierhoff der aus rein logistischen Gründen Watutinki auswählte um die Reisen der Mannschaft bis zum Finale in Moskau nicht zu lang werden zu lassen. Auch hier zeigt sich wieder mit welcher Arroganz und Selbstüberschätzung schon das gesamte "Unternehmen WM 2018" angegangen wurde. Man sah sich schon aus Planungssicht erneut im WM Finale.
b.) Sand im Getriebe beim grössten Mitarbeiterstab den jemals eine deutsche Nationalmannschaft mitführte zu einem WM-TurnierDas Team an Trainern, Scouts, Ärzten, Physiotherapeuten, Platzwarten und Mitarbeitern der Medienabteilung war bei dieser WM so gross wie nie, und grösser als bei allen anderen WM-Teilnehmern. Mehr als doppelt so viele Mitarbeiter kümmerten sich rund um die Uhr um das Wohl der 23 Spieler. Zunächst einmal klingt das nach einer tollen Sache, aber es lief offenbar auch einiges schief. Schon beim allerersten Training in Watutinki fasste sich Bundertrainer Löw an den Kopf als er den Rasen des Trainingsplatzes erstmals in Augenschein nahm. Der Rasen war um einige Millimeter zu lang. Der Ball rollte nicht wie er sollte und es bestand erhöhte Verletzungsgefahr. Offenbar hatte es entweder falsche Kommunikation gegeben mit den Platzwarten oder aber niemand kümmerte sich im Vorwege darum. Das bei einem solch grossen Team so ein Fehler erst dann bemerkt wird wenn man auf den Trainingsplatz kommt ist sehr verwunderlich, denn es ist eine Grundvoraussetzung das der Rasen in einem perfekten Zustand sein muss, sonst kann man nicht anständig trainieren. Das die Verantwortlichen der deutschen Nationalmannschaft es nicht hinbekamen einen perfekten Trainingsplatz hinzustellen ist eine weitere Peinlichkeit. Der Rasen musste somit nochmal gemäht werden bevor man optimale Trainingsbedingungen schaffen konnte.
Mitarbeiter der Medienabteilung haben einen Eklat ausgelöst nach dem Siegtor von Toni Kroos beim 2:1 gegen Schweden als einige Herrschaften abfällige Gesten machten gegenüber der schwedischen Bank. Es ist nicht nur eine weitere Peinlichkeit die sich hier ergeben hat sondern ist auch ein weiteres Beispiel für Arroganz und Selbstüberschätzung bei der deutschen Nationalmannschaft, und mangelnden Respekt gegenüber einem Gegner den man als "klein" ansieht.
5.) Die Wurzeln des Scheiterns der deutschen Nationalmannschaft in Russland liegen noch tieferDie deutsche Nationalmannschaft ist das Aushängeschild des deutschen Fussballs. Dahinter kommen die Erstligisten, dann die Profiligisten der 2. und 3. Liga, der Amateurfussball und die U-Mannschaften. Das alles unterm Dach vom DFB, dem grössten Fussballverband der Welt.
Im deutschen Fussball haben wir auf allen Ebenen und Klassen seit Jahren mehrere Probleme die erst jetzt als Probleme gesehen werden, jetzt wo das Kind in den Brunnen gefallen ist bei der höchsten Institution, der deutschen Nationalmannschaft. Davor wurde entweder die Tugend der Ignoranz gelebt oder niemand war in der Lage die Probleme anzusprechen, geschweige denn Lösungen zu finden. Motto : Das läuft schon irgendwie. Das war schon immer so und das wird auch immer so bleiben.
Die Bundesliga leidet seit 6 Jahren unter der totalen Dominanz des FC Bayern. Selbstverständlich ist es nicht die Schuld des FC Bayern das sie hier alles in Grund und Boden spielen, es ist die Unfähigkeit aller anderen Bundesligisten, aber das ist nicht mehr zu beheben. Der FC Bayern ist der Konkurrenz komplett enteilt auf allen Ebenen und auch kommende Saison ist es nur noch eine Frage wann der FC Bayern die 7. Meisterschaft in Folge einfahren wird. Aufgrund dieses Problems kommt den Spielern die Siegesmentalität komplett abhanden. Für die Bayern-Spieler in der Nationalmannschaft ist eine Meisterschaft mittlerweile reiner Alltag und nichts Besonderes mehr, auch müssen sie sich dafür nicht einmal mehr gross anstrengen, und der Rest hat vom Siegen keine Ahnung weil sie ohnehin immer verlieren gegen die Bayern.
Die übrigen Bundesligsten neben den Bayern wollen irgendwie in die Champions League kommen und scheitern dort dann sehr früh, oder sie wollen in die Europa League kommen und scheitern dort am Ende genau so früh, sogar gegen Erstligisten aus Malta und Zypern.
Kurz : Die Bundesliga, ausser die Bayern, ist seit Jahren schon zweitklassig im internationalen Vergleich. Das färbt unweigerlich ab auf die Nationalmannschaft. Nicht speziell die Qualität der Spieler ist hierbei das Problem sondern die Mentalität. Um Weltmeister werden zu können braucht man Siegermentalität. Die ist aber nicht mehr vorhanden. Woher soll die auch kommen ?
6.) Die Mischung aus den "jungen Wilden" und den "Weltmeistern von 2014" passte nichtBeim Confed-Cup 2017 hatten wir eine Nationalmannschaft die allgemein als "Nachwuchs" betitelt wurde. Das war sie natürlich auch, aber unser "Nachwuchs" besteht nicht aus Spielern die gern Hütchen, Tore und Eckfahnen über den Trainingsplatz schleppen während die "Alten" sich in die Sonne legen um auszuspannen. Unser Nachwuchs besteht aus Spielern mit sehr hohen Ansprüchen. Sie wollen sehr gern unsere Weltmeister von 2014 verdrängen und selbst das Kommando übernehmen, doch sie können nicht. Vor dem Turnier waren die Weltmeister von 2014 förmlich unantastbar, und nicht wenige der Nachwuchsspieler werden sich sicherlich gefragt haben was ihr Sieg beim Confed-Cup überhaupt wert war ? Das erste Spiel bei der WM gegen Mexiko zeigte : Nicht viel. Eigentlich überhaupt nichts. Es standen am Ende wieder 8 Weltmeister auf dem Platz.
Unter diesen Voraussetzungen ist es natürlich extrem schwierig sich als "Nachwuchs" hinten an zu stellen, ganz besonders dann wenn die Weltmeister einen einzigen Müll zusammenspielen und beim nächsten Spiel trotzdem wieder auf dem Feld stehen. Müller und Özil sind hier Paradebeispiele, denn diese beiden sind exemplarisch gesehen seit Jahren ausser Form in der Nationalmannschaft.
An unserem, zumindest auf dem Papier gesehen, grössten Nachwuchstalent Leroy Sané kann man sehr gut erkennen wie das aussieht heute. Sané ist ein extrovertierter Spieler der von einem unbändigen Selbstbewusstsein geprägt zu sein scheint. Er wurde zum besten Nachwuchsspieler der Premier League gewählt, und diesen Titel bekommt man nicht einfach mal so per Zufall. Für einen Leroy Sané ist es sicherlich schwierig zu akzeptieren warum ihm ein Julian Draxler auf seiner Position vor die Nase gesetzt wird obwohl Daxler bei Paris Saint Germain praktisch nur Backup ist für Neymar. Natürlich hat Sané noch nie ein richtig gutes Länderspiel gemacht für Deutschland, aber Draxler auch schon seit Jahren nicht mehr.
Das gleiche gilt auch für Ter-Stegen und Goretzka. Beide haben sich beim Confed-Cup 2017 den A..... aufgrissen um den Titel zu holen, und sie waren die Stützten der Mannschaft. Bei dieser WM mussten beide für Neuer und Özil/Müller weichen. Natürlich ist Manuel Neuer Weltklasse wenn er fit ist, aber Ter-Stegen hat die ganze Saison gespielt bei Barcelona während Neuer in der Reha an seinem Fuss gearbeitet hat. Und was soll Goretzka machen, wenn er 2 Weltmeister vor sich hat die sich auf ihren Loorbeeren ausruhen ? Da kann man nicht verlangen das Goretzka urplötzlich die Kohlen aus dem Feuer reissen soll, wenn er ohnehin kein Standing hat im Team.
6.) Die Lufthansa beendete schliesslich angemessen den Fehlschlag des Unternehmens WM 2018 Beim Heimflug nach Frankfurt funktionierten die vorderen Toiletten nicht.
Macfo schrieb:Und vor allem Kroos das 2:1?
DEN Ball zu versemmeln wäre jetzt weder schwer noch auffällig gewesen.
Kroos soll nicht "auf Linie" gewesen sein. Sein Kollege Reus dann wohl auch nicht
:). Beide sollen dann aber noch rechtzeitig vor dem Spiel gegen Südkorea "auf Linie" gebracht worden sein, denn ihre Leistung war in dem Spiel dann genauso unterirdisch wie die aller anderen auch.
Verkorkste VT-Logik halt.
Groucho schrieb:Da jetzt Löw eine Alleinschuld zu geben, oder es an einzelnen Spielern fest zu machen, ist Unsinn. Ich hatte schon früh den Eindruck, dass es in der Mannschaft "nicht stimmt"
Meiner Ansicht nach ist das grösste Problem von Löw seine Dankbarkeit gegenüber den Weltmeistern von 2014 gewesen. Es ist nur natürlich wenn man emotional verbunden bleibt mit den Spielern die einem den grössten sportlichen Erfolg seines Lebens beschert haben. Wer feuert schon gern Angestellte die einem selbst zu Ruhm und Ehre verholfen haben, und zu einer lebenden Legende haben werden lassen die auf ewig in der Sportgeschichte verankert bleiben wird ? Die Özil´s, die Müller´s, die Khedria´s und Boateng´s haben ihn auf eine Stufe gestellt mit Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer. Also da ist es schon schwierig noch objektiv vernünftige Schlüsse ziehen zu können.
Kurz : Mann gewinnt zusammen oder man geht zusammen unter. Auf jeden Fall geht man zusammen, wohin auch immer, ganz besonders als Weltmeister. Löw ist mit seiner Dankbarkeit mit untergegangen.