Hoffmann schrieb:Das hat etwas mit der fehlenden kalten Tropopause zu tun. Wasserdampf konnte wegen der höheren Einstrahlungstemperatur viel höher steigen als auf Erdbahnniveau, geschweige denn Marsbahnniveau. Damit war zugleich ein höherer Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre präsent, weil das Auskondensieren über eine große Höhe hinweg unterblieb. Und Wasserdampf ist ein effektiveres Treibhausgas als CO2.
Die Folge war das Ausufern des Treibhauseffektes
Ähm, Wasser in der Tropopause wird je höher je stärker vom Sonnenwind ionisiert, sodaß der Wasserstoff nur um so schneller entweicht. Der freiwerdende Sauerstoff immerhin könnte eine gewisse Ozonschicht in der unteren Statosphäre erzeugen, mit der eine weitere Ionisierung des Wassers zumindest ausgebremst werden kann. Freilich um den Preis, daß das Wasser dann umso stärker Wärmestrahlung ins All abgeben kann. Das hielte sich dann ja wohl in etwa die Waage. Egal, ob die niedere warme Tropopause ein höheres H2O-Aufkommen aufnehmen kann, dafür weniger Volumen hat, oder ob die kalte, höhere Tropopause mehr Volumen besitzt, aber weniger H2O pro Rauminhalt zu tragen vermag. Andererseits bildet sich die irdische Ozonschicht weitestgehend aus atmosphärischem O2, nicht aus ionisiertem O. Der wird eher ebenfalls abgegeben. Die Venus hatte also beste Chancen, ihr Wasser einfach nur zu verlieren, egal, mit welcher Tropopause, der warmen oder der kalten.
Vor allem aber kannst Du nicht mal eben mit der heutigen Venusatmosphäre argumentieren. Von unserer Erde wissen wir, daß das, was heute so an Gasen über uns wabert, die "Dritte Atmosphäre" genannt wird. Diese ist vor allem biogen wegen des Sauerstoffanteils. Zuvor, ohne Beteiligung des Lebens also, besaß die Erde aber bereits drei andere Atmosphären (Uratmosphäre, Erste und Zweite A.; ok, in der Zweiten war Leben dann schon in der späteren Phase mitbeteiligt). Mit deutlich anderer Zusammensetzung und Gestaltung/Schichtung. Wird bei der Venus nicht anders gewesen sein. Was für eine Tropopause damals existierte, als bzw. bevor die Venus ihr Wasser (weitgehend) verlor - ein wesentlicher Prozeß, der das Entstehen einer anderen Atmosphäre geradezu erzwingt! - das kannst Du nicht mal eben von der heutigen Tropopause ableiten.
Hoffmann schrieb:so dass die Ozeane nach und nach verdunsteten, Kalkstein sich infolge der höheren Temperatur (sowie der zunehmenden Versauerung der noch einfallenden Niederschläge infolge von vulkanischen Schwefelgasen) zersetzte und das freiwerdende CO2 den Treibhauseffekt zusätzlich befeuerte.
Ähm, abiogenes Kalziumcarbonat? In diesen Mengendimensionen? Und dann auch noch chemische Erosion und Freisetzung von CO2
ohne flüssiges Wasser?
Bei uns auf der Erde jedenfalls kam die deutliche CO2-Anreicherung der Zweiten Atmosphäre (die erste hatte nur 5...7%) durch - nanü! - die Ionisierung des hohen atmosphärischen Wassergehalts (Erste A.: um 80%) und weiterer (C-haltiger) Gase zustande.
Hoffmann schrieb:Auf Marsbahnniveau wäre dieses Szenario wahrscheinlich (bzw. fast sicher) nicht eingetreten
Wie Du siehst, ich habe massive Zweifel, daß dieses Szenario überhaupt auf der Venusbahn hätte passieren können.
Hoffmann schrieb:weil a) die UV-Einstrahlung nicht so intensiv gewesen wäre wie auf Venusbahnniveau (damit eine geringere Rate an Wasserspaltung),
Na da kann ich nur sagen: siehe Mars.
Nee, stimmt nicht, ich kann noch mehr sagen. Nämlich daß die unterschiedliche UV-Rate auf Mars- und Venusbahnniveau sich gerade mal um den Faktor 4,44 unterscheidet. Das ist ja nicht wenig, aber auf der anderen Seite nun auch nicht so groß, daß auf der Marsbahn der einzige Unterschied im Gegensatz zur Venusbahn darin besteht, daß Ionisierung und damit Verlust langsamer ablaufen.
Hoffmann schrieb:Da die Venus offenbar mehr Wasser besaß als die Erde heute
Könntest Du das bitte erklären?
Da kenne ich nämlich nur, was dieser freilich arg angestaubte SdW-Artikel besagt; Erde und Venus verfügten prozentual über etw die selben Wassermengen.
Der gegenwärtigen Theorie zufolge wuchsen die beiden Planeten allmählich aus einem Konglomerat kleinerer Himmelskörper, die immer wieder mit anderen zusammenstießen und manche von ihnen anlagerten, auf ihre jetzige Größe an. Durch die Kollisionen gelangten aber auch wiederholt kleinere Materiemassen auf Bahnen, die früher oder später den Weg des jeweils anderen Protoplaneten kreuzten. Darum sollten Erde und Venus vergleichbare Mengen an wasserhaltigem Material angesammelt haben, selbst wenn Wasser im noch jungen Sonnensystem sehr ungleichmäßig verteilt gewesen wäre. Die nahezu gleichen Mengen an Kohlendioxid und Stickstoff auf beiden Planeten bestärken die Vermutung, daß sie anfangs auch über vergleichbare Wassermengen verfügten.
http://www.spektrum.de/magazin/venus-von-pioneer-enthuellt/821597Na wie auch immer. Die Venus-Oberfläche ist arg kraterarm, was auf ein junges Alter von nicht mal einer Milliarde Jahre hindeutet. Entweder liegt das an der Dicke und (wärmebedingten) Flexibilität der Venus-Lithosphäre, sodaß Vulkanismus lange verhindert wird, bis er sich periodisch zum Durchbruch verhindert und dann den ganzen Planeten mit Unmengen von Magma (weitgehend; also außer den granitenen Hochflächen) überdeckt. Oder aber der Magmatismus war ständig massiv und kam erst vor vielleicht ner Dreiviertel Milliarde Jahren zum Erliegen. Beide Szenarien aber würden die dichte Venus-Atmosphäre (samt ihrer Zusammensetzung) und damit auch die hohen Oberflächentemperaturen erklären. Ganz ohne das Zutun der Sonne und des von Dir geschilderten atmosphärischen H2O.
Pertti