Woher kommt die Islamfeindlichkeit in Deutschland?
08.09.2012 um 08:48Woher kommt die Deutschenfeindlichkeit in Deutschland?
"Jude" ist an Berliner Schulen wieder ein Schimpfwort
An vielen Schulen in der Hauptstadt gehört Judenfeindlichkeit zum Alltag. Ein Lehrer berichtet über seine Erlebnisse.
© DPA "Du Jude, du Opfer"
"Du Jude, du Opfer." Dass diese Wörter auf deutschen Schulhöfen wieder zu Schimpfwörtern geworden sind, sollte uns beschämen.
Im Sommer 2010 veranstaltete die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen Workshop, auf dem die Lehrer über ihre Erfahrungen mit deutschfeindlichen Äußerungen von muslimischen Schülern berichten sollten. Für eine linke Gewerkschaft, die bisher immer die Fahne des Multikulturalismus hoch gehalten hatte, war dies eine bemerkenswerte Veranstaltung.
Deprimierend waren die Informationen, die von den Lehrkräften, die an Schulen in sozialen Brennpunkten unterrichten, zusammengetragen wurden: Jungen aus arabischen und palästinensischen Elternhäusern beschimpfen deutsche Mädchen als "scheiß-deutsche Schlampen".
Ihre deutschen Klassenkameraden werden als "Christen" verunglimpft, die "unrein" seien, weil sie Schweinefleisch essen. An der legeren Kleidung der Mädchen lesen sie ab, dass sie "Huren" und "Schlampen" seien. In Neukölln sind solche Hass-Tiraden keineswegs nur das Privileg männlicher Halbstarker muslimischen Glaubens. An einer Schule gab es eine Mädchen-Gang, die die Losung ausgab: "Kopftuch gegen Blond". Das Kopftuch, das bislang nur als Symbol religiöser Identität bekannt war, wurde von ihnen zum Hass-Zeichen gegen deutsche Mädchen umfunktioniert.
Was beim Workshop der GEW nicht zur Sprache kam, war der Hass gegen Juden, der an Schulen mit hohem muslimischem Schüleranteil grassiert. Dabei richtet sich die Verunglimpfung "du Jude" keineswegs gegen wirkliche Juden – diese ziehen es aus Sicherheitsgründen zumeist vor, eine jüdische Schule zu besuchen.
Das Wort "Jude" ist zum allgemeinen Schimpfwort geworden, mit dem muslimische Jugendliche ihren Hass gegen die Gesellschaft oder ihren Selbsthass an vermeintlich Schwächeren abreagieren. Oft wird das Wort "Jude" mit der Vokabel "Opfer" kombiniert. "Du Jude, du Opfer" – gesprochen auf deutschen Schulhöfen. Wer empfindet dabei nicht Scham und Wut.
Kampf gegen Intoleranz und Ignoranz
Vor Kurzem hat sich der verbale Hass gegen Juden in einer schändlichen Gewalttat entladen. Im Schöneberger Ortsteil Friedenau haben vier mutmaßlich arabische Jugendliche den Rabbiner Daniel A. beschimpft, niedergeschlagen und seine kleine Tochter mit dem Tod bedroht.
Dieser Übergriff zeigt deutlich, wie sehr der Hass auf Juden in bestimmten Kreisen der muslimischen Bevölkerung virulent ist. Er wird genährt von Elternhäusern, die ihr Fremdsein in der pluralistischen Kultur unseres Landes mit verstärkter religiöser Identität beantworten. Teil dieser Identität ist der Hass auf das Volk, dem sie den Verlust ihrer Heimat (Palästinenser) oder die Demütigung durch militärische Niederlagen (Araber) anlasten.
Viele dieser Familien zählen zu den Verlierern der modernen Leistungsgesellschaft. Von Sozialtransfers lebend, entwickeln sie kein Selbstwertgefühl, das sich aus der erfolgreichen Teilhabe an einer offenen, freien Gesellschaft speisen könnte. Es ist in der Geschichte der internationalen Migration einmalig, dass eine zugezogene Minorität das Gastland, dem es einen bescheidenen Wohlstand verdankt, verachtet und seine Bewohner beschimpft.
Die Schule könnte der Ort sein, an dem eine Brandmauer gegen Hass, Ausgrenzung und Rassismus errichtet werden kann. Bisher hat man die Zielrichtung der Anstrengung immer nur so verstanden, die benachteiligten Kinder aus muslimischen Familien in das Schulleben zu integrieren. Vielleicht muss man in Brennpunktschulen den Spieß umdrehen und die Wortführer muslimischen Hasses in die Schranken verweisen. Wie das gehen könnte, hat eindrucksvoll die türkische Lehrerin Betül Durmaz beschrieben. Sie unterrichtet an einer Schule in Gelsenkirchen-Neustadt.
In diesem Wohngebiet wohnen fast nur Einwanderer, viele leben von Hartz IV. Ihre Lehrertätigkeit ist zu 80 Prozent Sozialarbeit: Abbau von Aggressivität, Ressentiments und Gewalt. Als Muslimin hat sie gute Karten, bei den Jugendlichen unsere Kultur der Toleranz durchzusetzen, weil ihr kein Schüler vorwerfen kann, sie als "Andersgläubige" umerziehen zu wollen. In ihrem Buch "Döner, Machos und Migranten – Mein zartbitteres Lehrerleben" beschreibt sie, wie sie den Kampf gegen Intoleranz und Ignoranz aufgenommen hat. Sie hat deutsch- und christenfeindliche Äußerungen im Unterricht strikt verboten. Sie verweist störende Schüler konsequent des Raumes, weil die Unterrichtszeit kostbar ist.
http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article108921681/Jude-ist-an-Berliner-Schulen-wieder-ein-Schimpfwort.html
"Jude" ist an Berliner Schulen wieder ein Schimpfwort
An vielen Schulen in der Hauptstadt gehört Judenfeindlichkeit zum Alltag. Ein Lehrer berichtet über seine Erlebnisse.
© DPA "Du Jude, du Opfer"
"Du Jude, du Opfer." Dass diese Wörter auf deutschen Schulhöfen wieder zu Schimpfwörtern geworden sind, sollte uns beschämen.
Im Sommer 2010 veranstaltete die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen Workshop, auf dem die Lehrer über ihre Erfahrungen mit deutschfeindlichen Äußerungen von muslimischen Schülern berichten sollten. Für eine linke Gewerkschaft, die bisher immer die Fahne des Multikulturalismus hoch gehalten hatte, war dies eine bemerkenswerte Veranstaltung.
Deprimierend waren die Informationen, die von den Lehrkräften, die an Schulen in sozialen Brennpunkten unterrichten, zusammengetragen wurden: Jungen aus arabischen und palästinensischen Elternhäusern beschimpfen deutsche Mädchen als "scheiß-deutsche Schlampen".
Ihre deutschen Klassenkameraden werden als "Christen" verunglimpft, die "unrein" seien, weil sie Schweinefleisch essen. An der legeren Kleidung der Mädchen lesen sie ab, dass sie "Huren" und "Schlampen" seien. In Neukölln sind solche Hass-Tiraden keineswegs nur das Privileg männlicher Halbstarker muslimischen Glaubens. An einer Schule gab es eine Mädchen-Gang, die die Losung ausgab: "Kopftuch gegen Blond". Das Kopftuch, das bislang nur als Symbol religiöser Identität bekannt war, wurde von ihnen zum Hass-Zeichen gegen deutsche Mädchen umfunktioniert.
Was beim Workshop der GEW nicht zur Sprache kam, war der Hass gegen Juden, der an Schulen mit hohem muslimischem Schüleranteil grassiert. Dabei richtet sich die Verunglimpfung "du Jude" keineswegs gegen wirkliche Juden – diese ziehen es aus Sicherheitsgründen zumeist vor, eine jüdische Schule zu besuchen.
Das Wort "Jude" ist zum allgemeinen Schimpfwort geworden, mit dem muslimische Jugendliche ihren Hass gegen die Gesellschaft oder ihren Selbsthass an vermeintlich Schwächeren abreagieren. Oft wird das Wort "Jude" mit der Vokabel "Opfer" kombiniert. "Du Jude, du Opfer" – gesprochen auf deutschen Schulhöfen. Wer empfindet dabei nicht Scham und Wut.
Kampf gegen Intoleranz und Ignoranz
Vor Kurzem hat sich der verbale Hass gegen Juden in einer schändlichen Gewalttat entladen. Im Schöneberger Ortsteil Friedenau haben vier mutmaßlich arabische Jugendliche den Rabbiner Daniel A. beschimpft, niedergeschlagen und seine kleine Tochter mit dem Tod bedroht.
Dieser Übergriff zeigt deutlich, wie sehr der Hass auf Juden in bestimmten Kreisen der muslimischen Bevölkerung virulent ist. Er wird genährt von Elternhäusern, die ihr Fremdsein in der pluralistischen Kultur unseres Landes mit verstärkter religiöser Identität beantworten. Teil dieser Identität ist der Hass auf das Volk, dem sie den Verlust ihrer Heimat (Palästinenser) oder die Demütigung durch militärische Niederlagen (Araber) anlasten.
Viele dieser Familien zählen zu den Verlierern der modernen Leistungsgesellschaft. Von Sozialtransfers lebend, entwickeln sie kein Selbstwertgefühl, das sich aus der erfolgreichen Teilhabe an einer offenen, freien Gesellschaft speisen könnte. Es ist in der Geschichte der internationalen Migration einmalig, dass eine zugezogene Minorität das Gastland, dem es einen bescheidenen Wohlstand verdankt, verachtet und seine Bewohner beschimpft.
Die Schule könnte der Ort sein, an dem eine Brandmauer gegen Hass, Ausgrenzung und Rassismus errichtet werden kann. Bisher hat man die Zielrichtung der Anstrengung immer nur so verstanden, die benachteiligten Kinder aus muslimischen Familien in das Schulleben zu integrieren. Vielleicht muss man in Brennpunktschulen den Spieß umdrehen und die Wortführer muslimischen Hasses in die Schranken verweisen. Wie das gehen könnte, hat eindrucksvoll die türkische Lehrerin Betül Durmaz beschrieben. Sie unterrichtet an einer Schule in Gelsenkirchen-Neustadt.
In diesem Wohngebiet wohnen fast nur Einwanderer, viele leben von Hartz IV. Ihre Lehrertätigkeit ist zu 80 Prozent Sozialarbeit: Abbau von Aggressivität, Ressentiments und Gewalt. Als Muslimin hat sie gute Karten, bei den Jugendlichen unsere Kultur der Toleranz durchzusetzen, weil ihr kein Schüler vorwerfen kann, sie als "Andersgläubige" umerziehen zu wollen. In ihrem Buch "Döner, Machos und Migranten – Mein zartbitteres Lehrerleben" beschreibt sie, wie sie den Kampf gegen Intoleranz und Ignoranz aufgenommen hat. Sie hat deutsch- und christenfeindliche Äußerungen im Unterricht strikt verboten. Sie verweist störende Schüler konsequent des Raumes, weil die Unterrichtszeit kostbar ist.
http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article108921681/Jude-ist-an-Berliner-Schulen-wieder-ein-Schimpfwort.html