Noch nachgeliefert, zur Rede von Marko Martin. Hab mir die Rede von Marko Martin noch einmal durchgelesen.
Die Rede ist ja nicht einmal eine Anklage, sondern die Aufforderung, endlich einmal selbstkritisch zurückzublicken; ohne einen solchen Zurückblick kann eine echte Zeitenwende nicht gelingen. Das wurde auch schon oft angeraten, Klingbeil kündigte es an, aber der Bundespräsident ebenso wie die SPD lehnte das dann doch eher ab.
Stattdessen passiert was?
Schriftsteller Marko Martin übte deutliche Kritik an Frank-Walter Steinmeier, der Bundespräsident reagierte ungehalten. Im Interview berichtet Martin, was passiert ist.
Marko Martin beschreibt da im Interview, wie Steinmeier auf die Kritik eines mündigen Bürgers reagiert. Das darf man dann wohl unsouverän nennen. Steinmeier wirft dem Schriftsteller danach in kleiner Runde und durchaus unpräsidial "Diffamierung" vor.
War es eine kalkulierte Provokation? Immerhin versucht der frisch gebackene SPD-Generalsekretär Matthias Miersch den Putin-Freund Gerhard Schröder zu rehabilitieren, auch Frank-Walter Steinmeier hat nie ohne größere Not Fehler in seiner Russlandpolitik eingestanden.
Die Ironie des Ganzen besteht ja darin, dass ich gar nichts besonders Neues gesagt habe. Experten für Osteuropa, wie die Historikerin Franziska Davies, Beobachter aus dem Ausland wie André Glucksmann oder Timothy Garton Ash haben über all die Jahre und Jahrzehnte immer wieder vor Putin und einem aggressiven Russland gewarnt. Sie und viele andere. Aber Steinmeier war einfach blind.
Quelle:
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_100526680/eklat-nach-russland-kritik-steinmeier-ist-wutentbrannt-auf-mich-zugestuermt-.htmlInteressantes und lesenswertes Interview. Und die Rede mit das Beste, was im Schloss Bellevue in den letzten Jahren gesagt worden ist. Nur mit pastoraler Nachdenklichkeit kann eine echte Zeitenwende wohl auch nicht gelingen. Und eine wirkliche Aufarbeitung der Moskau-Connection steht nach wie vor aus.