Zitate, Aphorismen und Lebensweisheiten
05.02.2014 um 00:38Sehr empfehlenswert der Mann und seine satirische Gesellschaftskritik erst. Bald erscheint übrigens sein neues Buch...
DER TRATSCHELOR
Es ist schon äußerst bizarr, daß in einem Land, in dem eine Knappheit an Frauen (im gebärfähigem Alter) herrscht oder genauer gesagt junge Frauen von einer überlegenen Position aus Männer streng selektieren können, solch ein Format wie "Der Bachelor" vom Erfolg gekrönt ist. Nun könnte man vermuten, eben deshalb spiegele die Sendung den Wunschtraum der Männer wider, unter 22 Schönen wie in einem Harem die Begehrenswerteste erwählen zu dürfen, es sich also um die mediale Ausbeutung einer Phantasie von Verzweifelten handle. Doch ebenso darf vermutetet werden, daß dieses Balztheater der paradoxen Art mehrheitlich von Frauen gesehen wird und Männer dafür entweder nur ein scheckiges Lächeln übrig haben oder aber sich primitiv voyeuristisch am Anblick des weiblichen Personals ergötzen – wenn überhaupt. Wie kommt der Erfolg also zustande? Und was ist das Geheimnis des Bachelors?
Zunächst eine kleine Anmerkung zur Frauenknappheit. Es ist gibt dafür zwei Gründe, aber hauptsächlich basiert der mißliche Umstand auf einem mathematischen Effekt. Da in Deutschland schon seit Jahrzehnten wenig Nachwuchs gezeugt wird, liegt es auf der Hand, daß es inzwischen in Relation zur Gesamtheit der männlichen Bevölkerung wenig junge Frauen gibt. Hier jedoch kollidiert die blanke Zahl mit einer evolutionären Gepflogenheit, nämlich mit der, daß Männer als Geschlechtspartnerinnen in der Regel junge Frauen bevorzugen. Umgekehrt bevorzugen Frauen gewöhnlich ein paar Jahre ältere Männer. Wenn die Kohorte der 40er-Männer und die Kohorte der 30er-Männer um die Kohorte der 30er-Frauen konkurrieren, so ist es nur logisch, daß es an dieser Stelle zu einer Knappheit kommt. Selbstverständlich könnten die 30er zu der Kohorte der 20er-Frauen ausweichen. Doch dort erwartet sie die Kohorte der 20er-Männer, die nicht zu der Kohorte der 10er Mädchen ausweichen können. Vereinfacht gesagt wird aus dem Pool der jungen Frauen mehr entnommen, als durch die Zeugung von Mädchen wieder hineingetan wird.
Der zweite Grund der Knappheit liegt an der Zuwanderung, welche bis zu 80 Prozent eine männliche und relativ junge ist. Auch wenn Fernsehbilder stets demonstrativ und unwahrheitsgemäß Einwandererfamilien zeigen, sind es größtenteils Männer zwischen 20 und 40 Jahren, also Männer noch in vollem Saft, die von unserem Wohlstand angelockt werden. Auch in dieser Gruppe entsteht solcherweise ein Männerüberschuß, der sich bei muslimischen Einwanderern noch verschärft, weil diese ihre Frauen für andere Ethnien kaum "rausrücken".
Hierdurch kommt es zu schrägen Verschiebungen zwischen den Geschlechtern. Notgedrungen und notwendigerweise werden zunächst einmal ältere/reifere Frauen begehrenswerter. Diese Beziehungen sind jedoch à la longue zum Scheitern verurteilt, da das Lustauge des Mannes nichtsdestotrotz insgeheim nach jüngeren Frauen schielt und dadurch zwischen den Partnern zu Spannungen und zu einer Dauerunzufriedenheit kommt. Zum anderen schlagen sich Männer, welche nach Ressourcen und Prestige streben, um dadurch ihre Fortpflanzungschancen zu erhöhen, auf die Seite der Frauen, weil die Männer bzw. die Mitkonkurrenten als Verlierer des Spiels betrachtet werden, mit denen sich kein Blumentopf gewinnen läßt. Sämtliche Gesetze, Quotenregelungen, staatliche Arschkriechereien usw. zugunsten der Frauen, die in den letzten zwanzig Jahren von männlichen Entscheidungsträgern abgenickt worden sind, und das auffällige Weichei-Verhalten heutiger junger Männer, das feminin und anbiederisch daherkommt, sind dieser zwar nicht willentlichen, aber "unbewußt" evolutionsstrategischen Denke geschuldet. Der traurigste Effekt dabei ist, daß seitens der Männer durch den Frust eine unterschwellige Verachtung für die Frau entsteht und ein allgemeines Mißtrauen zwischen den Geschlechtern zustande kommt, insbesondere jedoch in Sachen Sex der Nützlichkeitsgedanke um sich greift.
Zurück zu "Der Bachelor". Jeder, erst recht der Zuschauer weiß, daß es sich bei dem Format um eine Trash-Show handelt. Alle Teilnehmerinnen sind in einem professionellen Ausleseprozeß unter 16.000 Bewerberinnen gecastet worden, und selbst der Naivste kann sich denken, daß die 22 Damen, die wie in einem Hühnerstall in der südafrikanischen Villa aufeinanderhocken, um zwischendurch vom Bachelor Christian Tews zu stereotypen Love-Events entführt zu werden, alles andere als verkümmerte Singles sind. Sind sie doch von der Produktionsfirma nicht von Ungefähr vornehmlich nach ihrem Attraktivitätsgrad ausgewählt wurden. Im Gegenteil, es sind außergewöhnlich eloquente Damen, die in ganzen Sätzen sprechen und sich sehr kontrolliert und strategisch geben. Es ist nicht schwer zu durchschauen, daß sie mittels dieser Show weniger einen (vermeintlichen) Traummann abbekommen wollen, sondern vielmehr ihre eigenen Pläne verfolgen, sei es um einen Modellvertrag zu ergattern, sei es um als C-Promi eine kleine Karriere zu starten oder sei es einfach um einen ordentlichen Batzen Kohle zu generieren.
Dennoch entsteht am Ende einer jeden Folge ein Moment der Authentizität bzw. ein nachvollziehbar emotionales Highlight, das, obgleich ebenfalls inszeniert, das Gespielte vergessen macht und "ergreift". An seine Favoritinnen überreicht der Bachelor eine Rose und läßt sie so eine Runde weiterkommen. Da weniger Rosen zur Verfügung stehen, als sich noch Kandidatinnen im Rennen befinden, scheiden die Bewerberinnen, die keine Rose erhalten haben, zum Ende der jeweiligen Folge aus. Dies ist das erschütterndste Bild der Ablehnung für eine Frau, die schlimmstmögliche Kränkung für den XX-Chromosomen-Träger.
Ist es das also, was den Reiz des Formats für das weibliche Fernsehpublikum ausmacht? Die Antwort ist simpel: Nein! Vielmehr kreist das Bachelor-Spiel um etwas noch Urweiblicherem, welches bereits bei Gemeinschaften Höherer Primaten zu beobachten ist: Die Bewertung des Männchens unter Weibchen, einfacher ausgedrückt der Weibertratsch um den aktuellen Kerl. Im südafrikanischen Hühnerstall sind überall Kameras und Mikrofone installiert, welche die Kandidatinnen stets abfilmen und belauschen. Gewiß folgen auch diese Unterhaltungen und Wortwechsel einer ausgeklügelten Regie, vermutlich von weiblichen Psychologen-Teams erarbeitet und vorgegeben. Dennoch wird die Zuschauerin in ein Wie-im-richtigen-Leben-Gefühl hineingerissen, wenn die Damen unter sich sind und über Eifersuchtsdramen stolpern, über den sich daneben benehmenden Kerl ablästern, sich gegenseitig durch Intrigen auszustechen versuchen oder Liebeskummer und Zurückweisung simulieren. Außerdem wird die Inszenierung zusätzlich durch den evolutionär bewährten Hahn-Im-Korb-Effekt gesteigert. Nicht der treue Mann kommt nämlich für die Frau erotischer rüber, sondern derjenige, von dem es heißt, daß er jede kriegen kann und alle schon im Bett hatte. Dadurch braucht das Weibchen nämlich den Sex-Kandidaten in spe nicht selber "auszuprobieren", immer begleitet von der Gefahr, daß sie eine Niete gezogen haben könnte, sondern weiß von vornherein, daß es sich bei ihm um ein Premiumprodukt handelt.
Ja, alles in allem ist "Der Bachelor" eine sehr schöne und lehrreiche Lektion. Klar könnte man anstatt sich so einen Blödsinn anzuschauen auch ein Buch von Thomas Mann lesen. Aber glauben Sie mir, was basale Interaktionen des menschlichen Seins betrifft, steht da auch nix anderes drin.
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