41BrWoDKqgL. SX344 BO1204203200

Kaiser Elagabal nannte sich eigentlich Marcus Aurelius Antoninus, stammte aus Emesa (heute Homs in Syrien), stilisierte sich als unehelicher Sohn Caracallas und damit als Severer, wurde von seiner Großmutter Julia Maesa gepusht, sodass einige Legionen ihn 218 n. Chr. als 14-Jährigen zum Kaiser ausriefen und der Senat ihn bestätigte. Kaiser Macrinus war eh ermordet und die Schwester seiner Großmutter war die Mutter von Caracalla, der dann ein Verhältnis mit seiner Mutter gehabt haben soll. Römische Bonzenfamilie, auch wenn sie aus Syrien stammte.

Also, ein 14-Jähriger, noch dazu Priester des syrischen Sonnengottes Elagabal (der Junge stammte aus einer Priesterfamilie), wird Kaiser, lässt sich in Rom ankündigen und zieht mit dem schwarzen Stein des Sonnengottes Elagabal, der mal ein Berggott war, nach Rom, lässt sich ankündigen und setzt seinen Gott als Obergott in Rom ein. Der junge Kaiser ist beschnitten, isst kein Schweinefleisch und lässt jeden Morgen Stiere und Schafe opfern, deren Blut mit bestem Wein gemischt wird, und in Kleidern syrischer/assyrischer Priester, mit ordentlich viel Schminke im Gesicht, tanzt er zu den Opferungen. Da rümpfen einige alteingesessene Römer die Nasen, obwohl sie eigentlich zunächst froh waren, dass ein Kaiser wieder mal nach Längerem in Rom residierte.

Und so richtig hat er ja auch nicht ins Reich eingegriffen, er führte keine Kriege und es sind archäologisch Zeugnisse erhalten, dass an der Infrastruktur repariert wurde, so auch an Fernverbindungsstraßen.

Aber wirklich wichtig waren ihm (altersbedingt) eigentlich nur Frauen und sein Gott. Letzteren erhob er zum Hauptgott (darum wird der Kaiser auch Elagabal genannt), und er heiratete nicht nur in eine angesehene römische Familie ein, sondern verführte und heiratete auch eine Vestalin (diese Priesterinnen sollten eigentlich im Zölibat leben).

Den Prätorianern und einigen Senatoren ging dieser Teenage-Kaiser offensichtlich gegen den Strich, der junge Kaiser wurde im 18. Lebensjahr ermordet und alle seine Spuren sollten vernichtet werden (damnatio memoriae) - sowas wurde durch Stalin auch bei Trotzki probiert. Was nicht gelang, drei Historiker schrieben (sehr abschätzig) über ihn und die archäologischen Funde (darunter 31 Münzprägungen) sind auch erhalten.

Was ihm neben diesen ziemlich gesicherten Fakten angedichtet wurde, ist nicht belegt, zeigt aber, wie er gesehen wurde:

- Bei den morgendlichen Opferungen wurden auch Kinder geopfert
- Bei Banquetten wurden aus Spaß die Gäste ermordet (in einem Blütenmeer erstickt)
- Auf Besucher wurden wilde Tiere losgelassen (zum Erschrecken, aber manchmal zum Töten)
- Er war schwul und liebte große Gemächte
- Seine Liebhaber erhielten hohe Ämter, wurden aber nach Belieben ermordet
- Eine große Zahl von Senatoren wurde hingerichtet
- Er war so dermaßen androgyn, dass er sich eine Vagina hat operieren wollen (oder hat er lassen?)

So war Elagabal über Jahrhunderte zu den "schlechten Kaisern" gereiht und noch im Vergleich zu Nero ein "brutales Monster". Dann verschwand er in der Geschichte, bis Künstler des Fin de Siecle am Ende des 19. Jahrhunderts bzw. die schwule Kunstszene seit den 1960er Jahren bis heute wieder ausgegraben hat und zu einer Art schwulen Ikone wurde. Icks hat akribisch alle Belege gesucht und gelistet, in denen Elagabal wissenschaftlich oder künstlerisch verarbeitet wurde.

Und wer war dieser Kaiser wirklich? Das lässt sich vermutlich nie mehr rekonstruieren.

Verlagsinfo:
https://www.wbg-wissenverbindet.de/6726/elagabal

Rezension:
https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-18880