Narrenschiffer
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Hugo von Hofmannsthal - Jedermann
07.11.2018 um 21:10Ein Kamel geht ja doch durch's Nadelöhr, so die Botschaft dieses 1911 entstandenen und seit 1920 bei den Sazburger Festspielen aufgeführten Mysterienspiels.
Eigentlich wäre es eine Apologie für egoistischen Reichtum. Der Glaube allein sichert dem reichen Jedermann den Platz im Himmel, nachdem sich angesichts des Todes alle von ihm entfernt haben: seine Geliebte, seine ihn umschwänzelnden Lakaien, sein Mammon. Aber nachdem er sich am Ende zum Glauben bekehrt hat, werden ihn seine kümmerlichen, verstümmelten Werke zum Richterthron Gottes begleiten.
Wenn da nicht ... die letzten Worte des Teufels wären, nachdem er kampflos (anders als im Faust!) Jedermann aufgegeben hat:
Die Welt ist dumm, gemein und schlechtFormal ist es eigentlich sehr steif geschrieben, fast durchgehend in vierhebigen Jamben mit Paarreim und wenigen Enjambements. Aufgelockert ist der Text eher durch die Wortwahl, die in die gehobene Sprache immer wieder mal Umgangssprachliches einstreut.
Und geht Gewalt allzeit vor Recht,
Ist einer redlich, treu und klug,
Ihn meistern Arglist und Betrug.
An die Komplexität eines Ackermann von Böhmen oder gar eines Faust kommt das Stück nicht ran, eher ist es ein Spiegel, der den Reichen vorgehalten werden soll, um auf die "guten Werke" nicht zu vergessen. Passt schon zum Salzburger Festspielpublikum.