@felixkrulllacanianer schrieb:
Ein "einheitliches" Weltbild (auch dieses ist letztlich eine Karte), welches weitergegeben wird, ist erst dann "fertig", wenn entweder ALLE dieses BILD bestätigen oder es sich erweitert, womit dann die Einheit des alten Weltbildes aufgehoben ist.
felixkrull schrieb am 25.06.2009:Ich meinte mit dem einheitlichen Weltbild eines, das auf einen einheitlichen Ursprung rekurriert. Also eine einheitl. "Quelle allen Seins" annimmt im Ggstz. zu einem dualistischen Weltbild, welches sich ja aus der Diversität seiner Ursprünge schon ergibt, welche wiederum ganz folgerichtig auch in (wenigstens) zwei Endpunkte führen.
Hmm hmm, das ist merkwürdig, denn bei mir löst die Vorstellung eines Schöpfers, auch als Quelle allen Seins, mittlerweile auf die unweigerliche Vorstellung, dass diese Art einer Idee den Dualismus schon in sich trägt. Und die abendländische Tradition hat ja in der wissenschaftlichen Ideenentwicklung ähnliche Rückschlüsse gezogen. Als Beispiel sei hier nur einmal Descartes genannt, der ja ganz klar eine Trennung von Körper und Geist behauptet hat. Oder auch in der Philosophie z.B. Hegel (den ich aber in anderen Teilen sehr, sehr hoch halte, etwa in seiner Beschreibung von Dialektik).
Es ist im Grunde nicht verwunderlich, dass die Wissenschaft zu der „Erkenntnis“ gelangte, die Natur sei im Wesentlichen eine Maschine und wenn man nur alle ihre Teile kennt und deren Funktion bestimmen kann, dann wissen man alles, was es zu wissen gäbe. Doch hatten sie immer Probleme mit dem nicht zu leugnenden Ich, aus irgendeinem Grunde hat diese psychische Instanz immer wieder Ärger gemacht und musste weg geschoben werden. Entweder in einen metaphysischen Bereich oder es wurde quasi als Abfall, als bloßes Epiphänomen abgetan (wenn man dies nicht abfällig, also wertend versteht, ist der Ansatz duchaus interessant, passt hier aber gerade nicht hinein).
Die Suche nach Einheit, im Kleinen wie im Großen, die geht natürlich nach wie vor auch in der Wissenschaft weiter. Persönlich gehe ich davon aus, dass ein weiterer Paradigmenwechsel ansteht. Von den Teilen (also der reduktionistischen Analyse, dem Chunk-down, also dem, was in der Geschichte seinen Ausdruck im radikalen Materialismus fand) hin zu einem Verstehen der Zusammenhänge. Die „Teile“ werden nicht mehr als Objekte verstanden, sondern als quasi Knotenpunkte in einem Beziehungsgeflecht welches das mehr bestimmende Element darstellt. Dieser Wechsel findet allerdings schon eine ganze Weile statt und ist in vielen Bereichen längst selbstverständlich.
Bis zur Schlagzeile in der BILD wird’s wohl aber noch etwas dauern
:Dfelixkrull schrieb am 25.06.2009:Eine Karte bleibt das natürlich trotzdem.
„Karten“ sind ja auch nicht verkehrtes, nichts Schlechtes an sich. Wir brauchen „Karten“ um zu Kommunizieren, wir brauchen symbolische Systeme und Netzwerke von Bedeutungszuschreibungen.
Zumindest bis endlich einmal jemand die Telepathie als Schulfach einführt ;P
Nur zu glauben (womit ich jetzt nicht dich meine), man habe so etwas wie einen Sonderzugang zum Source-Code und die Ideen und Erkenntnisse, die man selber anderen mittteilt, seien eben keine Karten, keine Selbst erlebten Sinneseindrücke, Empfindungen, Gedanken und deren Interpretation und Übersetzung bei der Wiedergabe, sondern ein getreues Abbild „der“ Welt „da draußen“ , dies zu glauben (und sei es unbewusst), ist für eine konstruktive Kommunikation tödlich.
felixkrull schrieb am 25.06.2009:Zwei Fragen:
1. Folgert aus dem von dir angenommenem Befund nicht, das selbst eine "einheitl. Feldtheorie"( oder so ähnlich) wie sie NWler (u.a. Hawkins) ja gerade zu erarbeiten suchen solange "nicht einheitlich" wäre bis ALLE ihr zugestimmt hätten?
Nein, definitiv nicht. Selbst wenn es gelingen sollte aus der Relativitätstheorie und der Quantenphysik und Quantenmechanik eine geschlossene Theorie zu entwickeln betrifft dies doch die Physik. Auch so eine Theorie wäre keine Erklärung dafür, warum die Ampel immer rot ist, wenn man es eilig hat oder man sich heißen Kaffee auf die Hose schüttet
;) Diese Theorie würde automatisch für die Menschen gelten, die den bisherigen Erkenntnissen der Physik zu stimmen. Das dies nicht alle tun ist kein Problem, mit dem sich die Physik auseinandersetzen müsste.
felixkrull schrieb am 25.06.2009:2. Wen oder was meinst du mit ALLE? Alle Wissenschaftszweige? Alle Wissenschaftler des betr. Fachgebiets? Alle Menschen? Noch etwas anderes?
Ich meine tatsächlich alle. Wie viele Menschen leben zur Zeit im Schnitt auf diesem schönen Planeten?
http://www.weltbevoelkerung.de/info-service/weltbevoelkerungsuhr.php?navanchor=1010037Und nicht nur Menschen, natürlich alles, was Lebt sollte dazu gezählt werden. Ja, ein einheitliches Weltbild müsste all dies umfassen können. Und es wird ja auch seit Menschengedenken versucht. Schöpfungsmythen der ganzen Welt versuchen dem Menschen zu erklären, wo er her kommt und wie der ganze Rest entstanden ist. Die Wissenschaften (hier wäre es z.B. die Anthropologie) sind eine Fortführung uralter Bemühungen.
felixkrull schrieb am 25.06.2009:Es lässt sich aber ganz "ungeschwurbelt" sagen, das nur, weil ein Modell auch ohne tätigen Gott auskommt, das nicht heißt, das es keinen "impliziten" Gott darin geben kann.
Natürlich heißt es nicht automatisch, dass es keinen Gott geben kann oder darf. Nur ist ein Gott (zumal die verschiedenen Vorstellungen immer in einem historischen Kontext entstanden und in einem sich beständig wandelnden Kontext weiter gegeben und verändert worden sind) eben aus der Sicht eines NWlers nicht im gleichen Maße wahrscheinlich wie es wahrscheinlich ist, dass das wissenschaftliche Bild der Welt „da draußen“ näherungsweise besser hinhaut.
Auf einer logischen Ebene lässt sich Fragen; wenn ich mir nicht vorstellen kann, das diese ganze Welt in ihrer ungeheuerlichen Komplexität und Tiefe durch Zufall entstanden ist (wo von ich nicht ausgehe; diese Aussage: „durch Zufall“ kommt zwar immer wieder, ist aber recht plump und nicht weit durchdacht), ist es dann schlau, sich ein Wesen vorzustellen, welches
a) noch komplexer und unbegreifbar sein muss? Und
b) wie komme ich überhaupt dann auf den Gedanken, dass ich auch nur irgendwas von diesem Wesen verstehen könnte? Bzw. sind es dann Intentionen des Gottes, das er Kontakt mit uns wünscht, oder sind es menschlich Intentionen, die den Menschen davor bewahren können, sich nicht verloren zu fühlen?
felixkrull schrieb am 25.06.2009:Übrigens lässt sich die ganze Evolution nur so "von heute aus" (also nur im Nachhinein) in die Natur "hineinlesen".
Aber ganz selbst verständlich, es geht ja auch nicht darum, die letzte Karte (hihi) auszuspielen und irgendwo angekommen zu sein.
„Angesichts dieser neuen wissenschaftlichen Vorgehensweise stellt sich sofort eine wichtige Frage. Wenn alles mit allem verbunden ist – wie dürfen wir dann jemals hoffen, irgend etwas zu verstehen? Da alle Naturphänomene letztlich miteinander verbunden sind, müssen wir, um irgendeines zu erklären, alle anderen verstehen, was offenkundig unmöglich ist.
Was den systemischen Ansatz dennoch wissenschaftlich fruchtbar macht, ist die Erkenntnis, dass es näherungsweises Wissen gibt. Diese Erkenntnis ist für die gesamte moderne Naturwissenschaft überaus wichtig. Das alte Paradigma beruht auf dem kartesianischen Glauben an die Gewissheit wissenschaftlicher Erkenntnis, das neue Paradigma auf der Einsicht, dass alle wissenschaftlichen Begriffe und Theorien begrenzt und näherungsweise gültig sind." (aus Fritjof Capra, Lebensnetz; Seite 56, erste Auflage 1996)
Daran anschließend beschreibt er ein einfaches Experiment, welches seine Aussage verdeutlicht. Um die Fallgesetze zu demonstrieren lasse man einen Gegenstand fallen. Mit Hilfe einer einfachen Formel aus der Newtonschen Physik lässt sich die Zeit berechnen, die Geschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eben auch der Ort. Allerdings wird hierbei der Luftwiderstand vernachlässigt, das Ergebnis ist also „hinreichend“ genau, es reicht für den Hausgebrauch. Um genauer zu werden, füge man einen Term in die Formel, der den Luftwiderstand berücksichtigt. Das Ergebnis wird etwas genauer, eine weitere Näherung. Nun könnte man, nicht mehr so einfach, aber machbar, die Komponenten Luftdruck und Temperatur mit einbeziehen um noch genauer zu werden. Allerdings wird man ab diesem Punkt davon absehen, NOCH genauer werden zu wollen, denn es ist schlicht nicht möglich für jedes einzelne Fallenlassen alle Luftkonvektionen zu berechnen.
Das dieses „systemische“ Verständnis von Wissenschaft kein allgemeines ist, dessen bin ich mir bewusst, es gibt ja „die Wissenschaft“ eben sowenig wie es „die Religion“ oder „die Theologie“ gibt.
felixkrull schrieb am 25.06.2009:Wir wollen ja bei aller Dezidiertheit nicht unwitzig werden.
Na bloß nicht, Humor ist eins der schönsten Geschenke Gottes
;)felixkrull schrieb am 25.06.2009:Die "theologische Methode" ist ganz klar eine wissenschaftliche.
Das ist gut möglich (ich kann es schlicht nicht bewerten weil ich zu wenig darüber weiß).
felixkrull schrieb am 25.06.2009:Wobei ich gar nicht in Abrede stellen will, das die Theologie z.T. (!) ihre ganz besonderen Schwierigkeiten mit rein rationaler Erkenntnisfindung hat (was nicht an der Methodik, sondern an ihren Anwendern liegt!) oder das die Theologie u.a. daraus folgernd ein bes. Trägheitsmoment besitzt.
Da steht die Theologie aber nicht alleine, auch andere Bereiche (verschiedene Wissenschaftsgebiete) haben auch so ihre Probleme mit der Erweiterung und Veränderung „alter“ Grundannahmen.
felixkrull schrieb am 25.06.2009:Das übliche Gegenargument zur Theologie ist eigtl. ein Argument für sie: Jenes Argument, die Theologie habe keine reale Grundlage, da sie etwas "nur Geglaubtes" behandle- das tut nämlich zunächst und immer wieder JEDE Wissenschaft.
Persönlich habe ich kein Problem mit der Theologie. Allerdings bestreite ich, dass „die“ Welt „da draußen“ ihr Gebiet ist. Ich sehe die Theologie dort, wo das Phänomen „Glauben“ im Menschen auftritt und wie dieses Phänomen in die Geschichte der Menschen die verschiedensten und nicht zu leugnenden Auswirkungen hatte und noch hat.
Man müsste besser aufpassen die Ebenen nicht zu vermischen.
Der Glaube eines Menschen ist zu nächst eine ganz persönliche, sehr intime Sache. Natürlich entwickelten sich die verschiedensten Glaubenssysteme nicht unabhängig von den Kontexten, in denen die Mensch, die diese (weiter-)entwickelt haben, aufwuchsen. Diese Zusammenhänge zu klären und in eine Form zu bringen, die Wachstum und Entwicklung möglich macht, das wäre doch eine lohnende Aufgabe.
Persönlich weiß ich, dass es Gott gibt und zwar im Glauben verschiedener Menschen, die ich kenne. Ein Beispiel. In meinem Umfeld arbeiten einige kroatische Nonnen. Schwer katholisch. Aber sie machen nicht nur gute Arbeit, sie strahlen darüber hinaus auch eine Lebensfreude aus, die den Menschen in ihrer Umgebung gut tut und motiviert und inspiriert. Diesen Frauen würde ich ums Verrecken nicht ihren Glauben nehmen wollen, denn was könnte ich ihnen als Ersatz bieten, was würde in diesen Menschen kaputt gehen? Nein, es ist mir wirklich herzlich egal, wie die Menschen an ihre Power kommen und was sie dafür glauben und wenn es der Mann im Mond ist. Wenn es herzlich und mitfühlend und gewaltfrei ist, ist doch alles fein.
Und das Gott in der Psyche der Menschen eine wichtige Rolle spielt, dass stelle ich nicht in Frage. Zumindest bei denen, die in einer Kultur auf gewachsen sind, in der die Vorstellung eines Gottes präsent ist. Man sollte ja nicht vergessen, dass andere Kulturen auch ohne einen Gott ganz gut auskommen. Das Gewicht dieser Frage (Gott ja / nein) kann man schon daran ablesen, dass es auf beiden Seiten zum Teil sehr emotionsgeladen zur Sache geht. Wobei Emotionen nicht das Problem sind, Emotionen sind immer, sie sind (vielleicht) viel mehr der Schlüssel, um doch mit einander ins Gespräch zu kommen. (Wozu besucht man denn sonst ein Forum wie dieses?)
Etwas ketzerisch könnte ich auch sagen, dass die organisierten Religionen den Menschen im Weg stehen. Und zwar im Weg, selber und ganz persönlich die „Gotteserfahrung“ zu machen. Mir kann es doch egal sein, wie die verschiedenen Menschen diese Erfahrung in ihr Leben übersetzen, welche Worte sie dafür benutzen und welche Wege sie gehen. Aber eigentlich ist ES DER JOB DER KIRCHEN, IHREN GLÄUBIGEN DIE ERFAHRUNG DES ALL-EINEN (oder wie auch immer man diese Art der Erfahrungen nennen möchte) ZU MACHEN (wenn diese es dann wollen, ist klar).
Statt dessen sehe ich, dass diese Erlösung, Befreiung (im monotheistischen Traditionen) oder das Aufwachen, Erwachen, Enlightment (finde ich schöner als Erleuchtung, es hat so eine nette zweite Bedeutung, eben nicht nur Licht, sondern auch „Erleichterung“) in einen jenseitigen Bereich verschoben, aufgeschoben wird. Und genau mit dieser Verschiebung in einen jeseitigen Bereich stellt die Kirch sich letztlich selbst ein Bein.
Man nehme etwa die Masse an Jugendlichen, die Wochenende für Wochenende in Clubs oder auf Goapartys oder sonst wo, mit Hilfe von verschiedensten Drogen und tranceinduzierenden Beats die Grenzen ihrer Egos, ihrer Ichs sprengen und sich in Bereiche der menschlichen Psyche wagen, den ihre Eltern so nicht betreten haben ( es sei denn es waren späte 68er
;) ). Dieses Verhalten allein zeugt von einer enormen Sehnsucht nach Erweiterung. Und natürlich auch von Flucht, da ihre Alltagswelt in der Regel nicht von Sinn erfüllt überquillt.
Diese Jugendlich könnten ganz anders abgeholt werden, wenn ihre Erfahrungen als das, was sie sind, akzeptiert werden würden. Erfahrungen, die man nicht einfach mal so nebenbei macht und dann am Montag wieder der oder die Alte ist, Erfahrungen, die wirklich alles Bisherige in den Schatten stellen können, Erfahrungen auf deren Wegen einige ernst zu nehmende Gefahren lauern.
Doch bevor die verschiedenen Kirchenorganisationen sich mit ihnen unterhalten, wird fest gestellt, dass diese Leute ein Drogenproblem haben (was in den meisten Fällen ja auch stimmt) und es wird sich dann auf dieses „Problem“ gestürzt als sei den Jugendlichen damit geholfen.
Dabei haben die Jugendlichen ein ganz anderes Problem, nämlich diese Erfahrungen in ihrem Lebenskontext sinnvoll ein zu ordnen und letztlich in ihrem Leben Fülle und Freude etc. pp. zu erleben. Deswegen kann man ja immer noch Party machen und Nächte durch tanzen. Nur wenn es zum einzigen Lebens Mittelpunkt wird, wirds gefährlich.
Und was kommt leider häufig dabei heraus? Verwirrte und desorientierte Jungs und Mädels sind da noch die harmloseste Variante (wobei es auch Ausnahmen gibt).
Das soll jetzt nur ein kurzes Beispiel sein, wo ich echtes Versagen der Kirchen sehe, wo die Kirche ihrer Aufgabe, wie ich sie verstehen könnte, einfach nicht nach kommt.
Das an solchen Stellen auch andere Systeme versagen (Familie, Schule, Politik) oder auch schlicht überfordert sind versteht sich von selbst, oder?
Dem Gedanken sollte man aber ruhig nahebleiben, denn die Frage: Will Evolution irgendetwas? - ist im Zusammenhang dieses Threads sicher eine Schlüsselfrage.
Natürlich „will“ die Evolution etwas. Nicht im Sinne einer Teleologie und eines immanenten Endzieles und schon gar nicht im Sinne eines mit dem menschlichen Wollen vergleichbares.
Was man aber feststellen kann ist, das Evolution einerseits etwas einmal bewährtes zu erhalten versucht, also sehr konservativ ist und andererseits immer wieder Neues hervorgebracht hat, also die bisherigen Grenzen transzendierte und anderes erschuf, also ungemein kreativ und innovativ ist.
Ob die Evolution
etwas Bestimmtes will? Habe ich so meine Zweifel, aber wie die mögliche Antwort auch ist, Tatsache ist, wir sind hier und lebend kommt hier keiner raus. Also, was machen wir daraus?
So, und jetzt lese ich erst mal, was seit dem geschrieben wurde
;)lg