@Labor-Ratte @allHallo!
Labor-Ratte schrieb:Mich würde mal interessieren aus welchen Gründen du bei deiner Grafik die Formen 2 und 4 durchstreichst obwohl wir Fossilfunde von Vertretern dieser Form haben? Abbildung 2 kommt in Form von Dromaeosauriden vor und Form 4 in Form des Archaeopteryx.
***Ich habe sie nicht deshalb durchgestrichen, weil es sie als Lebensformen nicht gegeben hat, sondern weil sie gemäß der Grafik als "Bindeglieder" zwischen Theropoden und Vögeln in eine interpretierte Evolution eingereiht wurden.***
Diese Eingliederung ist zwar Teil einiger Hypothesen zur Entstehung der Vögel, aus den Theropoden, allerdings ist diese Hypothese alles andere als bewiesen.
Ich poste dir hierzu einmal einen Artikel, der die fraglichen Elemente behandelt und aufzeigt.
Nach diesem Artikel gilt es nicht einmal als gesichert, dass die angeführten Dinosaurier TATSÄCHLICH befiedert waren, da die Abdrücke fälschlich als Federn interpretiert werden könnten.
Gefiederte Dinosaurier – eine Fehldeutung?
von Reinhard Junker
Studium Integrale Journal
13. Jahrgang / Heft 1 - Mai 2006
Seite 33 - 34
„Dinosaurier sind Vögel“ – auf diesen kurzen Nenner bringen viele Paläontologen ihre Überzeugung, daß die heutigen Vögel von kleinen zweibeinigen Raubdinosauriern aus der Gruppe der sogenannten Theropoden abstammen. Für manche Wissenschaftler ist die langjährige Kontroverse um die Vorläufer der Vögel mittlerweile im wesentlichen endgültig abgeschlossen. Nachdem die Dino-Vogel-Theorie ab Mitte der 1970er Jahre durch Arbeiten von John Ostrom zunehmend Anhänger fand, war sie Mitte der 1990er Jahre bereits eindeutig Mehrheitsauffasung, als in Unterkreide-Schichtfolgen Chinas erstmals Dinosaurier entdeckt wurden, die federartige Anhänge besaßen. Die Deutung der Feder-Natur war zunächst umstritten, setzte sich aber aufgrund weiterer Funde weitgehend durch. Entsprechend wurde dies als glänzender Beleg für die Dino-Vogel-Theorie gewertet.
Es gab jedoch immer auch eine Minderheit unter den Ornithologen und Paläontologen, die sich dieser Sicht nicht anschlossen, sondern die Vogelvorfahren unter anderen Reptilgruppen suchten und die Abstammungsverhältnisse als nicht geklärt betrachteten. Einige ihrer Einwände wurden in der letzten Ausgabe von Studium Integrale Journal kurz vorgestellt (Junker 2005). Nun veröffentlichten Alan Feduccia, Theagarten Lingham-Soliar und Richard Hinchliffe im Oktober 2005 eine ausführliche Studie, in welcher sie die Deutung der Dino-Federn und sogenannten Protofedern ernsthaft in Frage stellen. Außerdem befassen sie sich ausführlich mit einem weiteren noch immer umstrittenen Befund: der Dinosaurierhand, deren Bau nicht als Vorstufe zur Vogelhand passe (dazu ist ein eigener Beitrag in der nächsten Ausgabe von Studium Integrale Journal geplant).
Abb. 1: Zwei Beispiele für die Lagen von Filamenten von Sinornithosaurus. Die blaue Fläche soll den vermuteten Umriß in der Deutung als Körperanhang wiedergeben. Diese Deutung wird von Feduccia et al. in Frage gestellt. (Nach Xu et al. 2001)
Abb. 2: Feduccia et al. verdeutlichen ihre Auffassung, daß die Kollagenfasern durch den Zerfallsprozeß verschiedene Positionen einnehmen können, mit der zufälligen Anordnung von Stäbchen bei einem Wurf eines Mikado-Spiels. Einige Stäbchen zeigen eine „Verzweigung“, die der Anordnung von Integumentstrukturen der zerfallenen Haut von Ichthyosauriern und theropoden Dinosauriern ähnelt. (Nach Feduccia et al. 2005)
Schon vor einigen Jahren veröffentlichte Lingham-Soliar (2003) experimentelle Ergebnisse von Studien zum Zerfall von Delphinhaut und zeigte, daß die dabei entstehenden Strukturen auffallende Ähnlichkeiten mit den federartigen Gebilden an der Peripherie einiger Dinosaurierfossilien aufweisen. Nun wurden Studien an Zerfallsstadien von Geweben des Integuments (Körperbedeckung) verschiedener heute lebender Reptilienarten durchgeführt. Diese besitzen komplexe Muster von Kollagenfasern in der Haut. Im Zustand des Zerfalls gleichen sie auffallend den fossilen Überresten der vermeintlichen sogenannten „Protofedern“. Die Autoren halten es daher für wahrscheinlich, daß es sich bei den „Dino-Federn“ um Reste eines Faser-Netzwerks handelt, welches das Integument der Dinosaurier verstärkte. Der Zerfall der Haut führe demnach zu Mustern, die den fossilen „Protofedern“ gleichen.
Die Deutungen der Integumentstrukturen einiger Theropoden als Federvorstufen halten die Autoren für weitgehend spekulativ, etwa die Interpretation, daß Helligkeitsunterschiede der größeren Stukturen bei Sinosauropteryx darauf schließen lassen, die Fasern seien hohl gewesen (im Sinne der Vorfeder-Theorie) (Feduccia et al. 2005, 134). Die Feder-Natur der Anhänge von Sinosauropteryx war im übrigen schon immer umstritten (s. z. B. Peters 2001, 399; Benton 1998, 303; Wellnhofer 1998, 133). Aber auch die auffälligen V- oder Y-förmigen Verzweigungen der Fasern bei Sinornithosaurus (Abb.1) spreche nicht für ein einfaches Vorfeder-Verzweigungsmuster, denn es gebe auch „+“- und „X“-förmige Konstellationen der Fasern, die mit dieser Deutung unvereinbar sind. Feduccia et al. vergleichen die verschiedenen Positionen der Fasern bei den Fossilien mit den unterschiedlichen Konstellationen von Stäbchen eines Mikado-Spiels, die teilweise auch V- oder Y-Formationen annehmen (Abb.2).
Im Gefolge ihrer Kritik an der Vorfeder-Deutung der Integument-Strukturen hinterfragen Feduccia et al. auch das Modell zur evolutiven Federentstehung nach Prum & Brush (2003). Demnach sollen Federn zunächst als hohle Fasern begonnen haben, welche mit dem ersten Federfollikel (Einsenkung in die Haut) entstanden sei. In weiteren Schritten soll es zu büscheliger und gefiederter Verzweigung gekommen sein. Verschiedene Stadien fossiler Dino-Federn sollen die einzelnen Stationen dieses Modells belegen.
Sollten Feduccia et al. mit ihrer Kritik an der Interpretation der „Vorfedern“ richtig liegen, würde das Modell zur Federentstehung von Prum & Brush einen wichtigen Pfeiler verlieren. Die Autoren besprechen die fossilen Belege der fünf Stadien dieses Modells und halten die ersten drei nicht für überzeugend. Vielmehr fehlen nach ihrer Auffassung irgendwelche strukturellen biologischen Belege für die Existenz von Protofedern bei den Dinosauriern der Unterkreide vollständig (Feduccia et al. 2005, 146). Die Körperanhänge von Caudipteryx, die das vierte Stadium repräsentieren könnten, sind aufgrund verschiedener anatomischer Merkmale dieser Gattung eher als Rückbildungen denn als Vorstufen zu betrachten – eine Deutung, die auch von anderen Forschern als wahrscheinlicher betrachtet wird (Wellnhofer 2002, 474; Peters 2002, 349). Das heißt insgesamt: Für die Stufen des Modells von Prum & Brush gibt es keinerlei überzeugende fossile Belege, wenn Feduccia et al. recht haben.
Feduccia et al. kritisieren dieses Modell darüber hinaus, weil es funktionelle Aspekte nicht berücksichtigt. Dazu kommt, daß das Stadium 2 des Federentstehungsmodells – büschelige daunenfederartige Verzeigung – in einem evolutionären Kontext keinen Sinn macht. Daunenfedern sollen als Wärmeisolation eine evolutive Vorstufe von flugtauglichen Federn gewesen sein. Doch Kreaturen, die nur Daunenfedern besitzen, nützen diese wenig, da die Isolierungswirkung bei Nässe verloren geht. Dauenfedern sind daher nur dann effektiv, wenn sie unter wasserabweisenden normalen Federn liegen bzw. bei Jungtieren, die von den Muttertieren geschützt werden. Eine Körperbedeckung nur mit Daunenfedern bei ausgewachsenen Tieren ist daher unangepaßt und kann sich nicht selektiv durchsetzen.
Feduccia et al. vergleichen schließlich „vorfederartige“ Strukturen bei Reptilgattungen, bei denen keine Verwandtschaft mit den Vögeln vermutet wird, und stellen ähnliche Strukturen wie bei den Theropoden-Dinosauriern fest, was deren Belegcharakter für Federvorstufen weiter in Frage stellt. Darauf haben früher auch andere Autoren verschiedentlich hingewiesen (vgl. Wellnhofer 2002, 474; Mayr et al. 2002, 361).
Das stratigraphische Problem.
Die „gefiederten“ Dinosaurier werden allesamt auf mindestens 25 Millionen Jahre jünger datiert als der älteste echte Vogel Archaeopteryx. Dieser aber besaß Federn, die denen heutiger Vögel im Wesentlichen gleichen. Angesichts der Häufigkeit der Funde in der Unterkreide und des Fehlens vergleichbarer älterer Formen ist die unpassende fossile Abfolge ebenfalls ein Argument gegen die Vorfedernatur der Dinofossilien aus der Unterkreide."
http://www.si-journal.de/index2.php?artikel=jg13/heft1/sij131-5.htmlGruß, Tommy