So, nun will ich endlich mal die letzte Gruppe "vierfüßiger Landlebewesen mit Wirbelsäule" vorzustellen, die noch keine "Landwirbeltiere", also "Tetrapoden" sind. Oder Eotetrapoden, wie ich sie in Abgrenzung zu den "echten", den Eutetrapoden nannte.
Nach den Whatcheeriiden, die mit Pederpes den ersten richtigen Landleber hervorbrachten, und den Colosteiden, fehlt jetzt nur noch eine Gruppe, die Baphetiden. Baphetidae. Es geht los mit
BaphetesOriginal anzeigen (0,5 MB)Original anzeigen (0,2 MB)Das Foto zeigt einen knapp über 30cm langenSchädel von Baphetes kirkbyi, die unteren Graphiken den etwas weniger als 30cm langen Schädel von Baphetes planiceps. Leider gibts kein Lebensbild, dafür aber find ich das Auge in den unteren Bildern ansprechend, mir das Tier vorzustellen.
Immerhin gibt es von dieser Gattung gleich mehrere Arten. Es sind sogar mehr als zwei:
Baphetes kirkbyi; 318-311; Schottland
Baphetes minor; 318-315; Nova Scotia
Baphetes orientalis; 311-307; Tschechei
Baphetes planiceps; 315-307; Nova Scotia
Gleich mit Angabe des Alters in Millionen Jahren sowie des Fundortes. Es wurden noch zwei weitere Arten beschrieben, Baphetes bohemicus und Baphetes lintonensis. In Artenlisten zu Baphetes taucht stets nur entweder B. orientalis oder B. bohemicus auf, nie beide zusammen. Deswegen vermute ich, daß Baphetes bohemicus entweder eine alternative Bezeichnung ist oder später zu Baphetes orientalis wegen zu geringer Unterschiede zugeschlagen wurde.
LoxommaLoxomma und Baphetes ähneln einander in vielen Merkmalen, nur daß der Schädel von Loxomma deutlich "krokodiliger" wirkt, länger und schmaler. Jedenfalls als Knochen.
Auch Loxomma kommt gleich in mehreren Arten vor.
Loxomma acutirhinus; 315-311; Schottland
Loxomma allmanni; 336-326; Schottland
Loxomma lintonensis; 311-307; Ohio
Loxomma rankini; 318-315; Schottland
Die Baphetiden wurden ursprünglich Loxommatiden genannt, bis man erkannte, daß auch Baphetes eng mit Loxomma & co. verwandt ist, aber basaler als diese ist.
MegalocephalusOriginal anzeigen (0,2 MB)Und wieder mehrere Arten:
Megalocephalus pachycephalus; 318-315; Nordengland
Megalocephalus brevicornis; 318-307; Schottland
Megalocephalus lineolatus; 311-307; Ohio
Warum diese Gattung Megalokephalus, Riesenkopf, heißt, will mir nicht recht einleuchten. Loxomma-Schädel wurden bis 25cm lang, die von Baphetes z.T. über 30cm. Ist doch alles eine Größenordnung.
KyrinionVon Kyrinion ist nur eine Art bekannt, Kyrinion martilli. Er lebte irgendwann vor 318 bis 307 Millionen Jahren im Gebiet des heutigen Nordengland, wo sein knapp 30cm langer Schädel gefunden wurde.
Damit gehörten sämtliche Baphetiden mit bis zu 1,50 m zu den größten Landlebewesen des Karbon und bildeten mit anderen die Spitzenprädatoren ihrer Zeit. Alle Baphetiden lebten wie es scheint bevorzugt im Wasser, sodaß ihre Hauptbeute Fische gewesen sein dürften. Überhaupt scheinen sämtliche landbewohnenden Tetrapoden des Karbon Fleischfresser bzw. Insektenfresser gewesen zu sein. Erst unter den Seymouriamorpha , einer echten Tetrapodengruppe, die entweder kurz vor der Entstehung der Amnioten abzweigte oder auch erst danach und dort als echte Amnioten den Synapsiden nahestanden - erst unter den fünf bekannten Seymouriamorpha-Gattungen sind drei nachweislich Pflanzenfresser gewesen. Die Gruppe trat bereits im ausgehenden Karbon auf, aber die pflanzenfressenden Gattungen sind erst ab dem einsetzenden Perm bezeugt.
SpathicephalusSpathicephalus, ein wahrlich passender Name, "Spatenkopf". Die Unmengen an Zähnen waren zu klein für eine Jagd auf Wirbeltiere, daher nimmt man an, Spathicephalus hätte sich von Weichtieren, Wirbellosen ernährt. Die Gattung ist mit zwei Arten belegt, mit Spathicephalus mirus aus Schottland und Spathicephalus pereger aus Nova Scotia. Beide lebten vor ungefähr 326...313 Millionen Jahren. Trotz des ungewöhnlichen Kopfes und der Zähne steht die Gattung den Baphetidae sehr nahe. Sie wurde als basale Form der Überfamilie Baphetoidea den Baphetiden beigeordnet.
DoragnathusDoragnathus woodi, die einzige Art dieser Gattung, wurde in Schottland in 326 bis 318 Millionen Jahre alten Schichten gefunden. Leider nur ein Kiefer. Der aber ähnelte dem deutlich größeren Kiefer von Spathicephalus so sehr, daß man Doragnathus anfangs für eine juvenile Form von Spathicephalus hielt. Doch fand man späterauch Fossilien eines Jungtieres von Spathicephalus, ohne daß der Kiefer nun die Doragnathis-Besonderheiten besaß. Immerhin dürfte Doragnathus mit Spathicephalus eng verwandt sein.
Doragnathus steht auch Occidens recht nahe.
SigourneaSigournea multidentata ist nur von einem Unterkeifer her bekannt. Auch Sigournea weist Ähnlichkeiten mit Spathicephalus und auch mit Doragnathus auf. Andererseits weist Sigournea auch eine deutliche Nähe zu Greerpeton auf, also zu den Colosteiden. Während Doragnathus wenigstens in die Nähe der Baphetoiden gehören dürfte, ist die Stellung von Sigournea weit unklarer.
Die einzige Art ist aus 335 Millionen Jahre alten Schichten aus Iowa belegt.
EucrittaKennt jemand den Film "The Creature From The Black Lagoon"?Ich kenn ihn nicht, aber in den USA ist es ein Klassiker um ein amphibisches humanoides Gruselwesen. Diesem Klassiker ist Eucritta melanolimnestes gewidmet. Gefunden wurde es in besonders schwarzen Schieferschichten eines ehemaligen Teiches oder Sumpfes. Hätt vielleicht auch ne Lagunse sein können. Jedenfalls wurde das gewundene Wesen "die echte Kreatur von der schwarzen Lagune" genannt, Eucritta melanolimnetes. Anders als der Rest ist "critta" nicht griechisch, sondern eine lautmalerische Wiedergabe des in US-Umgangsenglisch ausgesprochenen "creature".
Eucritta wird ebenfalls zu den basalen Baphetoiden gerechnet, weist auf der anderen Seite aber auch Merkmale der Kronengruppen-Tetrapoden auf, weswegen die Gattung auch als enger Verwandter des Stammvaters der Kronengruppen-Tetrapoden (Eutetrapoda) angesehen wurde. Mittlerweile werden beide Bezüge von Eucritta aber infragegestellt.
AntlerpetonDie einzige Art dieser Gattung, Antlerpeton clarkii, ist aus frühkarbonischen (340-326 Millionen Jahre) Schichten Nevadas bekannt. Er besaß ein robustes Becken und Hinterextremitäten für gute Fortbewegung an Land. Die Wirbelsäule ist noch recht primitiv. Antlerpeton lebte in Küstenbereichen, in Mündungen, womöglich sogar in Meerwasser. Eine Zuordnung zu anderen verwandten Gatungen ist nicht möglich.
**********
Damit wäre eigentlich alles zu den Nochnicht-Tetrapoden des Karbons gesagt, den Stammtetrapoden oder Eotetrapoden, wie ich sie nannte. Natürlich nicht wirklich alles, denn in der Forschung ist weit mehr über sie bekannt. Aber eine genaue Analyse von Foramina, Humeri und Occipitalbögen oder was es sonst noch an für den Fachmenschen interssanten Details gibt, die aber dem Laien nichts sagen, eine solche Darstellung der Analyse auch des winzigsten Knochenfragmentes wäre hier dann doch zuviel des Guten.
In dem Sinne wäre jetzt also alles gesagt zu den Eotetrapoden des Karbon.
Wenn nicht vor zwei Jahren eine gezielte Erkundung von karbonischen Schichten aus der Epoche des Tournay, der untersten Schichtserie des Karbon, die der Romer-Lücke entspricht - wenn diese Erkundung nicht fünf neue Gattungen aus der Zeit der Romer-Lücke zutage gefördert hätte. Diese fünf Gattungen, zugleich fünf Spezies, haben völlig neue Erkenntnisse erbracht, sie haben neue Stammbaum -Rekonstruktionen ermöglicht und einige alte Erkenntnisse umgeworfen. Doch dazu ein andermal.