Ilex paraguariensis Mateteestrauch
Familie: Aquifoliaceae (Stechpalmengewächse); Tribus Iliceae
Formen und Unterarten: Diese sehr variable Art läßt sich nur schwer in Varietäten, Formen oder Unterarten abgrenzen (HÖLZL und OHEM 1993: 508). Gelegentlich wird die wilde Mate als Ilex paragiiariensis var. genluna bezeichnet. In Rio Grande do Sul (Brasilien) werden drei Varietäten unterschieden: var. talo roxo (»roter Stengel«), var. tnlo brnnco (»weißer Stengel«) und var. piriquita. Botanisch wird die Art in drei Varietäten gegliedert: Ilex pdragitariensis ST.-HIL. var. pnragiiarietisis Ilex paragiiariensis ST.-HIL. var. sincorensis LOES. Ilex pnragiiarietlsis ST.-HIL. var. vestitn (REISS.) LOES.
Synonyme: Ilex bonplandiana MUENTER Ilex bonplandiana MÜNTER Ilex congonhas LIAIS Ilex ciirtibensis MIERS Ilex ciirtibetisis MIERS var. gardneriana MIERS Ilex dottiestica REISS. Ilex gongotiha MARTIUS Hex tricita ST.-HIL. Ilex inate ST.-HIL. Ilex parcigiinietisis LAMB. Ilex parngitdiensis UMGER Ilex paragitahnsts ENDLICHER Ilex paraguariensis D. DON Ilex ptiiagiin3,etisis HOOK. Ilex parngitayensis MORONG et BRITT. Ilex pnrngitayiensis Ei). WINKLER Ilex paragiiayriensis BONPL. Ilex paragitensis D. DON Ilex sorbilis REISS. Ilex theneznns BONPL. Ilex t11eezatis BONPL. Ilex i,estita REISS. Rhanunis quitensis SPRENG.
Volkstümliche Namen: Caä (Guarani »Blatt«), Caächiri, Caä-cuy, Caäcuyo, Caä-guazü, Caaguagu, Caüna, Caunina, Congoin, Congoinfe, Congonha (Brasilien), Congonhas, Congoni, Erva mate, Grünes Gold, Herba da Bartholomei, Herva-Mate, Jesuiten-Teestrauch, Jesuitentee, Kaä, Kaä-Mate, Mate, Mate, MatePalme, Matepflanze, Mathee, Matte, Palo de yerba mate, Paraguay tea, Paraguay-Tee, Südseetee, Yerba, Yerba mate, Yerba mate, Yerbabaum, Yerva de palo
Geschichtliches: Mate wird wahrscheinlich schon seit Jahrtausenden in Südamerika als Genußmittel und Ritualdroge verwendet. In Peru (Andenraum) sind in präkolumbianischen Gräbern Mateblätter entdeckt worden. In Nordargentinien wurden indianische Gräber mit silbernem Trinkgeschirr gefunden. Die Guaraniindianer benutzten Mate auch im Schamanismus. In der frühen Kolonialzeit hat man versucht, die Indianer zu versklaven, was allerdings bald durch die Könige von Spanien untersagt wurde. Daraufhin pferchten die Jesuiten die Indianer in Reservate und zwangen sie dazu, Mateplantagen anzulegen und so Teil der Geldwirtschaft zu werden. Im Gedenken an diese »großartige Leistung« christlicher Nächstenliebe wurde Mate zunächst unter dem Namen » Jesuitentee« bekannt (SCHRÖDER 1991: 102*). In Argentinien und Paraguay werden Matebäume auch von Nichtindianern seit 1606 kultiviert (SANTOS BILONI 1990: 1960. In Brasilien ist Mate zum Symbolbaum des Estado de Rio Grande do Sul erklärt worden. Der Arzt und Botaniker Aime Bonpland (1773-1858), einer der Reisebegleiter Alexander von Humboldts, beschrieb die Mate liefernde Pflanze im Jahre 1821. Ihr gültiger botanischer Name wurde der Pflanze erst ein Jahr später verliehen.
Verbreitung: Der echte Matestrauch kommt ausschließlich in Südamerika, zwischen dem 20. und 30. südlichen Breitengrad vor. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über Gebiete in Paraguay, Nordargentinien, Uruguay, Brasilien und Bolivien (HÖLZL und OHEM 1993: 508).
Anbau: Mate war ursprünglich ein Unterholzgewächs der ausgedehnten Araukarienwälder. Heute stehen die Matepflanzen oft frei, da die großen Wälder stark abgeholzt wurden. In Argentinien wird Mate in großem Stil in Plantagen (yerbatales) angebaut. Der Hauptlieferant für Mate ist jedoch Brasilien. Im Plantagenbau wird der Strauch auf 2 bis 5 Meter Höhe gehalten. Die Ernte findet alle zwei Jahre in den Monaten zwischen Mai und September statt. Die Vermehrung geschieht durch Samen, ist aber recht schwierig, da man mit einer sechsmonatigen Stratifikation rechnen muß: »Die Verbreitung besorgen Vögel (Fasanenarten). Die Samen werden von ihnen aufgepickt, und auf dem Weg durch Magen- und Darmtrakt wird die harte Außenschale des Samens so weit zerstört, daß er - wieder ausgeschieden - keimen kann. Legt man den Samen unvorbereitet in die Erde, kann der Keim die Schale nicht durchbrechen und verfault im Boden. Die Jesuiten lösten das Problem auf ihre Weise: sie mischten den Samen unter das Hühnerfutter!« (SCHRÖDER 1991: 104*) Der Matebaum bevorzugt Schwemmlandböden; tonige und kalkige Böden verträgt er nicht. Der junge Baum ist schnellwüchsig und kann erstmals nach 3 bis 6 Jahren abgeerntet werden. Bei der Ernte können bis zu 95% der Blätter (samt Zweigen) vom Baum genommen werden. Der Baum ist 50 bis 60 Jahre produktiv.
Aussehen: Der immergrüne Baum mit meist heller Rinde wird 15 bis 20 Meter hoch und hat eine länglichovale Krone. Die wechselständigen Blätter können 6 bis 20 cm lang werden, haben einen gesägt-gekerbten Rand, eine lederartige Oberfläche und sind auf der Oberseite dunkelgrün, auf der Unterseite hellgrün. Die büscheligen Blütenstände sind achselständig und haben 40 bis 50 Blüten mit vier- bis fünfblättrigen Kelchen. Die rötliche Steinfrucht ist rund und bildet 4 bis 8 Samen aus. Die Bäume blühen im (südamerikanischen) Frühjahr, d.h. von Oktober bis November. Neben den meist rein männlichen Pflanzen kommen auch weibliche, sogar zweihäusige Blüten vor (SCHRÖDER 1991: 103*) Mate kann manchmal mit Ilex aquifolium L. verwechselt werden, da beide Arten variabel sind und so eine erstaunlich ähnliche Erscheinung annehmen können. Ilex aqiiifolium enthält aber kein Koffein und ist deshalb keinesfalls als Mateersatz brauchbar (HOLZL und OHEM 1993). In Argentinien kommt der recht ähnliche Palo de Yerba (Ilex argentina LILLO; syn. Ilex tucunianensis SPEG.) vor. Seine Blätter wurden früher als Mateersatz getrunken (SANTOS BILONI 1990: 37*). In Chile heißt eine Pflanze [Citronella rriucronata (R. et P.) D. DON] aus der Familie Icacinaceae yerba mate de Chile (MÖSBACH 1992: 90*).
Droge: Blätter (Mate folium, Folia mate, Mate) Der aus den Blättern hergestellte Tee wird Matetee, Jesuitentee, Missionstee, Paraguaytee, Paranatee, St. Bartholomew's tea, Mate, The du Paraguay, Chimarräo, Erva Mate oder Yerba Mate genannt. In Südamerika werden folgende Arten als Ersatz oder Verschnitt für die echte Mate verwendet: Ilex brevicuspis REISS., Ilex conocarpa REISS., Ilex dumosa REISS., Ilex microdonta REISS, Ilex pseiedobuts REISS. und Ilex theezaris MART. (HÖLZL und OHEM 1993: 508). In Bolivien hält man Coussarea hydrangeaefölia BENTH. et HOOK. (Rubiaceae) für die echte Mate (HARTWICH 1911: 4520.
Zubereitung und Dosierung: Die frisch geernteten Blätter und Zweige werden zunächst kurz stark erhitzt, damit sie ihre grüne Farbe behalten (bei langsamem Trocknen werden sie schwarz), dann entweder getrocknet, geschwelt oder über einem Holzfeuer geröstet bzw. in einem Metallzylinder weiter erhitzt (sogenannte Zapekierung, »Schwelen«). Heute kommen verschiedene industrielle Verarbeitungsverfahren zur Anwendung. Die fertig getrockneten und gerösteten Blätter werden pulverisiert oder fein zerkleinert in den Handel gebracht. In Europa unterscheidet man grüne und braune Mate (auch geröstete Mateblätter oder Mate folium tostum). Mate hat einen herben, rauchigen, leicht zusammenziehenden Geschmack. Als normale Einzeldosis gelten 2 g getrocknete Blätter auf eine Tasse oder einen Becher Wasser. Die Blätter werden mit dem heißen, nicht sprudelnden Wasser übergossen und 5 bis 10 Minuten ziehen gelassen. Die Wirkung kurz gezogener Aufgüsse ist stimulierender, doch auch Kaltwasserauszüge sind schmackhaft und stimulierend (SCHRöDER 1991: 103 ). In Südamerika wird Mate fast immer mit einem Saugrohr (borfibillca) aus Kürbisgefäßen bzw. -flaschen, den sogenannten cnias, getrunken. Das Matepulver (chirfiarrön wird in die Flasche gefüllt und mit heißem Wasser übergossen. Wenn die Flüssigkeit abgesaugt ist, wird über die bereits benutzten Blätter neues Wasser gegossen. Dieser Prozeß kann mehrfach wiederholt werden und hat zu einem ritualisierten Mategenuß geführt. Meist wird Mate ungesüßt getrunken. Manchmal wird der Saft von Limonen oder Zitronen zugesetzt. In Paraguay wurde Mate meist süß getrunken. Die Guaraniindianer süßten den Tee mit den getrockneten und zerbröselten Blättern der Süßstoffpflanze Stevia rebaudiana (BERTONI) HEMSL. (Compositae), die keine Zucker, sondern süß schmeckende Diterpene enthält (KÖNIG und GOEZ 1994: 791, SOEJARTo et al. 1983: 9). Die Guarani nennen die Stevia-Pflanze kaci hee, »süßes Kraut«, wobei kaä gleichzeitig der Name für den Matebaum ist (SCHRÖDER 1991: 1020.
Rituelle Verwendung: In vielen indianischen Legenden wird der Baum als eines der wichtigsten Gewächse, die der Schöpfergott erschaffen hat, dargestellt. In der Kolonialzeit vertraten die Spanier die Meinung, daß es Santo Tome (der heilige Thomas) war, der den Indianern Baum und Getränk gebracht hat. Die Guarani und Caingang verehrten Mate als magische Pflanze, da sie ihnen den Kontakt zur übernatürlichen Welt vermitteln konnte. Sie glaub(t)en, daß im Matebaum ein Geist namens Ka'a Yary lebt, der die fleißigen und artigen Arbeiter beschützt, diejenigen aber, die nicht an die Pflanzenseelen glauben, bestraft (CADOGAN 1950, SCHADEN 1948). Die anregende Wirkung der Mate wurde von indianischen Schamanen im südlichen Südamerika entdeckt. Sie tranken starke Dekokte zur Stimulation und zur Erregung der für nächtliche Rituale notwendigen Wachheit. Schon in präkolumbianischer Zeit hat sich das rituelle Matetrinken bei den Indianern herausgebildet. Man saß im Kreise zusammen und reichte ein Gefäß mit Mateblättern, übergossen finit heißem Wasser, herum. Die Stimulation wurde gemeinschaftlich genossen und zum Erzählen von Geschichten genutzt. Im heutigen Südbrasilien, Paraguay und Nordargentinien (Chaco) gehört das gemeinsame Matetrinken in allen Gesellschaftskreisen zum täglichen Leben, wie in England der Fünf-Uhr-Tee (vgl. Camellia sinensis) oder das nachmittägliche Katkauen im Jemen (vgl. Catha edulis).
Artefakte: Bei den mit Mate zusammenhängenden Artefakten handelt es sich praktisch ausschließlich um die zum Trinken verwendeten Gegenstände, vor allem die cuia (Kürbisgefäß) und die bombilla (Saugrohr). Die cuia wird heute oft aus reinem Silber geschmiedet, ist aber immer noch meist der natürlichen Gestalt des Flaschenkürbis nachgebildet. Das Saugrohr ist in der Regel schlicht gestaltet; die besten sind aus Silber gefertigt.
Medizinische Anwendung: In Argentinien ist es unter Indianern üblich, praktisch alle medizinischen Heilkräuter in Matetee einzunehmen (FILIPOV 1994: 1821. Allgemein gilt Mate in den Herkunftsländern als magenstärkend, wird bei Rheuma, Fieber und als Pflaster bei Geschwüren verwendet (Hö LZL und OHEM 1993: 51 1). Die Männer der Makaindianer (Chaco, Paraguay) stellen aus Mate und dem Penisknochen des Nasenbären (Naslta nasua, Procynidae) durch Aufgießen mit heißem Wasser ein Aphrodisiakum her (ARENAS 1987: 285f.*).'", Als Kaltwasserauszug heißt das Getränk tererc. Gegen Magenbeschwerden wird ein Tee aus Mate und der Rinde der Tabebllia caraiba (MART.) BUR. gekocht (ebd.: 293). In der Homöopathie findet unter der Bezeichnung »Prinos verticillatus« eine Essenz aus der Rinde der nah verwandten Art Ilex verticillata (L.) A. GRAY Verwendung (SCHNEIDER 1974 11: 1930. Ansonsten werden »Mate hom. HAB34« oder » Ilex paraguariensis hom. HPUS88« entsprechend dem Arzneimittelbild u.a. bei Verdauungsschwäche eingesetzt (HÖLZL und OHEM 1993: 511). In Europa wird Mate vor allem bei Schlankheitskuren und als Fastengetränk verwendet. Durch die stimulierende Wirkung und den relativ hohen Vitamingehalt ist sie geradezu ideal, um Fastenkuren zu unterstützen.
Inhaltsstoffe: In den Blättern sind 0,4 bis 1,6'/o Koffein, 0,3 bis 0,45%b Theobromin und Spuren von Theophyllin enthalten (vgl. Theobroma cacao). Die Blätter enthalten neben den Purinen, Vitamin C, 0,01 bis 0,78 % ätherisches Ö1, eine enzymatische Substanz, Caffeoylchinasäuren (Chlorogensäuren 3,5-, 4,5- und 3,4-Dicaffeoylchinasäure, Neochlorogensäure, Kryptochlorogensäure), Flavonoide (Isoquercetin, Kämpferolglykoside, Rutosid), Saponine, Menisdaurin sowie einige Phenole (HÖLZL und OH EM 1993 ).
Wirkung: Mate hat eine stimulierende, erregende Wirkung, die Körper und Geist erfrischt. Bei hohen Dosierungen kann es zu euphorischen Gefühlen bei klarer Wachheit kommen. Meist wird der Appetit unterdrückt. Die Wirkung von Mate ist nicht identisch mit der Koffeinwirkung, da sie durch mindestens drei Wirkstoffe (Koffein, Theobromin, Chlorogensäure) bestimmt wird. Nebenwirkungen oder unerwünschte Effekte sind nicht bekannt (HÖLZL und OHEM 1993: 511). Von den Guaranischamanen wird berichtet, daß sie mittels reichlichen Mategenusses in hellsichtige Trancen verfallen konnten.
Marktformen und Vorschriften: Mate ist weltweit eine legale Droge und überall frei verkäuflich. Die in Argentinien übliche Handelsform sind zermahlene Blätter rnit Stücken der Stengel (La 11(11a elaborada con palo). In Deutschland wird Mate auch in Teebeuteln angeboten. Dabei handelt es sich meist um geröstete Mate, die mit Arornastoffen versetzt wurde. Neuerdings gibt es auch Teebeutel, die neben Mate noch Guaranä (Paullinia cupana) enthalten. Nach DAB86 sollen die Mateblätter mindestens einen Koffeingehalt von 0,6% aufweisen (HÖLZL und OHEM 1993: 510). Der im Handel erhältliche Matetee wird gelegentlich durch verwandte Arten verfälscht (Ilex brevicttspis REISS., Ilex (Ittttlosa REISS var. guaraiuna LOESS.) (SANTOS BILONr 1990: 196* ).
Erhaltungszustand: Potenziell gefährdet
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