War Krishna Jesus?
04.01.2013 um 17:18
Ein weiterer in Relation zur gesamten Reihe des Magazins kleiner, aber interessanter Ausschnitt:
Die Gnostiker
Während zahlreiche Aussagen in den Nag Hamadi Schriften, die Jesus zugeschrieben werden, so klingen, als ob sie von Heiligen aus Indien verfasst worden wären, so ist doch der meiste Stoff in die charakteristischen Worte der Gnostiker gekleidet. Die Gnostiker sind mystisch veranlagte Juden und Christen, die ihre Blütezeit in den Jahrhunderten vor und nach Jesus hatten. Das Wort “gnosis“ ist mit dem Sanskritwort “jñana“ verwandt, das die lebendige Erfahrung des göttlichen Wissens bedeutet. Heutzutage jedoch würden die gnostischen Anschauungen die meisten Christen und Juden schockieren.
Für die Gnostiker stellten die Geschichten der jüdischen Torah (die ersten fünf Bücher der christlichen Bibel) ein großes Problem dar. In der Torah steht zum Beispiel geschrieben, dass Gott den Baum der Erkenntnis und den Baum der Unsterblichkeit in den Garten Eden pflanzte und Adam und Eva verbot, davon zu essen. Er warnte die anderen Götter, die Elohim, davor, dass wenn die Menschen von den Früchten der Bäume probierten, sie Allwissenheit und ewiges Leben erlangen würden. Sie wären dann göttlich wie Gott selbst und dies müsse um jeden Preis verhindert werden.
Die Gnostiker jedoch spürten, dass ein guter Gott diese göttlichen Gaben den Menschen nicht vorenthalten würde. Daraus schlossen sie, dass der Gott des Alten Testaments ein bösartiges Wesen sein müsste, dass die menschlichen Seelen in der von ihm geschaffenen Welt der Materie gefangen hielt. Um die Macht über sie zu behalten, so glaubten sie, musste er sie daran hindern, ihre wahre Natur zu erkennen, die besagt, dass sie göttliche Wesen aus dem Königreich des Lichts sind, das die Welt der Leiden zu transzendieren vermag, in welcher er sie zu versklaven beabsichtigte. Diese Alternative zur Genesis des Alten Testaments findet man in den Nag Hammadi Schriften "Über den Ursprung der Welt" und "Das Wesen der Archonten."
Die Gnostiker glaubten ebenfalls, dass jenseits des Schöpfergottes das wahre höchste Sein liegt, einer Existenz von der Gott nichts ahnt, weil er durch sein gewalttätiges Temperament und seine Eifersucht geblendet ist. Es war dieses höchste Wesen, so behaupteten sie, welches Christus in der Gestalt einer Schlange auf die Erde sandte, um Adam und Eva aus dem Garten Eden zu erretten! Mit anderen Worten, es war Christus, der Eva (gemäß der Gnostiker war Eva spirituell weiter entwickelter als Adam) in Form einer Schlange erschien und sie aufforderte, vom Baum der Erkenntnis zu essen. Aber Gott bemerkte was geschah und warf Adam und Eva aus dem Garten Eden hinaus, noch ehe sie eine Chance hatten, auch vom Baum des ewigen Lebens zu essen. Weil Gott sie hinderte, den zweiten Baum zu erreichen, ist die Menschheit bis heute dem Tod unterworfen.
Wie konnten diese frühen Christen die Schlange im Garten Eden mit Jesus Christus gleichsetzen? War die Schlange etwa nicht Satan? Die Gnostiker wiesen darauf hin, dass Jesus "weise wie eine Schlange" war und an einem Baum hing, genauso wie die Schlange im Garten Eden. Sie bemerkten auch, dass Moses eine Schlange aus Messing an einem Pfahl anbrachte, um das Leben der Israeliten zu retten, als diese in der Wüste von Krankheiten heimgesucht wurden. Dies ist ebenfalls ein Hinweis darauf, dass die Schlange im Garten Eden den Erlöser meint. Kurzum, die Gnostiker glaubten, dass sie den böswilligen Schöpfergott, der uns in der Welt der Materie gefangen halten möchte, ablehnen müssen, und sich statt dessen dem höchsten Sein im Königreich des Lichts zuzuwenden, dem wahren Vater von Jesus und natürlich auch von uns.
Hierbei gibt es erstaunliche Parallelen zwischen dieser phantastischen Version der Bibel und den alten Legenden Indiens. Obwohl es in Indien viele tausend Tempel für Götter wie Vishnu, den Bewahrer und Shiva, den Zerstörer gibt, sind für Gott Brahman, den Schöpfer, nur ganze vier Tempel übrig geblieben. Der Schöpfer wird deshalb nicht mehr angebetet, weil er, gemäß der Legende, von Shiva für seine bösen Gedanken und Taten verflucht wurde. Viele Mythen erzählen zudem folgendes: wenn Yogis nach Befreiung streben, dann steigt Indra, der Gott des Donners und Blitzes, vom Himmel herab und behindert die Anstrengungen der Yogis. Der Grund hierfür liegt darin, dass Indra eifersüchtig ist und befürchtet, dass die Yogis seinen Platz im Himmel einnehmen könnten. Hier finden wir also eine Parallele zum Buch Genesis, worin die Befürchtung Gottes zum Ausdruck gebracht wird, Adam und Eva könnten Allwissen und Unsterblichkeit erlangen.
Die Gnostiker wie auch die Yogis, glauben, dass es nicht ausreiche lediglich zu behaupten ein Anhänger Jesu zu sein, um dann darauf zu warten, nach dem Tod in den Himmel zu kommen. Statt dessen müsste der einzelne sich selbst läutern, um Gnosis zu erreichen: sprich die Erfahrung des Wissens um die göttliche Wirklichkeit. Nur dann ist es möglich, den unglücklichen Nach-Tod-Zuständen und einer etwaigen Reinkarnation auf der Erde zu entkommen. Die christlichen Gnostiker unterscheiden sich jedoch von der yogischen Tradition dadurch, dass sie davon ausgehen, Jesus sei das einzige göttliche Sein, dass aus der Sphäre des Lichts auf die Erde herabstieg, um die Menschheit zu erretten. Er war und ist für sie der einzige Weg zur Erlösung. In den yogischen Schriften jedoch, versprechen beide, Gott und Göttin, zu jeder Zeit und an jedem Ort zu inkarnieren, wenn sie nur aufrichtig angerufen werden. In der Tradition des Yoga gibt es keine Gruppe von "Auserwählten", weil keiner von der göttlichen Gnade ausgeschlossen ist.