Hiroichi schrieb:Ja , sowas funktioniert aber nur in den hochzivillisiertesten Kulturen.
wenn die kulturen anfangen zu zerfallen , dann werden die systeme missbraucht und verfallen.
unterdrückung leid und elend sind die folgen.
Sehe ich auch so, ja! Das erinnert mich an folgendes:
Erich Fromms Gesellschaftskritik - ca. 1950 in Märchen, Mythen, Träume:
"Die Frage ist jedoch, ob es die ganze Wahrheit ist und ob nicht die negativen Elemente im Einfluß der Gesellschaft an dem Paradoxon schuld sind, daß wir in unseren Träumen nicht nur weniger vernünftig und anständig, sondern auch intelligenter, klüger und urteilsfähiger sind als im wachen Zustand. Tatsächlich hat die Kultur nicht nur einen wohltätigen, sondern auch einen schädlichen Einfluß auf unsere intellektuellen und moralischen Funktionen. Die Menschen sind voneinander abhängig und brauchen einander. Aber die Geschichte der Menschheit wurde bis zum heutigen Tag von einer entscheidenden Tatsache beeinflußt, daß nämlich die materielle Produktion nicht ausreicht, um die berechtigten Bedürfnisse aller Menschen zu befriedigen. Der Tisch war immer nur für ein paar von den vielen gedeckt, die sich zum Essen setzen wollten. Die Stärkeren suchten sich ihren Platz zu sichern, und das bedeutet, daß sie anderen ihren Platz wegnehmen mußten. Wenn sie ihre Mitmenschen so geliebt hätten, wie Buddha oder die Propheten oder Jesus das forderten, dann hätten sie ihr Brot mit ihnen geteilt, anstatt ohne sie Fleisch zu essen und Wein zu trinken. Aber da die Liebe die höchste und schwierigste Leistung der Menschheit ist, kann man den Menschen keinen Vorwurf daraus machen, daß die, welche sich an den gedeckten Tisch setzen und die guten Dinge des Lebens genießen konnten, mit den anderen nicht teilen wollten und daher versuchen mußten, diejenigen, die ihre Privilegien bedrohten, in ihre Macht zu bekommen. Diese Macht war oft die Macht des Eroberers, die physische Macht, welche die Mehrheit zwang, sich mit ihrem Los abzufinden. Aber die physischen Machtmittel standen nicht immer zur Verfügung und reichten oft nicht aus. Man mußte auch Macht über die Seelen der Menschen gewinnen, um sie davon abzuhalten, ihre Fäuste zu gebrauchen. Diese Macht über das Denken und Fühlen war unentbehrlich, wenn die wenigen sich ihre Privilegien erhalten wollten.
Bei diesem Prozeß erlitten die wenigen jedoch einen ebensolchen seelischen Schaden wie die vielen. Der Gefangenenwärter wird fast ebenso zum Gefangenen wie der Gefangene selbst. Die »Elite«, die diejenigen beherrscht, welche nicht »auserwählt« sind, wird zu Gefangenen der eigenen restriktiven Tendenzen. So werden Geist und Seele der Herrschenden wie die der Beherrschten von ihrer wesentlichen humanen Aufgabe abgelenkt, menschlich zu fühlen und zu denken, sich der Kräfte der Vernunft und der Liebe, die dem Menschen innewohnen, zu bedienen und sie weiterzuentwickeln, da der Mensch ohne deren volle Entfaltung ein Krüppel bleibt. Bei diesem Ablenkungs- und Entstellungsprozeß wird der Charakter der Menschen verdorben. Ziele, die im Widerspruch zu den Interessen des wahren humanen Selbst stehen, treten in den Vordergrund. Die Liebeskraft erlahmt, was dazu führt, daß man Macht über andere zu gewinnen sucht. Die innere Sicherheit geht verloren, und man sucht einen Ausgleich, indem man leidenschaftlich nach Ruhm und Ansehen strebt. So verliert der Mensch sein Gefühl für Würde und Integrität und sieht sich gezwungen, sich in eine Ware zu verwandeln und seine Selbstachtung von seiner Verkäuflichkeit, seinem Erfolg abhängig zu machen. All das führt dazu, daß wir nicht nur lernen, was recht ist, sondern auch, was falsch ist; daß wir nicht nur hören, was gut ist, sondern ständig unter dem Einfluß von Ideen stehen, die dem Leben schaden.Das gilt für einen primitiven Stamm, in dem strenge Gesetze und Gebräuche Macht über die Seelen ausüben, aber es gilt ebenso für unsere moderne Gesellschaft, die angeblich von jedem strengen Ritualismus frei ist. Die Beseitigung des Analphabetentums und die Ausbreitung der Massenmedien haben kulturellen Klischeevorstellungen einen ebenso großen Einfluß verschafft, wie dies in einer kleinen Stammeskultur mit ihren außerordentlich starken Restriktionen der Fall ist. Der heutige Mensch ist fast ständig irgendwelchem »Lärm« ausgesetzt, dem Lärm von Radio und Fernsehen, von Schlagzeilen, Reklamen und Filmen, die uns meist nicht klüger machen, sondern im Gegenteil verdummen. Wir sind lügnerischen Rationalisierungen ausgeliefert, die sich als Wahrheit ausgeben, und schierem Unsinn, der sich als gesunder Menschenverstand oder als die höhere Weisheit der Spezialisten tarnt, heuchlerischem Gerede, intellektueller Trägheit und Unaufrichtigkeit, die je nachdem im Namen der Ehre die Stimme erheben oder sich als »Realismus« ausgeben. Wir fühlen uns zwar dem Aberglauben früherer Generationen und der sogenannten primitiven Kulturen überlegen, aber man hämmert uns ständig genau die gleiche Art von abergläubischen Ansichten ein, die sich als letzte Entdeckungen der Wissenschaft aufspielen. Ist es da verwunderlich, daß das Wachsen nicht nur ein Segen, sondern auch ein Fluch ist? Ist es verwunderlich, daß wir im Schlaf, wenn wir mit uns allein sind, wenn wir in uns hineinblicken können, ohne dabei von dem Lärm und Unsinn gestört zu werden, die uns tagsüber umgeben, besser in der Lage sind, unsere wahrsten und wertvollsten Gefühle zu spüren und Gedanken zu denken"
Eine hochentwickelte, psychologische wissenschaft, die imstande ist, das potential, die seelenessenzen des menschen zu schauen, und die entwicklungsmöglichkeiten vorauszusehn.
Dann würde kaste keine kaste mehr sein, sondern optimale schule.
Auch hier möchte ich Dir zustimmen
:)Hier noch etwas zur Spiritualität:
"Spiritualität hat mit tatsächlicher Erfahrung zu tun, nicht mit blossen Glaubensinhalten.
Mit "Gott" als den Grund des Seins und nicht mit einer kosmischen Vaterfigur
Mit dem Erwachen zum wahren Selbst und nicht mit Gebeten für das kleine " Ich "
Mit Bewusstseinsschulung, und nicht mit weihevollen Moralisieren über Unzucht und Völlerei
Mit dem Geist, der in jedem Herzen zu finden ist, und nicht mit etwas, das in dieser oder jener Kirche getan wird"
Ken Wilber, aus : "Mut und Gnade"