Glaube ich richtig?
29.11.2009 um 14:51
Ich glaube, wir glauben alle nicht richtig...
Ich weiß nicht wo ich meine Gedanken hinpacken soll, vielleicht hätte ich es auch in "Liebe und Frieden" schreiben können oder in "Parallelen zwischen Islam und Christentum"...
In Anbetracht dessen, dass sich die Gemüter der jeweiligen Religionen immer wieder ziemlich erhitzen, wenn es um Glaubensfragen geht, wo man eben nicht der gleichen Ansicht ist, bin ich inzwischen der Ansicht, dass wir alle nicht richtig glauben.
Statt Liebe und Frieden, entsteht Hass, Zwietracht und Krieg. Statt Gemeinsamkeiten zu suchen, gräbt man lieber immer wieder die Unterschiede aus der Mottenkiste und reitet dogmatisch auf seinen religiösen Prinzipien herum. Und das auf allen Seiten gleichermaßen. Das ist das, was ich sehe.
Wenn ich jetzt Gandhi wäre, würde ich mal wieder in den Hungerstreik treten... Also es macht mich echt traurig, das wollt ich mal sagen !
Egal was man sich anguckt, ob es nun um den "Bau von Minaretten" geht, oder um "Integration" um "Drogen im Islam" oder um "Alkohol im Christentum" oder um "Die Stellung der Frau im Islam und Christentum" ... Es ist immer das gleiche - es verlagert sich eben nur von einem Thema zum anderen...
Ich habe auch wenig Lust, mich noch an diesen Themen großartig zu beteiligen, weil es am Ende immer nur darauf hinausläuft, dass man gegenseitig mit dem Finger auf die Fehler der anderen zeigt, immer das schlechte bei den anderen hervorhebt und sich selbst mit seiner Religion besonders hervortun will als etwas besseres, schließlich wird alles zerfetzt und dann bleibt nur noch die Schließung des Threads... Was aber auch nichts nützt, bis wieder jemand einen anderen Thread aufgemacht hat, wo das ganze Spielchen wieder von neuem anfängt und sich hochschaukelt...
Ich gucke es mir natürlich aus meiner christlichen Perspektive an und damit bin ich auch schon nicht mehr neutral und unbefangen. Aber ich meine, wenn ich sehe, dass hier Muslime immer mehr in den Westen, der eindeutig christlich geprägt war und immer noch ist, drängen und dann sagen: Wieso esst ihr eigentlich Schweinefleisch, das ist doch verboten von Allah... Wieso trinkt ihr denn Alkohol, das ist doch im Koran verboten... Wieso laufen eure Frauen denn nicht mit Kopftuch herum, das müsstet ihr nach der Bibel doch genauso tun wie wir... Da frag ich mich dann schon: Und was macht ihr dann hier?
Das gleiche würde man auch die Christen in islamischen Ländern fragen, wenn die daherkämen und sagen würden: Wieso lebt ihr hier eigentlich ganz anders als wir das tun? ... Ihr müsst doch so leben wir wir...? Warum müssen andere sich nach den Glaubensvorstellungen anderer richten? Weil immer der eigene Glaube natürlich nur der allein wahre und richtige sein kann? Weswegen der Glaube der anderen natürlich dann nur falsch sein muss, klar... Das ist doch keine Lebensgrundlage für ein echtes friedliches Miteinander, oder?
Wir leben hier eben etwas freiheitlicher. Da ist eigentlich Platz für (fast) jeden. Und ich habe auch nichts dagegen, wenn Muslime einen anderen Lebensstil haben und diesen hier leben wollen. Genauso wenig wie ich etwas dagegen habe, wenn Juden einen anderen Lebensstil pflegen und diesen hier leben wollen. Da habe ich auch nichts gegen. Nur was die anderen machen und wie sie leben, das ist dann ebenso deren Sache.
Glaube ich richtig, wenn ich nur mit meinen eigenen Glaubensüberzeugungen überall herum laufe und den anderen vorwerfe: Ihr macht alles falsch, ihr müsstet nämlich so und so glauben...? Glaube ich richtig, wenn mein Glaube zum Dogma wird und der Glaube des anderen als ein feindliches Element angesehen wird, dass weder toleriert werden darf, noch als Gleichberechtigt daneben stehen darf? Glaube ich richtig, wenn von Nächstenliebe die Rede ist und man nicht richten soll und dann überall und ständig über die Glaubensansichten anderer herfalle? Glaube ich noch richtig, wenn der Glaube zum alleinigen Maßstab aller Dinge erhoben wird und ich alles und jeden nur danach bewerte und beurteile, wie es meine Religion sieht?
Das wichtigste beim Glauben ist die ganz individuelle Beziehung zwischen "Ich und Gott". Die kann hier jeder leben, ohne sich an der Andersartigkeit des anderen reiben zu müssen. Und wer keinen Gott hat, an den er glaubt, der kann auch eine Beziehung zwischen "Ich und Ich" oder "Ich und Du" als Alternative wählen, ohne dabei jemand anderem auf die Füße zu treten.
Solange wie der gläubige Mensch im anderen, andersgläubigen Menschen nicht seinen Bruder oder seine Schwester sieht, als ebensloches von Gott geschaffenes und geliebtes Wesen, sondern einen Gegener, einen Feind oder einen Irregegangenen, solange glaube ich, dass wir alle noch nicht richtig glauben...
Wie sollen wir denn einst vor Gott dastehen? Wenn Gott uns fragt: Und wie bist du mit deinen Brüdern und Schwestern umgegangen? In Liebe und Frieden?...