Ich bezweifle, dass der Konflikt im Bereich der Religion und des Patriotismus liegt und dort zu klären ist. Dort leben Menschen, Kinder und Erwachsene. Viele aus der zweiten Gruppe haben die Hamas gewählt, hauptsächlich weil sie der Fatah nicht vertrauen und sich eine Verbesserung ihrer persönlichen Situation erhoffen. Das Vorgehen der Hamas gegen Israel ist nicht ok und auch religiös nicht zu rechtfertigen, auch wenn der Waffenstillstand im Sommer zunächst von Israel gebrochen wurde. Wer das religiös rechtfertigt, benutzt die Religion um den Konflikt zu begründen oder noch schlimmer nutzt den Konflikt für religiöse Ziele aus.
Dennoch ist eine gewisse Solidarität dem palästinensischen Volk gegenüber angebracht.
Was mich allerdings massiv stört, wie die Israelis mit dem Problem umgehen. Sie sehen die radikalen Hamas als Verbrecher, das ist verständlich. Aber bei der Bekämpfung von Verbechen sind 900 Tote, die meisten davon Zivilisten und sehr viele Kinder, überhaupt nicht angemessen. Kein Rechtsstaat kann bei der Verbrecherjagd eine Stadt in die Luft jagen, weil dort kriminelle vermutet werden. De facto ist das Krieg und Krieg führt man nun nicht gegen einzelne Terroristen sondern gegen ein Volk. Zivile Opfer sind im Krieg tragisch aber nicht ungewöhnlich. Nur sollte man, wenn man Krieg führt, auch dazu stehen. Leider wird das selten von israelischer Seite gemacht. Nach außen hin gibt man da den Namen Terrorismusbekämpfung, faktisch geht man mit dem Volk so um wie in einem Krieg und wenn es um Friedensverhandlung geht, erinnert man sich, dass man nicht verhandeln kann, weil das ja Verbrecher seien. Als man vor etwa zwei Wochen einen Hamasführer getötet hat, kamen auch acht Kinder ums Leben. Mit denen kann man doch Solidarität empfinden, ob als Muslim(a) oder nicht. Die USA hat man sehr scharf für ihr Vorgehen kritisiert (z.B. bei EF in Afghanistan), auch in Deutschland. Was machen die Israelis denn besser?? Das palästinensische Volk befindet sich in einem Krieg, in dem es nur verlieren kann. Und anders als die Deutschen und die Vertriebenen des 2. WK hat es kaum eine Grundlage, wo es einen Neubeginn schaffen kann. Auf Gelder können sie kaum hoffen, denn Deutschland war für die USA und die SU insofern wichtig, als sie hier aneinander grenzten und jeder seine Grenze stärken wollte aber keiner einen Krieg wagen wollte. Wer hat den ein Interesse an der palästinensischen Bevölkerung? Israel? - sicher nicht! Die USA? Europa?- wozu!? Die arabische Welt scheint sich auch nicht mehr ernsthaft dafür zu interessieren. Die Hamas vermitteln der Bevölkerung vielleicht das Gefühl, aber im Prinzip nützen sie ihr nicht. Ich würde mir durchaus wünschen, dass Palästina unter den Muslimen starke und entschiedene und vor allem politisch kluge Verbündete fände, ob das nun im Koran steht oder nicht.
Anmerkung
@Puschelhasi:
Puschelhasi schrieb:existierte gar kein palästinsischer Staat für den man Patriotismus entwickeln konnte.
Patriotismus hängt nicht mit einem Staat zusammen, sondern einem Volk oder einer Volksgruppe. Üblicherweise ist er da am stärksten, wo ein Volk oder eine Gruppe eben keinen Staat hatte oder hat. Siehe Polen bis 1918. Auch die Osteuropa-Deutschen, zum Beispiel die Siebenbürger Sachsen haben einen gewissen Patriotismus oder eine Heimatverbundenheit auf Grundlage ihrer langen Tradition und ganz ohne deutschen Staat. Ich bin kein Freund des Patriotismus, aber vielleicht sollte man auch bedenken, dass solche Situationen wie die der Palästinenser dazu prädistiniert sind, ihn zu fördern und auch zu radikaliseren...