Weiblichkeits-Feindlichkeit
28.08.2008 um 18:49JPhys und Interessierte,
Deine Aussage war ja:
“je achaischer die Gesellschaft ist, desto weniger Rechte haben die meisten Frauen.“
Dann mein Einwand:
„Diejenigen, welche sich aber mit archaischen Gesellschaften tagtäglich befassen, sehen dies aber ganz anders, nämlich gerade umgekehrt.“
“ Von welcher archaischen Gesellschaft reden wir da?“
Also der frühste Zweibeiner mit Gehirn von 750cm3, welcher „Homo“, respektive Homo habilis (der geschickte Mensch) genannt wird, geht auf ca. 2,5 Mio. Jahre zurück, dann der Homo Erectus auf 1,6 Mio. Jahre, der Homo Sapiens Neandertalensis auf 300'000 Jahre und der Homo Sapiens Sapiens auf 150'000 Jahre und die ersten Homo sapiens sapiens (Cro- Magnon- Menschen) besiedeln Europa vor rund 40'000 Jahre, eigentlich fängt es ja etwa bei 7 Mio. Jahren an, aber dies können wir ruhig für unsere Betrachtung nun ausser Acht lassen.
Das Bild, dass diese Zweibeiner Jäger waren und natürlich sich gegenseitig die Köpfe blutig geschlagen und sich gegenseitig ausgerottet haben SOLLen, ist leider immer noch weit verbreitet und gerade unter den Paläontologen Heut zu Tage, hat sich da ein völlig anderes Bild von den ersten “Menschen” durchgesetzt.
Sie waren “harmlose” Pflanzen- und Aasfresser, und sie hatten im Verlauf einer langen Entwicklung Verhaltensmuster gelernt, die ein enges Zusammenleben in kleinen, friedlichen Gruppen möglich machte. Anthropologen beschreiben, dass die allermeisten “primitiven” Menschengruppen weitgehend friedlich miteinander umgehen. Auch unter ihnen gibt es Streit, aber Spannungen wurden durch Techniken der Versöhnung, beim Palaver und beim Sich-gegenseitig-Lausen, ausgeglichen. :D
Unsere Vorfahren hatten Regeln des Zusammenlebens entwickelt, die sich von denen unserer modernen Zivilisationen grundlegend unterscheiden. Wir könnten durchaus von ihnen lernen, wie Gruppen organisiert sein müssen, die Gewalt auf ein Minimum reduzieren. Der Mensch hat “friedliche” Vorfahren. :)
Auch die Bezeichnung von Jäger und Sammler, welche aus dem 19. Jahrhundert stammt und in der Vorstellung die Begriffe für Männer stehen und nach dem Modell patriarchalischen Familien der Mann für die Nahrung sorgen SOLLe und die Frauen am Herd und für die Kinder sorgen SOLLen, so zeigt es sich heute, dass die Sammlerinnen mehr als die Hälfte der Nahrung für die Gruppe beitragen. In den meisten Wildbeutergruppen ist der Beitrag der Jagdbeute nicht mehr als 20%. Wir müssten deshalb heute von Sammlerinnen und Jäger-Kulturen reden. Jäger und Sammlerinnen, Lewis Binford S. 173
Die Sammlerinnen sind also wichtiger als Jäger und es ist auch ein Fehlschluss, wenn angenommen wird, dass der Jäger durch das Jagen Lust am Töten entwickeln SOLLe, sondern im Gegenteil, mussten sie die Herrin der Tiere beruhigen und ihr versprechen, nur so viel Wild zu töten, wie sie zum Leben brauchen, ähnlich wie bei Deinen aufgeführten Indianern, JPhys. ;)
Der Beitrag der Frauen ist also der weitaus grösste Teil der Nahrungssammlung –auch bei heute lebenden einfachen Völkern zu ersehen- und ist bei all diesen Völkern eine Tätigkeit, die von den Frauen [B]gemeinsam unternommen wird. Frauen sammeln im Kollektiv für das Kollektiv.
Alle Nahrung wird ins Lager zurückgebracht und dort verteilt. Um genügend Pflanzennahrung zu sammeln, brauchen die Frauen ein riesiges Wissen über die Planzenwelt. Sie kennen so Hunderte von essbaren Pflanzen und wissen, wo und wann sie wachsen. Dieses Wissen vermitteln die Frauen ihren Kindern. Sie zeigen den Jungen, wo Frau suchen muss. Sie erzählen auch Geschichten der grossen Mutter, die alle Nahrung gibt.
In Jäger und Sammlergesellschaften sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Keine Frau ist dem Manne untertan. Zwar gibt es durchaus Unterschiede in den Aufgaben der Geschlechter: die Frauen sammeln, die Männer jagen, und das Ansehen der Jäger ist in den meisten Wildbeuterkulturen deutlich grösser; aber es gibt keine Verfügungsgewalt der Männer über die Frauen.
Dass es weder eine Hierarchie noch Häuptlinge gibt, ist um so bemerkenswerter , als nach einer weitverbreiteten Klischeevorstellung derartige Kontrolleinrichtungen, die praktisch in allen zivilisierten Gesellschaften zu finden sind, auf ein genetisches Erbe aus dem Tierreich gründen. Die sozialen Beziehungen der Primitiven zeigen, dass der Mensch genetisch nicht für diese Art der Dominanz-Unterwürfigkeits-Psychologie angelegt ist.
Eine Analyse der historischen Entwicklung der Gesellschaft, in der fünf- oder sechstausend Jahre lang eine Mehrheit von der herrschenden Minderheit ausgebeutet wurde, zeigt deutlich, dass die Dominanz- Unterwürfigkeits Ideologie eine Anpassung an die soziale Ordnung und nicht ihre Ursache ist. Erich Fromm 1974
Am Ende des 19. Jahrhunderts entstand der Ausdruck Matriarchat. Das Wort bedeutet Herrschaft der Frau. Gesellschaftsforscher waren der Ansicht, dass in Urzeiten die Frauen über die Männer geherrscht hätten. Die Völkerkundler haben in keiner einzigen Volksgruppe eine solche “Weiberherrschaft” gefunden. Ein Matriarchat hat es nie gegeben.
Um die Ordnung in Frühmenschengruppen zu beschreiben, müssten wir eigentlich ein neues Wort erfinden: An-archat, eine Ordnung ohne Herr-schaft. Denn Herrschaft gibt es nur in Männergesellschaften. In ihnen herrschen die Priester und die Krieger über alle anderen. Wir haben in unserer “westlichen Zivilisation” diese Form von Herrschaft von unseren Vätern übernommen. Wir nennen sie Väter-Herrschaft oder “Patriarchat”. Günther Dux, Die Spur der Macht im Verhältnis der Geschlechter
Frühgeschichtler sind sich einig darüber: Die Erfindung der Landwirtschaft - die frühesten Bauernkulturen in Europa entstanden um 7000 v.Ch. - verdanken wir den Frauen. Den Krieg haben aber die Frauen nicht erfunden.
Die Prähistoriker nennen die Entdeckung der Nahrungsmittelproduktion die neolithische Revolution. Es war eine Umwälzung, die sich über 10 000 Jahre erstreckte. Wichtigstes Resultat war das Wachsen der Menschenzahl. Die wichtigsten Veränderungen betrafen die Ordnung des Zusammenlebens der Menschen: [B]Männer fingen an, über andere Macht auszuüben, über die Frauen, über die Sklaven, über die “Dinge” der Natur.
Um etwa 6000 v. Chr. “machten” (kneteten) die Frauen Lehm und brauchten die ersten Tongefässe, um Vorräte zu sammeln. Tongefässe mussten gebrannt werden, um haltbar zu sein. In der Brennerei wurden auch die ersten Metalle bearbeitet. Um 4000 v. Chr. verbreitete sich diese neue Technik. Die Menschen waren Macher geworden. Sie schufen sich dann auch Götter, die machten, und verwandelten ihre alten Muttergöttinnen in blosse Ehefrauen der Machergötter: Fiat lux! Ein Befehl erschuf alles.
Frauen wurden zum Besitz, und Frauenbesitz verschaffte Ansehen.
Für die Männerpriester konnten auch nicht mehr Frauengötter im Zentrum der Rituale stehen, sie erfanden Männer-Götter, die Donnerer und Blitzeschleuderer . Zwischen 4000 und 1000 v. Chr. veränderten sich die Religionen der Bauernvölker. Die Muttergottheiten wurden abgewertet und verschwanden in vielen Religionssystemen ganz. Es war ein Herr-gott, der die Macht übernahm.
Vormals also, wo die Frauen an der Verteilung von “Vorteilen” noch beteiligt waren, sorgten sie für Ausgleich; sie waren auf Kooperation bedacht.
Nachher also, bauen Vatergesellschaften ihre Macht auf der Konkurrenz; dort heiligt der Zweck die Mittel. Gewalt hat dort ein hohes Ansehen.
Die Gewalt der Grossen - das ist also die Geschichte der letzten viertausend Jahre.
http://www.uboeschenstein.ch/texte/boetexte/hhl2.html[/b][/b]
Deine Aussage war ja:
“je achaischer die Gesellschaft ist, desto weniger Rechte haben die meisten Frauen.“
Dann mein Einwand:
„Diejenigen, welche sich aber mit archaischen Gesellschaften tagtäglich befassen, sehen dies aber ganz anders, nämlich gerade umgekehrt.“
“ Von welcher archaischen Gesellschaft reden wir da?“
Also der frühste Zweibeiner mit Gehirn von 750cm3, welcher „Homo“, respektive Homo habilis (der geschickte Mensch) genannt wird, geht auf ca. 2,5 Mio. Jahre zurück, dann der Homo Erectus auf 1,6 Mio. Jahre, der Homo Sapiens Neandertalensis auf 300'000 Jahre und der Homo Sapiens Sapiens auf 150'000 Jahre und die ersten Homo sapiens sapiens (Cro- Magnon- Menschen) besiedeln Europa vor rund 40'000 Jahre, eigentlich fängt es ja etwa bei 7 Mio. Jahren an, aber dies können wir ruhig für unsere Betrachtung nun ausser Acht lassen.
Das Bild, dass diese Zweibeiner Jäger waren und natürlich sich gegenseitig die Köpfe blutig geschlagen und sich gegenseitig ausgerottet haben SOLLen, ist leider immer noch weit verbreitet und gerade unter den Paläontologen Heut zu Tage, hat sich da ein völlig anderes Bild von den ersten “Menschen” durchgesetzt.
Sie waren “harmlose” Pflanzen- und Aasfresser, und sie hatten im Verlauf einer langen Entwicklung Verhaltensmuster gelernt, die ein enges Zusammenleben in kleinen, friedlichen Gruppen möglich machte. Anthropologen beschreiben, dass die allermeisten “primitiven” Menschengruppen weitgehend friedlich miteinander umgehen. Auch unter ihnen gibt es Streit, aber Spannungen wurden durch Techniken der Versöhnung, beim Palaver und beim Sich-gegenseitig-Lausen, ausgeglichen. :D
Unsere Vorfahren hatten Regeln des Zusammenlebens entwickelt, die sich von denen unserer modernen Zivilisationen grundlegend unterscheiden. Wir könnten durchaus von ihnen lernen, wie Gruppen organisiert sein müssen, die Gewalt auf ein Minimum reduzieren. Der Mensch hat “friedliche” Vorfahren. :)
Auch die Bezeichnung von Jäger und Sammler, welche aus dem 19. Jahrhundert stammt und in der Vorstellung die Begriffe für Männer stehen und nach dem Modell patriarchalischen Familien der Mann für die Nahrung sorgen SOLLe und die Frauen am Herd und für die Kinder sorgen SOLLen, so zeigt es sich heute, dass die Sammlerinnen mehr als die Hälfte der Nahrung für die Gruppe beitragen. In den meisten Wildbeutergruppen ist der Beitrag der Jagdbeute nicht mehr als 20%. Wir müssten deshalb heute von Sammlerinnen und Jäger-Kulturen reden. Jäger und Sammlerinnen, Lewis Binford S. 173
Die Sammlerinnen sind also wichtiger als Jäger und es ist auch ein Fehlschluss, wenn angenommen wird, dass der Jäger durch das Jagen Lust am Töten entwickeln SOLLe, sondern im Gegenteil, mussten sie die Herrin der Tiere beruhigen und ihr versprechen, nur so viel Wild zu töten, wie sie zum Leben brauchen, ähnlich wie bei Deinen aufgeführten Indianern, JPhys. ;)
Der Beitrag der Frauen ist also der weitaus grösste Teil der Nahrungssammlung –auch bei heute lebenden einfachen Völkern zu ersehen- und ist bei all diesen Völkern eine Tätigkeit, die von den Frauen [B]gemeinsam unternommen wird. Frauen sammeln im Kollektiv für das Kollektiv.
Alle Nahrung wird ins Lager zurückgebracht und dort verteilt. Um genügend Pflanzennahrung zu sammeln, brauchen die Frauen ein riesiges Wissen über die Planzenwelt. Sie kennen so Hunderte von essbaren Pflanzen und wissen, wo und wann sie wachsen. Dieses Wissen vermitteln die Frauen ihren Kindern. Sie zeigen den Jungen, wo Frau suchen muss. Sie erzählen auch Geschichten der grossen Mutter, die alle Nahrung gibt.
In Jäger und Sammlergesellschaften sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Keine Frau ist dem Manne untertan. Zwar gibt es durchaus Unterschiede in den Aufgaben der Geschlechter: die Frauen sammeln, die Männer jagen, und das Ansehen der Jäger ist in den meisten Wildbeuterkulturen deutlich grösser; aber es gibt keine Verfügungsgewalt der Männer über die Frauen.
Dass es weder eine Hierarchie noch Häuptlinge gibt, ist um so bemerkenswerter , als nach einer weitverbreiteten Klischeevorstellung derartige Kontrolleinrichtungen, die praktisch in allen zivilisierten Gesellschaften zu finden sind, auf ein genetisches Erbe aus dem Tierreich gründen. Die sozialen Beziehungen der Primitiven zeigen, dass der Mensch genetisch nicht für diese Art der Dominanz-Unterwürfigkeits-Psychologie angelegt ist.
Eine Analyse der historischen Entwicklung der Gesellschaft, in der fünf- oder sechstausend Jahre lang eine Mehrheit von der herrschenden Minderheit ausgebeutet wurde, zeigt deutlich, dass die Dominanz- Unterwürfigkeits Ideologie eine Anpassung an die soziale Ordnung und nicht ihre Ursache ist. Erich Fromm 1974
Am Ende des 19. Jahrhunderts entstand der Ausdruck Matriarchat. Das Wort bedeutet Herrschaft der Frau. Gesellschaftsforscher waren der Ansicht, dass in Urzeiten die Frauen über die Männer geherrscht hätten. Die Völkerkundler haben in keiner einzigen Volksgruppe eine solche “Weiberherrschaft” gefunden. Ein Matriarchat hat es nie gegeben.
Um die Ordnung in Frühmenschengruppen zu beschreiben, müssten wir eigentlich ein neues Wort erfinden: An-archat, eine Ordnung ohne Herr-schaft. Denn Herrschaft gibt es nur in Männergesellschaften. In ihnen herrschen die Priester und die Krieger über alle anderen. Wir haben in unserer “westlichen Zivilisation” diese Form von Herrschaft von unseren Vätern übernommen. Wir nennen sie Väter-Herrschaft oder “Patriarchat”. Günther Dux, Die Spur der Macht im Verhältnis der Geschlechter
Frühgeschichtler sind sich einig darüber: Die Erfindung der Landwirtschaft - die frühesten Bauernkulturen in Europa entstanden um 7000 v.Ch. - verdanken wir den Frauen. Den Krieg haben aber die Frauen nicht erfunden.
Die Prähistoriker nennen die Entdeckung der Nahrungsmittelproduktion die neolithische Revolution. Es war eine Umwälzung, die sich über 10 000 Jahre erstreckte. Wichtigstes Resultat war das Wachsen der Menschenzahl. Die wichtigsten Veränderungen betrafen die Ordnung des Zusammenlebens der Menschen: [B]Männer fingen an, über andere Macht auszuüben, über die Frauen, über die Sklaven, über die “Dinge” der Natur.
Um etwa 6000 v. Chr. “machten” (kneteten) die Frauen Lehm und brauchten die ersten Tongefässe, um Vorräte zu sammeln. Tongefässe mussten gebrannt werden, um haltbar zu sein. In der Brennerei wurden auch die ersten Metalle bearbeitet. Um 4000 v. Chr. verbreitete sich diese neue Technik. Die Menschen waren Macher geworden. Sie schufen sich dann auch Götter, die machten, und verwandelten ihre alten Muttergöttinnen in blosse Ehefrauen der Machergötter: Fiat lux! Ein Befehl erschuf alles.
Frauen wurden zum Besitz, und Frauenbesitz verschaffte Ansehen.
Für die Männerpriester konnten auch nicht mehr Frauengötter im Zentrum der Rituale stehen, sie erfanden Männer-Götter, die Donnerer und Blitzeschleuderer . Zwischen 4000 und 1000 v. Chr. veränderten sich die Religionen der Bauernvölker. Die Muttergottheiten wurden abgewertet und verschwanden in vielen Religionssystemen ganz. Es war ein Herr-gott, der die Macht übernahm.
Vormals also, wo die Frauen an der Verteilung von “Vorteilen” noch beteiligt waren, sorgten sie für Ausgleich; sie waren auf Kooperation bedacht.
Nachher also, bauen Vatergesellschaften ihre Macht auf der Konkurrenz; dort heiligt der Zweck die Mittel. Gewalt hat dort ein hohes Ansehen.
Die Gewalt der Grossen - das ist also die Geschichte der letzten viertausend Jahre.