Sideshow-Bob schrieb:- wo hat allein die ägyptische Kultur, einen solchen konkreten Umgang mit Leichen und Hygiene medizinisch begründet? Warum finden sich in dieser “Zusammenfassung“ , nicht klassische medizinische Fehler aus der Epoche und dem vorhergehenden Wissensstand?
schon 400 v.chr wurden Leichen als "Waffen" gegen Feinde eingesetzt .... man hatte sich also diese Erkenntnisse von bakteriologischen und toxischen Leichengiften schon damals durch Beobachtung angeeignet !
-----> das hier solltest du lesen es sind Studien vom Aachner Kompetzenzzentrum über Wissenschaftsgeschichte in Bezug auf Leichen ..... sehr interessant !
http://www.uni-kassel.de/upress/online/frei/978-3-89958-664-0.volltext.frei.pdf III Die Historische Entwicklung
1. Die Anfänge der experimentierenden Medizin
Archäologische Funde belegen, daß bereits in der Steinzeit, also ca. 15.000 v.Chr., chirurgische Eingriffe vorgenommen wurden.
Die prähistorischen Menschen glaubten, Schmerz und Krankheit entstünden außerhalb des Körpers, durch Geister und andere geheimnisvolle Kräfte. Damit die feindseligen Mächte entweichen konnten, wurde die sog. Trepanation vorgenommen. Dabei wurde dem Leidenden mit Faustkeilen und bohrerähnlichen Instrumenten ein kleines Loch in den Schädel geschnitten. Tatsächlich erwies sich diese Methode - sofern der Eingriff überlebt wurde - gelegentlich als „erfolgreich". Denn durch die Öffnung wurde manchmal der Schädelinnendruck beseitigt und somit chronische Kopfschmerzen behoben. Die ausgeschnittenen Knochenstücke galten als wunderwirkendes Zaubermittel und wurden vermutlich als Amulette getragen. Trepanationen wurden zum Teil bis ins Mittelalter vorgenommen, in manchen Teilen Brasiliens und Australiens sogar bis ins 19. Jahrhundert n.Chr.
Während in Ägypten zwischen 3.000 und 500 v.Chr. die Medizin weitgehend Sache der Priester war, die an mystischen Behandlungsmethoden festhielten, teilte sich in Mesopotamien der medizinische Berufsstand in Zauberer (ashipu) und Ärzte (asu). Die Babylonier waren vermutlich die ersten, die die gesetzliche Regelung der Medizin anstrebten: Der aus dem 19. Jhdt. v.Chr. stammende Hammurabi-Kodex schrieb den Verdienst und die Verantwortlichkeiten des Arztes vor. So sollte ein Arzt, der „mit einem Bronzemesser eine große Operation an einem Adligen ausgeführt hat", zehn Silberschekel bekommen. Verursachte er dabei den Tod des Adligen, wurde ihm zur Strafe die Hand abgeschnitten.
Weitere Faktoren untermauern die Annahme, daß man zu dieser Zeit von Humanexperimenten absah: Platon, der 347 v.Chr. starb, beschäftigte sich mit den Ideen hinter der greifbaren Welt und lehnte daher alles experimentelle ab. Der Idealismus seines Denkens beeinflusste vermutlich auch Ärzte seiner Zeit.
Fast gleichzeitig, da wahrscheinlich nicht von ihm selbst formuliert, wurde der Eid des Hippokrates niedergeschrieben. Dieser gilt bis heute als Grundsatz und unumstößliche Basis medizinischer Ethik. Der hippokratische Eid ist das früheste Dokument, daß ethische Prinzipien für die Heilberufe festlegt.
„Ich will Verordnungen zum Nutzen der Kranken treffen nach meinem Können und Urteil; ich will sie vor Schaden und Unrecht bewahren."
Neben diesem eher generellen Gebot, niemandem durch die Medizin zu schaden, legt der Eid auch andere, sehr konkrete Maximen ärztlichen Verhaltens fest, deren Gültigkeit heute zum Teil anerkannt, aber auch umstritten ist. Angeführt werden die ärztliche Schweigepflicht, aber auch das Verbot von Abtreibung und aktiver Sterbehilfe.
Die Formel „niemals Kranke zu schneiden" deutet darauf hin, daß man Eingriffen in den menschlichen Körper eher skeptisch gegenübertrat. So war auch Hippokrates selbst als Anhänger der Viersäftelehre eher diagnostisch tätig und führte nur kleinere Eingriffe aus (Entfernung von Polypen).
Schon bald veränderte sich das medizinische Klima der Antike. Die zurückhaltende Medizin der Beobachtung wurde zunehmend biologischer und war von Experimentierfreudigkeit geprägt. Der Arzt und Philosoph Aristoteles übte großen Einfluß auf die Heilberufe aus. Seine Auffassungen bildeten die Basis für bedeutsame Entwicklungen im Bereich der Forschung. Im Gegensatz zu seinem Lehrer Platon wurde sein Denken durch Realismus bestimmt. Er wandte sich allem Existenten zu und führte selbst sorgfältige Pflanzenstudien und Tierzergliederungen durch. Immer stärker wurde der Glaube unter den Ärzten, die genaue Kenntnis auch der menschlichen Anatomie sei unerläßlich für den medizinischen Fortschritt.
Das besondere Interesse des Aristoteles galt jedoch dem lebendigen Körper. Denn durch den Tod, so glaubte er, verändere sich der Leib so grundlegend, daß Sektionen nur morphologische Kenntnisse vermitteln könnten. Auf den Lebenden hingegen seien die Ergebnisse nicht übertragbar.
Als 333 v.Chr. Alexander der Große sein Imperium gründete, wurde Alexandria das neue Zentrum der Welt. Da am Nil das Öffnen der Toten bei der Besorgung der Mumie üblich und sogar religiöse Verpflichtung war - die Griechen dagegen äscherten ihre Toten ein - war fortan die moralische Grundlage für die Sektion menschlicher Leichen gegeben.
Die Ptolemäer in Ägypten waren neben ihrer unbarmherzigen Härte auch für die Unterstützung der Künste und Wissenschaften bekannt. So kam es in Alexandria nicht nur zur Forschung am toten Menschen, sondern auch zu sog. Vivisektionen, d.h. zu Öffnungen lebendiger Körper. Dies erscheint aus heutiger Sicht barbarisch. Die Geschichte der Anatomie muß jedoch besonders in zeithistorischem Zusammenhang betrachtet werden. Man kann davon ausgehen, daß die Lebendsektion in den Augen damaliger Mediziner ethisch weitaus weniger verwerflich erschien. Die Ärzte Alexandrias sahen - geprägt durch aristotelisches Gedankengut - in der Vivisektion den einzigen Weg zur Erkenntnis. Auch die Auswahl der Forschungspersonen war nicht beliebig. Vivisektionen wurden nur an zum Tode verurteilten Verbrechern vorgenommen. Letztendlich sah man das Opfer und das Leiden weniger durch den großen Nutzen für die Allgemeinheit gerechtfertigt.
http://jung.jura.uni-saarland.de/Vertiefung/Nora.htm