@interrobang Flavius JosephusIn den »Jüdischen Altertümern« des von Kaiser Vespasian geförderten jüdischen Historikers Flavius Josephus (37-97) finden sich zwei Stellen, die auf Jesus verweisen. Flavius Josephus, der unser wichtigster Zeuge für die geschichtlichen Geschehnisse und sozialen Verhältnisse in Palästina zur Zeit Jesu ist, vermittelt nur recht spärliche Nachrichten mit einem direkten Bezug zu dem historischen Jesus von Nazareth. Eine erste Erwähnung findet Jesus in den ,,Altertümern" des Josephus im Zusammenhang mit dem Martyrium von Jakobus dem Gerechten. Im Jahr 62 n.Chr. nutzte der christenfeindliche Hohepriester Ananos (Hannas der Jüngere) die kurze Interimszeit zwischen dem Tod des Procurators Festus und dem Eintreffen seines Nachfolgers Albinus, um den Herrenbruder Jakobus und andere Juden(-christen) zu verurteilen und hinrichten zu lassen. Josephus berichtet, dass dieses Vorgehen wegen der Gesetzestreue des Jakobus auch in jüdischen Kreisen auf scharfen Protest stieß, den man auch vor Agrippa II. zum Ausdruck brachte:
«Er (sc. Ananos) berief ein Synhedrion von Richtern und ließ ihm einen Mann namens Jakobus, den Bruder Jesu des sogenannten Christus, vorführen, sowie einige andere. Er lieferte sie zur Steinigung aus. Diejenigen aber in der Stadt, die im Rufe standen, am gerechtesten zu urteilen und die Gesetze streng einzuhalten, waren darüber empört und sandten heimlich zum König mit der Bitte, dem Ananos zu befehlen, nicht mehr so zu verfahren. Schon beim ersten Schritt habe er unkorrekt gehandelt..«
Jüdische Altertümer, 20,200
Ein weiterer Passus aus den .,Altertümern" ist wesentlich aufschlussreicher, wenn auch seine Authentizität in der Forschung heftig diskutiert wurde. Es handelt sich hierbei um das sogenannte "Testimonium Flavianum". In der heute vorliegenden Überlieferung lautet es:
«Um diese Zeit (= während der Zeit des Aufstandes gegen Pilatus, der mit Hilfe der Tempelgelder eine Wasserleitung nach Jerusalem bauen lassen wollte) lebte Jesus, ein weiser Mann, wenn man ihn überhaupt einen Menschen nennen darf. Er war nämlich der Vollbringer ganz unglaublicher Taten und der Lehrer aller jener Menschen, die mit Freuden bereit sind, die Wahrheit zu empfangen. So zog er viele Juden und auch viele Griechen an sich. Er war der Messias. Und obgleich ihn Pilatus auf Betreiben der Vornehmsten unseres Volkes zum Kreuzestod verurteilte, wurden doch diejenigen, die ihn von Anfang an geliebt hatten, ihm nicht untreu, wie gottgesandte Propheten dies und tausend andere wunderbare Dinge von ihm vorher verkündet hatten. Und noch bis auf den heutigen Tag besteht der Stamm der Christen, wie sie sich nach ihm nannten, fort.»
Jüdische Altertümer, 18,63f.
Die Schwierigkeit, die uns dieser Text bereitet, liegt in der Tatsache, dass er ganz offensichtlich Aussagen enthält, die so nur ein Christ formulieren kann, mit Sicherheit aber kein Jude. Josephus war aber ohne jeden Zweifel bis an sein Lebensende ein Jude, der in seinem gesamten umfangreichen Werk für die Christen keinerlei Interesse entwickelt hat. Wir wissen aus den Schriften des Kirchenvaters Euseb von Cäsarea, der zu Beginn des 4. Jahrhunderts wirkte, dass zu dieser Zeit das Testimonium in den Schriften des Josephus schon vorhanden war. Euseb schreibt in seiner Kirchengeschichte:
«Diese Berichte finden sich im achtzehnten Buch der ,Altertümer', wo Josephus wörtlich folgendermaßen schreibt: "Zu jener Zeit lebte Jesus, ein weiser Mann, wenn man ihn überhaupt einen Mann nennen darf. Denn er wirkte Wunder und war der Lehrer wahrheitsliebender Menschen. Viele Juden und auch Heiden gewann er für sich. Er war der Christus ... "»
Originaltext etwa so rekonstruieren:
«Um diese Zeit lebte Jesus, ein weiser Mensch. Er war nämlich der Vollbringer ganz unglaublicher Taten und der Lehrer aller jener Menschen, die mit Freuden bereit sind, die Wahrheit zu empfangen. So zog er viele Juden und auch viele Griechen an sich. Und obgleich ihn Pilatus auf Betreiben der Vornehmsten unseres Volkes zum Kreuzestod verurteilte, wurden doch diejenigen, die ihn von Anfang an geliebt hatten, ihm nicht untreu. Und noch bis auf den heutigen Tag besteht der Stamm der Christen, wie sie sich nach ihn nannten, fort.»