Christen in der Türkei vor dem Papstbesuch
31.10.2006 um 15:40Bedroht und benachteiligt -Christen in der Türkei vor dem Papstbesuch
Autor : Udo Rappenberg
Für den Papst könnte es ein unfreundlicher Empfangwerden bei seinem Besuch in der Türkei.
Istanbul am vergangenen Samstag. Aufmarschzum Gründungstag der Türkischen Republik. „Wir wollen den Papst nicht in der Türkei“,steht auf diesem Transparent, mit dem einige Nationalisten ihrem Unmut über den BesuchLuft machen. Solche Plakate finden sich an mehreren Stellen in Istanbul.
„Wirwollen nicht, dass er kommt“, bekräftigt Nationalist Kemal Kerincsiz. „Der Grund ist: Erhat unsere Religion und unseren Propheten beleidigt.“
Und er setzt noch eines drauf:
„Das eigentliche Ziel“, meint er, „ist die Christianisierung der Türkei. Das Spielist nicht neu. So läuft das schon seit den ersten Kreuzzügen im 12. Jahrhundert.“
Ganz anders die Situation in Deutschland. Die Bewohner von Duisburg-Marxloh feierngemeinsam. Türken und Deutsche freuen sich, dass alles so gut läuft mit dem Bau der neuenMoschee.
Mehmet Özay, Vorsitzender des Moscheevereins:
„Für die Älteren istdas natürlich etwas Besonderes, nach 40 Jahren ein würdiges Gotteshaus in Marxloh, inihrer zweiten Heimat, gebaut zu bekommen. Und dass das auch eine so hohe Akzeptanz findetist für die natürlich etwas Wunderbares. Das ist mit Worten eigentlich gar nicht zubeschreiben.“
Und die Muslime haben auch allen Grund zur Zufriedenheit. DieMoschee in Duisburg wird eine der größten in Deutschland werden. Gleich gegenüber derkatholischen Kirche entsteht die Moschee als Gotteshaus, Begegnungsstätte, Bibliothek undCafeteria in einem. Die Baukosten werden zu über 40 Prozent von der Landesregierung undder Europäischen Union bezahlt. Bei den Anwohnern trifft der prachtvolle Bau auf vielZustimmung.
Gitti Schwantes, Anwohnerin:
„Ich war total begeistert, weilich denke dass das für den Stadtteil total gut ist, wenn qualitativhochwertige Gebäudeentstehen, und dass es die Menschen toleranter macht, wenn sie sehen, dass es neben einerevangelischen oder katholischen Kirche auch noch andere Gotteshäuser gibt, zum Beispieleine Moschee.“
Von so viel Toleranz kann Monsignore Luigi Padovese,katholischer Bischoff in Iskederun im Süd-Osten der Türkei nur träumen. Dieses Jahr wurdeein Priester ermordet. Seit einiger Zeit traut er sich nicht mehr allein auf die Straße.
Monsignore Luigi Padovese, Bischof von Iskenderun
“Mehmet ist ein Polizist,Er ist jetzt seit einigen Monaten bei mir, aus Sicherheitsgründen. Man hat versucht, michmit einem Motorrad hier in Iskenderun zu überfahren.“
Tischgebet. Seit einigenWochen hat auch Pater Martin Kmetec hier bei seinem Bischof Zuflucht gefunden. Er hatteaus Izmir fliehen müssen.
Pater Martin Kmetec:
„Angefangen hat esSchmierereien an der Kirche. Da stand: Wir werden dich kreuzigen für deinen Gott. Siehaben mich auch bedroht: Wir bringen dich um. Und dann sind sie gekommen, haben gegen dieTür geschlagen. Als ich einen Spalt geöffnet habe, haben sie die Tür eingedrückt, michangegriffen und gewürgt.“
Nur der Hilfe eines Freundes verdankt der Pater, dasser heute noch lebt.
Angesichts derartiger Vorfälle setzt Monsignore Padovese jetztgroße Hoffnungen auf den Besuch des Papstes in der Türkei.
Monsignore LuigiPadovese, Bischof von Iskenderun:
“Wir brauchen jetzt sein Wort, seineUnterstützung, gerade jetzt, nachdem was in diesen letzten Monaten geschehen ist. Also,wir halten diesen Besuch für sehr wichtig für unsere Gemeinde.“
Zur insgesamtschwierigen Situation trägt auch die Rechtsunsicherheit bei, in der die christlichenGemeinden in der Türkei leben müssen.
Ottmar Oehring,Menschenrechtsbeauftragter, Missio:
„Das Grundproblem ist ganz einfach, dass derStaat das nicht getan hat was er eigentlich müsste, nämlich ihnen einen Status verleihen.Sie haben überhaupt keinen Status. Das heißt also, dass die Kirchen und auch die jüdischeGemeinschaft in der Türkei eigentlich nicht existieren. Also, sie sind keine juristischenPersonen, sie existieren schlicht und ergreifend nicht. Und wer nicht existiert, hat dannnatürlich alle möglichen rechtlichen Probleme.“
So wurden in der Vergangenheitbei rückläufiger Zahl von Christen leerstehende Gebäude christlicher Gemeinden vomtürkischen Staat konfisziert.
Monsignore Luigi Padovese, Bischof vonIskenderun:
“Das beste Beispiel gebe ich ihnen in Iskenderun: Diesyrisch-katholische Kirche ist ein Pornokino geworden, ja.”
Das bestätigt auchein Anwohner:
„Das Gebäude, das war früher einmal eine christliche Kirche. Dann wurdees von der Armee genutzt. Anschließend hat man ein Kino daraus gemacht.“
Wenigerfreut dürfte der Papst auch vom jüngsten Kassenschlager in türkischen Buchläden sein:
Reporterfrage:
„Haben Sie das Buch über das Papst-Attentat?“
1.Buchverkäuferin:
„Das Buch ist sehr gefragt und deshalb ist es ausverkauft.“
Reporterfrage:
„Haben Sie das Buch: „Wer wird den Papst töten?“
2.Buchverkäuferin:
„Ja, das haben, wir, das sind die letzten beiden Exemplare.“
In Rom setzt man dennoch auf Fortschritte im Miteinander durch den Papstbesuch.
Notgar Wolf:
„Als Christen müssen wir erwarten, wenn die Türkei in die EUmöchte, dass die Christen auf jeden Fall dieselben Rechte haben wie die Moslems bei unsin der EU. Vielleicht wird sogar die Zukunft Europas oder der Integration dortausgetragen.“
In den nächsten Tagen will das türkische Parlament ein Gesetzberaten, das den christlichen Gemeinden mehr Rechtssicherheit geben würde. Das wäre dannein positives Signal für den Papstbesuch und ein Schritt der Türkei in Richtung Europa.
Wird der Papst den Türkeibesuch überleben?
Autor : Udo Rappenberg
Für den Papst könnte es ein unfreundlicher Empfangwerden bei seinem Besuch in der Türkei.
Istanbul am vergangenen Samstag. Aufmarschzum Gründungstag der Türkischen Republik. „Wir wollen den Papst nicht in der Türkei“,steht auf diesem Transparent, mit dem einige Nationalisten ihrem Unmut über den BesuchLuft machen. Solche Plakate finden sich an mehreren Stellen in Istanbul.
„Wirwollen nicht, dass er kommt“, bekräftigt Nationalist Kemal Kerincsiz. „Der Grund ist: Erhat unsere Religion und unseren Propheten beleidigt.“
Und er setzt noch eines drauf:
„Das eigentliche Ziel“, meint er, „ist die Christianisierung der Türkei. Das Spielist nicht neu. So läuft das schon seit den ersten Kreuzzügen im 12. Jahrhundert.“
Ganz anders die Situation in Deutschland. Die Bewohner von Duisburg-Marxloh feierngemeinsam. Türken und Deutsche freuen sich, dass alles so gut läuft mit dem Bau der neuenMoschee.
Mehmet Özay, Vorsitzender des Moscheevereins:
„Für die Älteren istdas natürlich etwas Besonderes, nach 40 Jahren ein würdiges Gotteshaus in Marxloh, inihrer zweiten Heimat, gebaut zu bekommen. Und dass das auch eine so hohe Akzeptanz findetist für die natürlich etwas Wunderbares. Das ist mit Worten eigentlich gar nicht zubeschreiben.“
Und die Muslime haben auch allen Grund zur Zufriedenheit. DieMoschee in Duisburg wird eine der größten in Deutschland werden. Gleich gegenüber derkatholischen Kirche entsteht die Moschee als Gotteshaus, Begegnungsstätte, Bibliothek undCafeteria in einem. Die Baukosten werden zu über 40 Prozent von der Landesregierung undder Europäischen Union bezahlt. Bei den Anwohnern trifft der prachtvolle Bau auf vielZustimmung.
Gitti Schwantes, Anwohnerin:
„Ich war total begeistert, weilich denke dass das für den Stadtteil total gut ist, wenn qualitativhochwertige Gebäudeentstehen, und dass es die Menschen toleranter macht, wenn sie sehen, dass es neben einerevangelischen oder katholischen Kirche auch noch andere Gotteshäuser gibt, zum Beispieleine Moschee.“
Von so viel Toleranz kann Monsignore Luigi Padovese,katholischer Bischoff in Iskederun im Süd-Osten der Türkei nur träumen. Dieses Jahr wurdeein Priester ermordet. Seit einiger Zeit traut er sich nicht mehr allein auf die Straße.
Monsignore Luigi Padovese, Bischof von Iskenderun
“Mehmet ist ein Polizist,Er ist jetzt seit einigen Monaten bei mir, aus Sicherheitsgründen. Man hat versucht, michmit einem Motorrad hier in Iskenderun zu überfahren.“
Tischgebet. Seit einigenWochen hat auch Pater Martin Kmetec hier bei seinem Bischof Zuflucht gefunden. Er hatteaus Izmir fliehen müssen.
Pater Martin Kmetec:
„Angefangen hat esSchmierereien an der Kirche. Da stand: Wir werden dich kreuzigen für deinen Gott. Siehaben mich auch bedroht: Wir bringen dich um. Und dann sind sie gekommen, haben gegen dieTür geschlagen. Als ich einen Spalt geöffnet habe, haben sie die Tür eingedrückt, michangegriffen und gewürgt.“
Nur der Hilfe eines Freundes verdankt der Pater, dasser heute noch lebt.
Angesichts derartiger Vorfälle setzt Monsignore Padovese jetztgroße Hoffnungen auf den Besuch des Papstes in der Türkei.
Monsignore LuigiPadovese, Bischof von Iskenderun:
“Wir brauchen jetzt sein Wort, seineUnterstützung, gerade jetzt, nachdem was in diesen letzten Monaten geschehen ist. Also,wir halten diesen Besuch für sehr wichtig für unsere Gemeinde.“
Zur insgesamtschwierigen Situation trägt auch die Rechtsunsicherheit bei, in der die christlichenGemeinden in der Türkei leben müssen.
Ottmar Oehring,Menschenrechtsbeauftragter, Missio:
„Das Grundproblem ist ganz einfach, dass derStaat das nicht getan hat was er eigentlich müsste, nämlich ihnen einen Status verleihen.Sie haben überhaupt keinen Status. Das heißt also, dass die Kirchen und auch die jüdischeGemeinschaft in der Türkei eigentlich nicht existieren. Also, sie sind keine juristischenPersonen, sie existieren schlicht und ergreifend nicht. Und wer nicht existiert, hat dannnatürlich alle möglichen rechtlichen Probleme.“
So wurden in der Vergangenheitbei rückläufiger Zahl von Christen leerstehende Gebäude christlicher Gemeinden vomtürkischen Staat konfisziert.
Monsignore Luigi Padovese, Bischof vonIskenderun:
“Das beste Beispiel gebe ich ihnen in Iskenderun: Diesyrisch-katholische Kirche ist ein Pornokino geworden, ja.”
Das bestätigt auchein Anwohner:
„Das Gebäude, das war früher einmal eine christliche Kirche. Dann wurdees von der Armee genutzt. Anschließend hat man ein Kino daraus gemacht.“
Wenigerfreut dürfte der Papst auch vom jüngsten Kassenschlager in türkischen Buchläden sein:
Reporterfrage:
„Haben Sie das Buch über das Papst-Attentat?“
1.Buchverkäuferin:
„Das Buch ist sehr gefragt und deshalb ist es ausverkauft.“
Reporterfrage:
„Haben Sie das Buch: „Wer wird den Papst töten?“
2.Buchverkäuferin:
„Ja, das haben, wir, das sind die letzten beiden Exemplare.“
In Rom setzt man dennoch auf Fortschritte im Miteinander durch den Papstbesuch.
Notgar Wolf:
„Als Christen müssen wir erwarten, wenn die Türkei in die EUmöchte, dass die Christen auf jeden Fall dieselben Rechte haben wie die Moslems bei unsin der EU. Vielleicht wird sogar die Zukunft Europas oder der Integration dortausgetragen.“
In den nächsten Tagen will das türkische Parlament ein Gesetzberaten, das den christlichen Gemeinden mehr Rechtssicherheit geben würde. Das wäre dannein positives Signal für den Papstbesuch und ein Schritt der Türkei in Richtung Europa.
Wird der Papst den Türkeibesuch überleben?