Leiden von Muslimen ist ohne Zahl
17.01.2006 um 18:02
1. Werden Sie den Vorgaben des Grundgesetzes folgen, auch wenn dies in vielen Teilen nicht mit den Koran in Übereinstimmung zu bringen ist?
hahaha
Islam und Demokratie:
Demokratie bedeutet in erster Linie Herrschaft des Volkes. Nun muss man aber klarstellen, dass damit nicht gemeint ist, dass das Volk alles mögliche beschließen kann. Wir müssen differenzieren, dass auch die Herrschaft des Volkes auf bestimmte Grundsätze nicht vollkommen verzichten kann. Beispielsweise kann man nicht einfach die Steuern in Deutschland nach dem Willen des Volkes nicht mehr fordern.
Aber genauer gesagt kann man in einer Demokratie so ziemlich alles beschließen, was man will, und diese Beschlüsse können zeitlich auch variieren. Beispielsweise: Ehebruch stand bis vor kurzem noch unter Strafe in Deutschland und heute stellt es keinen Straftatbestand mehr dar.
D.h. die Demokratie erlaubt eine Änderung von Gesetzen abhängig vom kulturellen Standpunkt der Bevölkerung und erlaubt alles mögliche zu beschließen. Die Herrschaft des Volkes impliziert, dass die Bevölkerung die Regeln der Gesellschaft und die Gesetze bestimmen können nach eigenem ermessen.
Eine solche Form der Demokratie kann es im Islam nicht geben, da es einerseits bereits Gesetze gibt (Koran + Sunna + Idschma + Qiyas). Das bedeutet nichts anderes als das die islamische Demokratie jene Aufgabe hat, die islamischen Regeln auf beste Weise den Menschen zu verdeutlichen. Man versucht also „Gottes Wort“ durch z.B. Mitbestimmung umzusetzen. Außerdem ändern sich die Regeln des Koran nicht. Somit gibt es nur einen begrenzten Spielraum für neue islamkonforme Gesetze.
Es lässt sich genauer gesagt folgendes festhalten:
Die Herrschaft der westlichen Systeme gründen alle auf dem Prinzip der „Herrschaft des Volkes“, während die islamischen Systeme sich auf dem Grundsatz der Khilafat (Stadthalterschaft) des Volkes begründen müssten. Diese Stadthalterschaft benötigt die Zusammenarbeit des gesamten Volkes, und nicht nur einer Regierung. Die Menschen sind aber nicht die Herrscher, sondern Gott. Die Menschen erlassen keine eigenen Gesetze, sondern richten sich nach den Gottes Wort und dem Propheten. [7]
Aber genau hier muss man doch anmerken, dass das Prinzip der Mitbestimmung einen Teil der Demokratie im Islam ausmacht.
7. Mitbestimmung durch die Rechtsquellen im Islam
Koran:
Obwohl der Koran unabänderlich ist, und als Wort Gottes gilt, empfiehlt er ganz besonders in einer Sure die Beratung untereinander, bevor man eine Entscheidung trifft. [8]
Ferner spricht der Koran immer von Königreichen und erwähnt mit keinem Wort Republik oder Demokratie. Trotzdem ist dies kein Grund sagen zu können, der Koran will das man ein Königreich aufstellt. Vielmehr ist die Frage, mit welchem Modell eines Systems, welches man mit dem Koran vereinbaren kann, kann man den Menschen am Besten helfen. Daher ist der Islam nicht an eine bestimmte Staatsform gebunden, strebt aber dennoch ein Kalifat (= islamischer Staat) an. [9]
Dennoch der Koran gibt Grundlagen, Gebote und Verbote welche man nicht ändern kann. Es gab nur zu verschiedenen Zeiten verschiedene Koranausleger, welche bestimmte Verse in bestimmte Zusammenhänge gerückt haben, um so zu verdeutlichen, was der Koran eigentlich meint. Dennoch ist diese Form der Erläuterung keine neue Gesetzesschöpfung und bietet daher keinen Spielraum für demokratische Denkprozesse.
Sunna:
Der Prophet selbst gilt als Masum (= Unschuldig, frei von Fehlern). In dieser Eigenschaft kann man ihn als den gelebten Islam betrachten. Und hier stellen wir wieder fest, dass sich der Prophet selbst immer wieder mit seinen Gefährten beraten hat, bevor er eine Entscheidung traf. In den seltensten Fällen entschied er gegen die Mehrheit seiner Gefährten. [10]
Idschma:
Um Idschma klären zu können und die Mitbestimmung zu verdeutlichen, muss man zunächst den Begriff des Idschtihad erklären. Idschtihad meint die Rechtsfindung aufgrund einer Anstrengung. Wenn nun alle Gelehrten einer bestimmten Zeit zu einem Idschtihad gelangt sind, ohne davon Kenntnis zu haben, welches Ergebnis jeweils der andere hatte, und alle das selbe Ergebnis haben, dann kann man von Idschma, dem Konsens der Gelehrten sprechen.
Ein berühmtes Beispiel ist hierfür das Kopftuch. Alle Gelehrten waren sich darüber einig, das ein tragen des Kopftuches eine Pflicht ist für die Frau. [11]
Hier ist es nötig zu bemerken, dass dies eine Mitbestimmung darstellt, welche ganz besonders ist. Es gibt keinen Konsens, wenn nicht alle zustimmen, das heißt ein Gesetz wird nur dann durch Idschma gebildet, wenn es keinen einzigen Zweifler an der Richtigkeit gibt. Eine absolute Übereinstimmung ist also gefordert, und damit ist eine Mitgestaltung und Mitbestimmung in schönster Form da.
Qiyas:
Ein Analogieschluss bietet wiederum mehr Möglichkeiten für den einzelnen. Letztendlich beruft man sich um ein Verbot oder eine Erlaubnis zu geben einer vorhandenen Gegebenheit und hat die Möglichkeit selbst eine Ableitung zu bilden.
Einfaches Beispiel wäre:
Alkohol ist im Islam verboten, weil es unter anderem mehr Schaden als Nutzen hat.
Damit ist auch Rauchen verboten.
Dieses ist ein gängiges Beispiel für einen derzeitigen Streit unter Gelehrten. Es gibt bei diesem Thema keinen Idschma (Konsens) und damit bleibt es im Auge des Betrachters, was er nun für richtig und was er nun für falsch hält.
Der Vorgang des Qiyas ähnelt bzw. deckt sich mit dem Vorgang der Subsumtion aus dem Rechtsbereich.
Man kann also juristisch verschiedene Meinungen haben im Islam, und diese beiden Meinungen können nebeneinander bestehen, und das einzelne Individuum im Volk kann selbst entscheiden was für einen richtiger erscheint oder nicht. Somit sind auch die Bevölkerungsschichten selbst an der Mitbestimmung beteiligt. Denn das Volk kann einen Beschluss eines Gelehrten stärken.
Abschließend:
Innerhalb der Rechtsquellen gibt es Wechselseitige Beziehungen. Der Koran stellt ein Gesetz dar, die Sunna kann Gesetzeskraft erlangen, ein Idschma kann Gesetzeskraft erlangen und baut auf Koran und Sunna auf, ein Qiyas kann für den einzelnen verbindlich sein, baut auf Koran und Sunna auf, und bildet die Grundlage für einen Idschma.
Dadurch ergeben sich weitere Mitbestimmungsmöglichkeiten auf die wir nicht mehr eingehen, da dies den Rahmen sprengen würde.
Wichtig ist, dass es verschiedene Ansichten über diejenigen gibt, die überhaupt Recht schöpfen dürfen. Dazu kann man letztendlich nur sagen, dass dies den Profis überlassen werden sollte, weil ein Laie sehr leicht in falsche Bahnen geraten könnte. Zudem muss ich selbst bemerken, dass für mich das Tor des Idschtihad, Also der Rechtsfindung geschlossen ist, weil ich nicht daran Glaube, dass die Menschen der heutigen Zeit eine ausreichende und fundierte Wissensgrundlage, wie die ersten und besten muslimischen Generationen, haben. Aber dennoch wird und sollte es Menschen geben, mit Wissen, die eine Rechtsgrundlage in neuen Rechtsfragen liefern.
8. Die Charta von Medina (im Anhang)
Diese Charta wurde von Mohammed nach seiner Wahl in Yatrib (heutiges Medina) ausgearbeitet und von der Bevölkerung akzeptiert. Zum ersten mal wurde eine Verfassung eines Stadtstaates angefertigt. [12] Diese Charta regelte die Beziehungen der Einwohner von Yatrib.
Alle Einwohner hatten die selben Pflichten und Rechte, außer in besonderen Umständen, z.B. Kriegszustand. Mit Gläubigen sind die Juden, Christen und die Sabäer gemeint.
Durch diese Charta von Medina wurden Pflichten aufgetragen und Erlaubnisse klar. Das heißt das auch Nichtmuslime Bürger mit gleichen Rechten waren. Der Prophet selbst und damit der Islam schützt seine Einwohner im Staat und gibt ihnen allen gleiche Rechte wie Pflichten. Selbst sie haben einen Beitrag zu leisten am gesellschaftlichen Gelingen. Sie bekamen hierfür ihre Religionsfreiheit, das Recht auf Eigentum und viele weitere Rechte, wie man sie nur von den Menschenrechten kennt. Diejenigen die Gerecht sind und Freunde der Gerechtigkeit sind vollwertige Mitglieder der Gesellschaft und des Staates.
Wenn man sich nun andere „Demokratien“ auf der Welt anschaut erkennt man die Differenz. Eine Absolute Freiheit für Minderheiten, die sich an Recht und Ordnung halten ist nicht wirklich gegeben, und wird immer wieder eingeschränkt. Siehe Kopftuchverbot für Beamtinnen welche im Islam für andersgläubige Gerechte Menschen undenkbar wären. Natürlich ist die Praxis in den sogenannten „islamischen Ländern“ eine andere. Aber die Theorie liefert bei beiden eine Glaubens und Gewissensfreiheit ohne wenn und aber.
9. Wahlen im Islam
Der Prophet hatte vor seinem Tod keinen Nachfolger ernannt. Nachdem er verstorben war, entbrannte eine Debatte, unter seinen Gefährten und der Bevölkerung, um seine Nachfolge.
Eine Gruppe von Muslimen wollte die Erbfolge durch die Nachkommenschaft des Propheten regeln, eine andere Gruppe wiederum durch einen engen Freund.
Die Lösung war eine umfangreiche Befragung des Volkes, welches letztendlich sich Mehrheitlich für den Prophetengefährten Abu Bakr entschied.
Es wurde also gewählt. Dies ist also von den Gefährten des Propheten angewandt worden, nach einer Beratung untereinander.
Dabei muss man folgendes beachten!
Der Kalif (= Amir, Staatsoberhaupt im Kalifat) wurde auf Lebenszeit gewählt. Damit war diese Lösung ein Mittelding zwischen Republik und Monarchie. [13]
Alle Frauen und Männer sind Wahlberechtigt. [14]
Der Kalif oder Amir kann sein Amt nur solange ausüben wie er das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung genießt. Verliert er dieses Vertrauen muss er abdanken.
Grundrechte im Islam:
Es ist aber wichtig zu wissen, dass diese Grundrechte einem jeden zugestanden werden, egal ob Muslim oder nicht. In Bezug auf das bürgerliche und strafrechtliche Recht besteht kein Unterschied zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Genauso mischt sich der Islam (und darf dies auch nicht) in die persönlichen Gesetze von Nichtmuslimen ein. Völlige Glaubens und Gewissensfreiheit wird jedem zugestanden.
Jedoch muss man auch eingestehen, dass es bestimmte Punkte gibt, welche sich nicht mit den „Human Rights“ decken. So ist das Problem mit der Erbschaft und der Stellung der Frau ein Hauptthema bei dieser Debatte. Genauso auch die Todesstrafe.
Kurz genannt sind die islamischen Menschenrechte folgende:
Das Recht zu leben, Recht auf Freiheit, Recht auf Gleichheit und Verbot unerlaubter Diskriminierung, Recht auf Gerechtigkeit, Recht auf ein gerechtes Verfahren, Recht auf Schutz gegen Machtmissbrauch, Recht auf Schutz vor Folter, Recht auf Schutz von Ehre und Ansehen, Recht auf Asyl, Rechte der Minderheiten, Berechtigung und Verpflichtung, sich an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten zu beteiligen, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Redefreiheit, Religionsfreiheit, Vereinsfreiheit, Recht auf Schutz des Eigentums, Recht auf Würde der Arbeiter, Recht auf soziale Sicherheit, Recht auf Familiengründung, Rechte verheirateter Frauen, Recht auf Bildung, Recht auf Privatsphäre, Bewegungs- und Reisefreiheit und Freiheit der Niederlassung
Dies ist wahrlich eine Ermahnung. So nehme nun, wer da will, den Weg zu seinem Herrn. (73:19)
Die gute Tat ist der schlechten nicht gleichzustellen. Erwidere die schlechte, die dir geschieht, mit einer guten! So wird derjenige, mit dem eine Feindschaft bestand, zu einem engen Freund. (41:34)