@thomasneemann Darauf warten, dass
alle anders leben, kann man bis zum Weltuntergang. Was man allerdings tun kann, ist, sich seiner eigenen Verbrechen bewusst werden und versuchen, sein Verhalten zu ändern und das zu kommunizieren. Vielleicht hilft es ja, wenn es andere animiert, sich ebenfalls Gedanken zu machen und Veränderungen zu bewirken. Mit dem Denken allein ist es leider nicht getan - ebenso wenig wie mit gedankenlosem Handeln.
Mein Handy lässt Kinder verrecken und mein Auto ertränkt Eisbären. Für mein Essen werden Tropenwälder abgeholzt und meine Kleidung nähen Zwangsarbeiterinnen. Bei jeder Dusche verbrauche ich die wöchentliche Wasserration einer afrikanischen Familie. Der Strom, den ich jetzt verbrauche, um dies zu schreiben, produziert Atommüll, der Jahrhunderttausende sicher endgelagert werden muss, obwohl niemand weiss, wie das gehen soll. Für meine Altersversorgung arbeiten Rüstungskonzerne und Atomstromer. Meine Steuern werden verwendet, um Afghanen zu töten und Euch zu überwachen.
Aber wir alle entscheiden selbst und kaufen freiwillig: Das krank machende Light-Produkt, die Markenjeans, die von Kindersklaven genäht wurde oder die Kosmetika, die Versuchstieren in die Augen gespritzt wird.
Niemand zwingt uns dazu. Nicht die böse Werbung, nicht der böse Kapitalismus und auch keine dämonische Hirnmanipulation.
Wenn ich eine Sklavenjeans kaufen will, oder ein Handy, für das Kindersoldaten krepieren, einen SUV, der Eisbären killt, dann tue ich das höchst freiwillig und aus freier Entscheidung - und ich kann mich nicht damit heraus reden, dass ich das nicht gewusst hätte, wie die beliebte Ausrede unserer Vorfahren in anderen Zusammenhängen gern lautete.
Um es noch einmal zu wiederholen:
Für mein fünfzehn (oder mehr?) Jahre altes Siemens-Handy sind im afrikanischen Busch Kinder verreckt. An meinem PC (nicht viel jünger) klebt das Blut chinesischer ZwangsarbeiterInnen. Mein Auto (Bj. 2002)sorgt dafür, dass erst die Eisbären ersaufen und dann die Einwohner von Bangla Desh. Ach ja - und die Niederländer, natürlich. Das weiss ich - aber ich bilde mir ein, dass meine eigenen Luxus-Interessen einen höheren Stellenwert haben als Kinder, Arbeiter und Eisbären.
Ich fürchte, nicht nur die ominösen "anderen" sind so, sondern wir auch. Zumindest ich. Du vielleicht nicht.