Polit Cafe's in den Städten zur Verbesserung politischer Teilhabe

Ich denke darüber nach in Hamburg ein „Polit Cafe“ zu eröffnen. Langfristig möchte ich daraus eine deutschlandweite Kette machen. Mich stört nämlich eines in der heutigen Zeit immer mehr: Für mich, als normalbeschäftigten Menschen, gibt es in der Stadt keine schnelle, komfortable, ungezwungene Möglichkeit der politischen Partizipation. Sicher, es gibt Themenbars/cafe’s die meist dem sozialisistischen/linken Spektrum zugeordnet werden können. Dort gibt es dann Diskussionsabende usw. Aber genau das will ich nicht. Ich will keine „politisierten Cafe’s“, sondern ich will unpolitische Cafe’s, wo die Menschen selber über aktuelle politische Themen diskutieren und sich austauschen. Damit es nicht in Chaos ausartet, wird es zwei Bereiche geben. „Freies diskutieren“ (jeder kann Themen vorschlagen), Konsens entscheidet dann und „Aktuelle Themen“ (Ein wichtiges Thema pro Tag wird vorgegeben). Vielleicht könnte man die Diskussionen aufzeichnen (mit Einverständnis der Teilnehmer) und einen Youtube Channel einrichten.

Mir fällt auf, dass die Fähigkeit zum konstruktiven politischen Diskurs immer weiter abnimmt. Die Menschen sind es nicht mehr gewohnt, fundierte politische Argumente in Echtzeit miteinander auszutauschen. Schlagworte und Polemik auf allen Seiten bestimmen die öffentliche Diskussion. Ich bin überzeugt, jeder Mensch ist politisch. Und jeder möchte gehört werden. Ich denke, ein Großteil politischer Frustration könnte bereits dadurch bekämpft werden, dass man jedem Menschen die Möglichkeit gibt, sich mit anderen Menschen vor Ort über Politik auszutauschen. Denn dadurch können neue Ideen entstehen, neue Netzwerke, neue Kontakte. Vielleicht auch Initiativen. Ich will vor allem die Menschen erreichen, die grundsätzlich sehr an Politik interessiert sind, die aber nicht über den idealistischen Eifer verfügen, sich in einer Partei oder sonstigen Organisationen zu organisieren. Und im Alltag, haben die meisten nach Feierabend sicher nicht die Kraft, „Verpflichtungen“ in Form von Parteiarbeit nachzugehen.

Foren wie dieses hier z.B. sind ja eine gute Idee zum Meinungsaustausch. Aber die reale Auseinandersetzung mit anderen Menschen, face 2 face, ist eine Fähigkeit, die erhalten werden muss. Denn erst dann merken wir wirklich, ob wir einen Sachverhalt verstanden haben oder nicht. Es würde auch ermöglichen, politische Entscheidungsträger anzusprechen und in diese Polit Cafe’s einzuladen. So könnte der Kontakt mit der politischen Elite im Alltag, vereinfacht und systematisiert werden, da es nun einen eindeutigen Bezugspunkt gibt. Und nebenher gibt’s das klassische Portfolio von Cafe’s, Chai Latte’s, Drinks, Snacks und Kuchen. Und vielleicht nen Billiardtisch.

Was würdet ihr von einem derartigen Konzept halten? Könntet ihr euch vorstellen, euren politischen Diskurs wieder mehr in die Realität zu verlagern? Es bietet auch die Möglichkeit, mehr über lokale Themen zu diskutieren und nicht nur die großen, weltumspannenden Themen.

@Flodolski


Problem ist nur das viele den Diskurs allgemein scheuen als ob sie allergisch darauf wären.

Die Idee ist begrüßenswert, allerdings wird es wohl ohne weiteres nicht so laufen wie du es dir erhoffst.
Denn um sich für so etwas zu Interessieren, müssten die meisten erst einmal realisieren das Politik tatsächlich einen Einfluss auf ihr Leben hat.

@Flodolski

Dafür, wenn ich statt eines Chai Lattes auch einen qualitativ hochwertigen Filterkaffee kriege. Wir sind doch nicht bei Starbucks. ^^

@Gabrieldecloudo

In früheren Zeitaltern war es vollkommen normal, dass Menschen sich an öffentlichen Orten zusammengetan haben, um sich dort über politische Themen auszutauschen. Es muss derartige Orte schlicht geben, damit Menschen diese MÖglichkeit der Kommunikation nutzen.

Wenn immer vom zunehmenden "Individualismus" der Gesellschaft gesprochen wird, ist damit doch nur gemeint, dass es im öffentlichen Raum immer weniger Schnittpunkte für Menschen gibt, die sich gar nicht kennen. Oder wer hat schon einmal in der Bahn oder im Bus eine politsiche Diskussion begonnen? Oder sich bei Starbucks an den Nachbartisch gesetzt, um über Politik zu diskutieren?

Es muss meines Erachtens Orte geben, die von vornherein klarmachen: Hier kannst du dich politsich austauschen und nebenher noch nen Kaffee trinken. Ansonsten läuft man im Alltag immer aneinander vorbei und politsicher Diskurs findet nur noch in Spezialveranstaltungen und hinter verschlossenen Türen statt.

@Thawra

Qualitativ hochwertiger Kaffee ist ein Muss. Man muss sich ja auch von den anderen Cafe's absetzen. Nicht nur durch das politsiche Thema.

Flodolski schrieb: Es muss derartige Orte schlicht geben, damit Menschen diese MÖglichkeit der Kommunikation nutzen

Noch davor muss ein Interesse dazu bestehen solche auch zu nutzen.

Alleine auf der ersten Seite in diesem Forum gibt es Diskussionen mit mehreren Tausend Beiträgen. Auf einer Website die nicht einmal auf Politik spezialisiert ist. Andere politische Foren platzen auch. Was ich sagen will: Der Diskurs hat sich ins Internet verlagert. Das ist auf der einen Seite Begrüßenswert. Auf der anderen Seite aber auch gefährlich, weil kein realer Austausch mit komplett anderen Sichtweisen stattfindet. Außerhalb von Freundes/Familienkreis und Arbeitskollegen gibt es im realen Alltag kaum noch politsiche Auseinandersetzung.

Und dieses Konzept habe ich nur entwickelt, weil ich eben komplett davon überzeugt bin, dass das Interesse besteht. Testen könnte ich es ja durch eine Kickstarter Kampagne. Wenn die Leute bereit wären Geld zu investieren damit ein derartiges "Produkt" auf den Markt kommt, weiß ich ja wie der Hase läuft^^

@Flodolski

Ich frag mich gerade, ob ein Aufzeichnen unbedingt förderlich wäre. Ich könnte mir vorstellen, dass manche Leute dann Hemmungen hätten. Ich persönlich stehe auch nicht so drauf, heutzutage ist es eh heikel, was im Internet so veröffentlicht wird...

@Flodolski

Ich halte das für eine sehr gute Idee! Wie hast du denn vor damit Geld zu verdienen um Mietkosten etc. zu bezahlen? Mit Kaffee wird sich bestimmt nicht viel anhäufen.

@Thawra

Das ist nur eine der vielen Ideen die ich dazu habe. Ich denke aber nicht, dass die Leut bereit wären an Diskussionen teilzunehmen die aufgezeichnet werden. Also wird das wenn überhaupt nur gemacht, wenn z.B. bekannte Politiker eingeladen sind.

@Renox

Wieso. Starbucks und Co. machen ihr Geld doch genau damit. Mir geht es nur darum, viele Kunden durch ein zusätzliches Thema in das Cafe zu bringen. Vielleicht kriegt man sogar Subventionen vom Staat, weil man es als Projekt zur Förderung gesellschaftlicher Teilhabe verstehen kann. Die Wirtschaftlichkeit berechne ich zur Zeit. Für irgendwas muss das BWL Studium ja taugen ;)

@Flodolski

Interessante Idee. Hauptsache jedoch, die Betriebswirtschaftliche Übersicht geht dabei nicht verloren.
Also es muß sich auch rechnen.. damit es kein Zuschußgeschäft wird. ^^

@Gwyddion

Das ist klar. Wie man Businesspläne erstellt und die Wirtschaftlichkeit berechnet weiß ich ja :)

@Flodolski

:D Hatte sich überschnitten. Habe ich mitlerweile ja dann gelesen .

@Flodolski

Hast Du Dir schon mal nen Standort überlegt oder welche Klientel bevorzugt angesprochen werden sollte?

Standort. So zentral wie möglich. Klientel: Alle politisch Interessierten von Jung bis Alt. Guten Kaffee wird es auch noch geben. Also nicht diese wässrige Brühe wie bei Starbucks und Co. Natürlich Fair Trade. Dadurch wird der Kaffee entweder teurer, die Vielfalt eingeschränkt, oder man kriegt nicht ganz so große Tassen. Aber das lässt sich regeln :)

@Flodolski
Das ist deine Wahrnehmung,die Realität sieht aber anders aus

http://www.taz.de/!109951/

http://www.landwehrkanal-berlin.de/ (Archiv-Version vom 02.02.2013)

Man kann sich gut vorstellen welche Mengen an Kaffee nötig waren um dieses Ergebnis herausdiskutiert zu haben.Und wenns bei dir keinen Sidamo,Java Arabica Blawan oder nen Ruanda Nasho gibt kannste gleich wieder zumachen

Pah. Typisch deutsche Bedenkenträgerei :)

@Flodolski

Ich mag die Idee, muss ich ehrlich sagen!

Was mir aber noch nicht so ganz klar ist: Wie möchtest du denn die Diskussion, vor allem offene Diskussionen, anstoßen, so dass sich fremde Menschen miteinander zu unterhalten beginnen?
Und nicht beispielsweise einfach nur irgendeine Gruppe, wo man sich schon kennt, aufschlägt und sich dann untereinander unterhält?

Soll es dann einen Moderator geben? Jemanden, der beispielsweise Thesen vorliest oder Sprüche raushaut, damit Diskussionen in Gang kommen und der diese dann leitet?

Denn sicher ist: Anstoßen muss man die Diskussion schon, nur ein Schild mit:,,Heute reden wir über den Bundeswehreinsatz in Mali" wird nicht genügen, denke ich.

Und Tatsache wäre auch, grad bei mehr Personen, dass man irgendeinen Leiter haben müsste für die Diskussion, sonst reissen das ziemlich schnell die lautstarken, aber nicht unbedingt intelligentesten Personen an sich :D


Die Idee an sich finde ich klasse, so einen Ort würde ich sicherlich auch besuchen.

Also sobald sich eine kritische Masse an Personen versammelt hat, wird ein Moderator mit einer Eingangsfrage/These zum Tagesthema, die Diskussion in Gang setzen. Danach zieht er sich zurück. Ich will auch keine komplett moderierten Diskussionen. Wenn die Lautstarken die Diskussion an sich reißen, dann ist das eben so und der Lauf der Dinge. Ich will es so wirklichkeitsnah wie möglich. Es soll nämlich auch um Lerneffekte gehen und kritisches selbst hinterfragen. Wer merkt, dass er sich nie an Diskussionen beteiligt, könnte sich fragen woran das liegt? Nur an Schüchternheit? Ich denke nicht. Oft wird sicher einfach der Hintergrund fehlen. Da kann die Rolle als Zuhörer auch ganz interessant sein.

Es geht mir ja nicht nur um das reine diskutieren an sich. Ähnlich wie in einem Debattierclub. Es geht um konkrete Lerneffekte. Wer merkt, dass er eigentlich doch nicht so viel von einem Thema verstanden hat, der könnte sich noch einmal näher damit beschäftigen. Denn warum soll politische Bildung immer nur gefiltert im TV oder Internet stattfinden? Da können echte Meinungen von echten Menschen sicherlich eine nette Ergänzung darstellen. Und man lernt vielleicht auch eine neue Toleranz kennen, da man erkennt, dass die Realität oft eben nicht schwarz/weiß ist. Im Internet, durch die Anonymität, ist es viel einfacher, seinen eigenen Standpunkt durchzupauken ohne Rücksicht auf Verluste. In der realen Konfrontation, sind ganz andere soziale Kontrollmechanismen am Werk.

Flodolski schrieb:Ich will vor allem die Menschen erreichen, die grundsätzlich sehr an Politik interessiert sind, die aber nicht über den idealistischen Eifer verfügen

Dies wird durch einen Sicherheitsdienst gewährleistet?

In seinem Buch ''Post Demokratie'' schrieb Colin Crouch, das einer der Gründe für eben diese genannte Post Demokratie, die nicht an Politik interessierte Masse/Mehrheit ist.
Das heißt mir gefällt die Idee sehr, Leute dazu zu bringen, mehr zu tun als nur alle 5 Jahre zur Wahl zu gehen und zu erwarten das alles von selbst läuft, sie dazu zu bringen sich zu Informieren und Aufmerksam zu sein und den ''Volkvertretern'' auf die Finger zu schauen.
Da dies momentan nicht so ist, nutzen das unterschiedlichste Lobby Gruppen, mit unterschiedlichsten Zielen, hauptsächlich um Geld zu machen. Wahlen ändern auch nichts. Das fällt unter diesen oben genannten Begriff.

Aber nicht vergessen, hippe Sachen sollen die Massen locken, W-Lan ist selbstverständlich,
Fair Trade/Grüne Farben lockt die heuchlerischen Massen (Ja, Ja, ihr helft den Menschen der dritten Welt, in dem ihr 2 € teureren Cafe kauft, aber vergesst nicht wo her eure Mac Books und Galaxy's her kommen...)
Kurz um, am Ende ist das immer noch ein Geschäft, wenn kein Geld rein kommt oder nichts besonderes ist, gehst du schnell unter.