emodul schrieb:Aber um da jetzt einen treffenden Spruch etwas umzuformulieren: Hat denn jeder Vergewaltiger auch Anrecht auf eine unbefleckte Jungfrau?
darum geht es gar nicht.
Ich habe 10 Jahre in USA gelebt und bin jetzt wieder dort. Als ehemaliger Straftäter in Europa habe ich mich natürlich mit dem US-Rechtssystem allein schon aus privatem Interesse sehr genau befaßt.
In USA läuft ein Prozeß ganz anders ab als bei uns.
Im unserem kontinentaleuropäischen Rechtskreis ist das Verfahren im Gegensatz zum angelsächsischen "Common Law" auf den Richter zugeschnitten, der das Verfahren nicht nur leitet, sondern weithin beherrscht. Vereinfacht kann man es als inquisitorisch bezeichnen.
In unseren Prozessen redet der Richter am meisten, und das Urteil hängt davon ab, wem der beiden Parteien er mehr glaubt.
Das "Common Law" Englands und der USA ist das fortgeltende "Gemeine Recht". Es wird als Gewohnheitsrecht größtenteils überliefert. Zumeist wird daher auf Päzedenzfälle (engl. precendents) zurückgegriffen. Nur ein geringer Anteil ist kodifizert (sog. statutory law). Das Common Law umfaßt alle Rechtsgebiete, also neben dem Zivilrecht (civil law) auch das Strafrecht und das Öffentliche Recht.
Typisch für den Strafprozeß in angelsächsichen Ländern ist das Kreuzverhör, bei welchem auch die Angeklagten in den Zeugenstand gerufen werden können. Das ist bei uns unmöglich.
Warum?
Bei uns hat der Angeklagte das verbriefte Recht, zu lügen. Der Gegenanwalt (also der Staatsanwalt) darf ihn nicht als Zeugen befragen, denn dann unterläge er ja der Wahrheitspflicht. Der Angeklagte darf lügen, oder schweigen, oder sagen, was er will. Zur Wahrheitspflicht sind nur die Zeugen gehalten (Verletzung dieser Pflicht ist sogar strafbar, - auch unvereidigt. Unter Eid noch viel mehr).
Der Richter im "Common Law" spielt eigentlich gar keine große Rolle. Er achtet nur auf die Einhaltung der Prozeßregeln, ähnlich wie ein Schiedsrichter beim Sport die Einhaltung der Spielregeln überwacht.
Die Schuldfrage wird von den Geschworenen beurteilt. Es kommt einzig und allein darauf an, zu welcher Überzeugung diese kommen. Der Richter muß sich dieser Entscheidung beugen. ER entschiedet also lediglich dann im Falle eines "schuldig" das Strafmaß.
So, und nun haben wir den eingetretenen Fall, daß das Opfer bei ihren Hearings das Gericht - und somit auch die Geschworenen - belogen hat. Egal, ob es in engerem Sinne mit der Sache zu tun hat oder nicht, sie hat Unwahrheiten erzählt (da scheinen Konten aufgetaucht zu sien, die mit ihrem sozialen Status nicht vereinbar sind. Ob aus Prostitution oder Drogengeschäften - obwohl beides in USA zwar verboten - hat eigentlich mit dem Fall nichts direkt zu tun, aber generell gilt:
Amerikanische Geschworene anlügen ... das ist das schlimmste und dümmste, was man tun kann, wenn man einen Prozeß gewinnen will!
Die Geschworenen wenden sich von ihr ab, und zwar komplett und geschlossen. Das hat ja auch die Staatsanwaltschaft sofort erkannt und eingesehen, daß mit diesem Opfer ein Weitermachen vergeudete Zeit ist.
Auch kleine Notlügen nimmt man vor amerikanischen Gerichten viel ernster als bei uns.
Von den Geschworenen wird es kein "schuldig" mehr geben, und daher gilt: Attacke abblasen. Die Staatsanwaltschaft handelt sich nur eine Niederlage ein.
Bei uns würde man das nicht so eng sehen. Da würde es heißen: naja, okay, sie hat das eine oder andere Auffällige, aber mit der Sache hat es nichts zu tun. Hierzulande würde man sich auf die reine Strafdtat konzentrieren und zu klären versuchen, inwieweit der Geschlechtsakt nun einvernehmlich oder nicht einvernehmlich stattgefunden hat.
Am Ende gäbe es irgendein Wischiwaschi-Urteil, wahrscheinlich etwas unter 2 Jahre auf Bewährung für den DSK, und auch erledigt.
In USA die Glaubwürdigkeit verlieren vor den Geschworenen aber bedeutet sofort. Prozeß hat sich erledigt. Ein für allemal.
Was besser ist, kann jeder für sich entscheiden.