Fedaykin schrieb:die ach so bösen Firmenbesitzer tagen 90% der Steuereinnahmen.
Zunächst ist es richtig, dass die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher ungefähr die Hälfte der Einkommenssteuer aufbringen.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Um die Relationen einschätzen zu können, muss man wissen, dass diese zehn Prozent auch knapp 40 Prozent der Markteinkommen (Löhne, Gehälter, Kapitaleinkünfte, Mieteinnahmen etc.) erzielen.
Sie werden steuerlich zwar überproportional belastet, aber bei weitem nicht in dem Maße, wie Du es darstellst.
Lässt man alle Personen unberücksichtigt, die weniger als 800 Euro pro Monat verdienen und deshalb kaum oder gar keine Steuern zahlen, reduziert sich die Differenz zwischen dem Anteil an den Einkommen und dem Anteil an den Einkommenssteuern sogar auf nur gut fünf Prozentpunkte.
Außerdem ist die steuerliche Belastung der höheren Einkommen im letzten Jahrzehnt nicht gestiegen, sondern gesunken.
Verschiedene gesetzliche Maßnahmen haben dafür gesorgt.
Nach der Abschaffung der Vermögenssteuer 1997 ist auch der Spitzensteuersatz zwischen 2000 und 2005 von 53 auf nur noch 42 Prozent gesenkt worden.
Für Kapitalgesellschaften bleiben seit 2000 Gewinne völlig steuerfrei, die bei der Veräußerung von Unternehmen oder Unternehmensanteilen erzielt werden.
Schließlich sorgt die 2008 beschlossene 25-prozentige Abgeltungssteuer dafür, dass höhere Einkommen ihre Kapitaleinkünfte nicht mehr mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 42 Prozent versteuern müssen.
Das begünstigt vor allem die Reichen und die Superreichen.
Die reale steuerliche Belastung der 450 reichsten Deutschen mit einem jährlichen Mindesteinkommen von damals neun Millionen Euro hat sich allein zwischen 1998 und 2002 durch die Steuerreformen der ersten rot-grünen Bundesregierung von 41 auf 34,3 Prozent verringert.
Bei den 45 reichsten Deutschen mit einem Mindesteinkommen von 22 Millionen Euro sank sie von 45 auf 32 Prozent, also um über ein Viertel.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hat sich daran trotz der Einführung der sogenannten Reichensteuer (ein Spitzensteuersatz von 45 Prozent für Einkommen ab 250000 Euro jährlich für Ledige) kaum etwas geändert.
Zwischen 1998 und 2006 sind die Einkommensunterschiede bei den Nettoeinkommen, also nach Steuern und Sozialabgaben, erheblich schneller gestiegen als bei den Bruttoeinkommen. Während der Anteil der Haushalte mit mittleren Einkommen, das heißt zwischen 70 und 150 Prozent des Durchschnittseinkommens, brutto von 45,8 auf 41,2 Prozent sank, ging er netto sogar von 62,7 auf 53,9 Prozent zurück. Bei den hohen und den niedrigen Einkommen ober- und unterhalb dieser Schwellenwerte sieht es genauso aus.
Die Gruppe der Gutverdiener ist bei den Nettoeinkommen zweimal so stark gewachsen wie bei den Bruttoeinkommen, die der Niedrigverdiener sogar dreimal so schnell.
Die Umverteilungswirkung des Steuersystems ist zwar weiter existent, hat aber insgesamt stark an Gewicht verloren.
Das spüren vor allem die Bezieher geringer Einkommen. Sie sind die eindeutigen Verlierer der letzten Jahre.
Der Anteil der Armen hat in Deutschland massiv zugenommen.
Mittlerweile gilt jeder sechste Bundesbürger als arm.
Für diese Zunahme sind in erster Linie die unter dem Namen Hartz bekannt gewordenen Sozialgesetze der Schröder-Regierung verantwortlich. Sie haben nicht nur zu einer deutlichen Senkung der Sozialleistungen für Arbeitslose geführt (Verkürzung des Bezugszeitraums für Arbeitslosengeld, Abschaffung der Arbeitslosenhilfe), sondern auch zu einer massiven Ausweitung eines Niedriglohnsektors.
In ihm sind heute 21,5 Prozent der Beschäftigten tätig, verglichen mit nur 14,7 Prozent Mitte der 90er.
Die Löhne liegen dort vielfach unterhalb der Hartz-IV-Sätze und müssen durch staatliche Transferzahlungen ergänzt werden.
Jeder zehnte in Deutschland lebende Mensch erhält inzwischen Leistungen aus den sozialen Mindestsicherungssystemen,
und das,
obwohl über ein Viertel der Anspruchberechtigten seinen Anspruch nicht geltend macht und daher keine staatliche Unterstützung erfährt.
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