du deinerargumentation aber ein Eigentor geschossen
Also ich lese "nicht gefälscht" hier so, dass keine Wahlfälschung vorlag.
99,7prozentiges „Ja“-Ergebnis als Ganzes ist durchaus nicht gefälscht. Durch welch perfektes Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren dieses Ergebnis zustande kam, wurde schon zum Teil angeführt: durch terroristische Einschüchterung, soziale Kontrolle und breite Organisierung der Bevölkerung, durch technische und psychologische Raffinesse der Propaganda, durch Hervorrufung von Zustimmungserklärungen aus allen relevanten politisch-sozialen Gruppen, durch pseudopartizipatorische Massenmobilisierung und kurzfristig wirksame sozialpolitische Maßnahmen.
Diejenigen, die durch "terroristische Einschüchterung" zustimmten, können ja kaum einer Begeisterung anheimgefallen sein. Und 97% Zustimmung würde auch nicht den Verhältnissen in beiden Teilen meiner Familie zusammenstimmen.
Am Dorf war bewaffnete SA in den Wahllokalen und mein Vater wusste, dass nur eine Person im Dorf gegen Hitler gestimmt hat. Diese Frau galt als "Dorfdeppin". Was aber nichts daran ändert, dass mein Großvater Hitler hasste, wie die Pest (einer seiner Brüder war Illegaler und eine "arrogante Sau"). Er muss aber mit "Ja" gestimmt haben.
Das Herz hat es ihm zerrissen, als zwei seiner Söhne zur SS gingen. Als sie vom Krieg zurückkamen, hat er sie kurzerhand wieder rausgeschmissen.
Der andere Teil war eine sozialdemokratische Arbeiterfamilie, der Großvater in einem rüstungsrelevanten Betrieb als Schweißer und 1934 Bürgerkriegskämpfer. Die Arbeiter kannten sich untereinander (die Sozis, die Kommunisten, die Nazis). Bereits vor dem Anschluss ist ihnen klipp und klar erklärt worden: kein Mucks, sonst Dachau. Als Alleinverdiener mit kleinen Kindern hat er ebenso nicht gegen den Anschluss gestimmt.
Den Historiker Botz kannte ich übrigens in den 80er Jahren aus Vorträgen. Er war Teil einer jungen Historiker-Generation, die erstmals die Täterschaft von Österreichern thematisierte und die Nutzniesung durch die Arisierung. Was von den Schwamm-Drüber-Apologeten auch heftig kritisiert wurde in der Art, dass Österreich und vor allem Gemeinden wie Familien wieder in Hitlerianer und Nicht-Hitlerianer zerrissen werden sollen.
Was das Völkerrecht anbelangt, bin ich immer noch der Ansicht, dass Österreich überfallen wurde. Dennoch bekannte sich auch der österreichische Staat indirekt als Nachfolgestaat des Großdeutschen Reichs: es werden Entschädigungen an Holocaustopfer bezahlt.
Die ganze Diskussion hier ist sowas von 1945, als es wichtig war, Österreich als eigenständigen Staat wiederzuerrichten und nicht doppelt zerrissen zu werden: ein kommunistischer Osten, ein vom Morgenthau-Plan zerrissener Westen. Das gelang, indem sich Stalin (irgendwie, frag' mich nicht wie) überzeugen ließ, eine gesamtösterreichische demokratische politische Struktur mit drei freien Parteien zu akzeptieren.
Basis dafür war die "Moskauer Deklaration" von 1943, als die Alliierten Österreich den Status als ersten völkerrechtlich von Hitler überfallenen Staat zuerkannten (die Basis des damals überlebensnotwendigen Opfer-Mythos).
Und so leicht war das dann auch nicht. Mit der SPÖ und der ÖVP mussten sich zwei ehemalige Bürgerkriegsgegner zusammenraufen, die KPÖ wollte eine kommunistische "Volksdemokratie" errichten. Und dann gab es noch die vielen Ex-Nazis, von denen viele wiederum weiterhin bekennde Nazis waren (in Abstufungen von "Hätten wir doch gewonnen" über "Mit einem kleinen Hitler wäre ..." bis zu "Aber alles war nicht schlimm").
So, und über die sog. "Hasenjagd" schreibe ich nun nicht mehr, als Bauern in der Umgebung von Mauthausen russische KZ-Flüchtlinge versteckten, während Polizei, SA und SS die Gegend filzten (mein Vater hat das als Kind miterlebt).
Wikipedia: Mühlviertler Hasenjagd