Und SOWAS nennt dieser Schmock "Bröckchen"...
<"Überlebende des Holocaust sindmeist schwer traumatisiert. Das Verschweigen der erlittenen Erniedrigungen ist auch eineStrategie der Rückkehr in ein normales Leben. Im Israel der fünfziger und sechzigerJahre, einer Nation der Starken und Siegreichen, war für eine ausführliche Würdigungdieses Leids der Opfer, außerhalb der offiziellen Gedenkrituale, kein Raum. Auch für dieNazitäter war das Verschweigen ihrer Taten und das Verleugnen der Verantwortung für denMassenmord eine Grundbedingung dafür, in bürgerlicher Normalität weiterzuleben. Auch imLand der Täter war das Verdrängen Teil der offiziellen Kultur: Erst Anfang der 60igerJahre, fast zwei Jahrzehnte nach Kriegsende, wurde durch den Frankfurter Auschwitzprozessmit der öffentlichen Aufarbeitung des Holocaust begonnen. So hatte z. B. Hertha F., die1992 in Wuppertal mit dabei war, erst im Alter von 20 Jahren durch die Verhaftung ihresVaters und den anschließenden Prozess davon erfahren, dass als er SS-Offizier anMassenmorden in der Ukraine beteiligt war. Die Erkenntnis, einen Massenmörder zum Vaterzu haben, bestimmte ihr weiteres Leben.
Verdrängen und Verschweigen machen auf dieDauer krank, physisch und psychisch, was immer die kulturellen Ursachen und diegesellschaftlichen Kontexte dieser Sprachlosigkeit sind. Einer strukturellen Ähnlichkeitder Leiden von Täterkindern und Opferkindern in ihren Auswirkungen auf das Individuum warDan Bar-On auf die Spur gekommen, nachdem er in den siebziger und achtziger Jahren inseiner therapeutischen Praxis mit den traumatisierten Holocaustopfern gearbeitet hatte,die an Spätfolgen litten. Er begann sich zu fragen, wie es wohl den Kindern der Täterergangen sei. Da sich bisher noch niemand dafür interessiert hatte, macht Dan Bar-On dieszu seinem Forschungsthema.
Als Angehöriger einer Nation, die ihre Entstehung ausdem Holocaust definierte, war er niemals "unabhängiger Wissenschaftler" oder "objektiverBeobachter", sondern aufgrund seiner Biografie, stets als Beteiligter und Betroffener inden Forschungsprozess involviert. Durch den Weitblick seines Vaters, hatte die engereFamilie Dan Bar-Ons überlebt: Hans Bruno, ein Hamburger jüdischer Arzt, der ausHeidelberg stammte, war bereits 1933, nach den ersten diskriminierenden Nazigesetzen, dieseine freie Praxis zerstörten, nach Palästina ausgewandert, das damals unter britischerMandatshoheit stand. Dort wurde Dan 1938 als zweiter Sohn geboren: "Ich wuchs in Haifadeutscher Kultur auf", erinnert sich der Israeli. Er spricht akzentfrei Deutsch, weil inseinem Elternhaus, mit den Großeltern nur Deutsch gesprochen wurde. Als Jugendlicher,Anfang der fünfziger Jahre im eben gegründeten Staat Israel, kappte Dan Bar-On diesedeutschen Wurzeln, hebräisierte seinen Namen und zog in ein Kibbuz. In den Kriegen von1956, 1967 und 1973 kämpfte er als Offizier einer Aufklärungseinheit.
Doch dasVerdrängen und Verleugnen der eigenen Herkunft hat seinen Preis. In einer Psychotherapie,die der Israeli in einer Lebenskrise nach dem Oktoberkrieg von 1973 begonnen hatte,besann sich Dan Bar-On auf seine deutschen Herkunft: Diesen Aspekt seiner Identität hatteer als Teil des Nazifeindbildes lange Zeit aus seinem Bewusstsein ausgeklammert. 1983,inzwischen ausgebildeter Psychologe und Hochschullehrer, stieß bei einemForschungsaufenthalt in den USA die Frage nach den Täterkindern. 1985 kam er zum erstenmal in seinem Leben nach Deutschland und führte in den folgenden drei Jahren mehr als 90qualitative Interviews mit erwachsenen Kindern von Nazitätern durch, um Aufschluss überdie psychischen Folgen des Holocaustes für sie zu gewinnen. (1989 veröffentlicht: "Legacyof Silence: Encounter with Children of the Third Reich", Harvard University Press, frz.,dt. japanisch, hebräisch).">
aus:
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Israel/dialog.html