Ein Artikel von Ronald Fisk
Die Palästinenser wählten nicht Hamas, weil sieeine islamische Republik wollen - so wird Hamas blutiger Sieg dargestellt werden -sondern weil sie genug haben von der Korruption der Fatah von Herrn Abbas und derverrotteten "Palästinensischen Autorität".
Ich erinnere mich, wie ich vor Jahrenin das Haus eines PA Offiziellen geführt wurde, dessen Wände gerade von Einschüssenisraelischer Granaten übersäht waren. Alles richtig. Aber was mich empörte, waren dievergoldeten Wasserhähne im Badezimmer. Diese Wasserhähne - oder ähnliches - kosteten dieFatah ihren Wahlsieg. Die Palästinenser wollten ein Ende der Korruption - diesemKrebsgeschwür der arabischen Welt - und deshalb wählten sie Hamas. Weil sie ihr freiesWahlrecht ausgeübt haben, entschieden wir, der alles wissende, rundherum gute Westen uns,sie dafür zu sanktionieren, sie auszuhungern, sie einzuschüchtern. Vielleicht sollten wir"Palästina" die EU Mitgliedschaft anbieten, wenn es aus Dankbarkeit dafür die richtigenLeute wählen würde.
Überall im Nahen Osten ist es dasselbe. Wir unterstützen HamidKarzai in Afghanistan, auch wenn er Warlords und Drogenbarone in seine Regierung aufnimmt(und im Übrigen sind wir fürchterlich betroffen über alle die unschuldigen afghanischenZivilisten, die wir in unserem "Kampf gegen den Terrorismus" in den abgelegenen Gegendender Helmand Provinz töten.)
Wir lieben Hosni Mubarak aus Ägypten, dessenFolterknechte mit den Politikern des Muslimischen Bruderbundes, die vor kurzem ausserhalbKairos verhaftet wurden, immer noch nicht fertig sind. Aber seine Präsidentschaft empfingdie herzliche Unterstützung von Frau - ja, Frau - George W Bush. Seine Nachfolge wird mitziemlicher Sicherheit an seinen Sohn Gamal gehen.
Wir bewundern Muammar Gaddafi,den Diktator mit den fixen Ideen aus Libyen, dessen Werwölfe die Opposition im Auslandumgebracht haben, dessen Plan, den König Abdullah von Saudi Arabien ermorden zu lassen,dem letzten Besuch Tony Blairs in Tripoli vorausging. Oberst Gaddafi, daran sei erinnert,wurde von Jack Straw als "Staatsmann" bezeichnet, als er seine nicht vorhandenen Plänezur nuklearen Aufrüstung aufgab. Seine "Demokratie" ist völlig akzeptabel für uns, weiler im "Kampf gegen den Terrorismus" auf unserer Seite ist.
Ach ja, und ausserdemlieben wir König Abdullahs unkonstitutionelle Monarchie in Jordanien, wir lieben all diePrinzen und Emire der Golfregion, vor allem die, die von unseren Waffenhändlern sogeschmiert wurden, dass sogar Scotland Yard seine Ermittlungen auf Anweisung unseresPremierministers einstellt. Ich kann verstehen, warum er die Berichterstattung desIndependent über das, was er altmodisch den "Nahen Osten" nennt, nicht besonders mag.Würden doch nur die Araber - und die Iraner - unsere Könige, Schahs und Prinzenunterstützen, deren Söhne und Töchter in Oxford und Harvard erzogen sind, wie vielleichter wäre die Kontrolle des "Nahen Osten".
Darum geht es, um Kontrolle. Dafürgeben und entziehen wir ihren Führern unser Wohlwollen. Nachdem nun Gaza zur Hamasgehört, was werden jetzt unsere eigenen gewählten Führer tun? Werden unsere Oberpriesterin der EU, der UN, Washington und Moskau nun mit diesen erbärmlichen, undankbaren Leutenreden müssen (keine Angst, das wird nicht passieren, weil sie nicht fähig sind, denen dieHand zu geben). Werden sie stattdessen die Westbank Version von Palästina anerkennen(Abbas, die sichere Variante) und die gewählte, militärisch erfolgreiche Hamas in Gazaignorieren?
http://www.zmag.de/artikel.php?id=2085 (Archiv-Version vom 21.06.2007)