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Kriegsrohstoffversorgung
Seineeigentliche Aufgabe zur Unterstützung der deutschen Kriegsführung fand Rathenau in derEntwicklung und Leitung der Kriegsrohstoffversorgung im preussischen Kriegsministeriumvom 13. August 1914 bis 31. März 1915.
Der Erste Weltkrieg mobilisierte nicht nurHeere in Millionenhöhe, sondern forderte für die Aufrechterhaltung und Fortführung desKrieges eine große Menge an Rohstoffen. Militär und Regierung waren aufgrund desSchlieffen Planes nur auf einen kurzen Krieg vorbereitet. Da Deutschland durch dieenglische Seeblockade zudem im hohen Maße vom Weltmarkt abgeschnitten war, bestand inDeutschland bereits sehr früh ein Bewußtsein über die Notwendigkeit, denRohstoffnachschub insbesondere von Edel- und Nichteisenmetallen, Salpeter, Spinnstoffenund Baumwolle zu organisieren. So schlossen sich zum Beispiel die rivalisierendenindustriellen Dachverbände ZDI und BDI am 8. August 1914 zu einem Kriegsausschuß derdeutschen Industrie zusammen, um kriegswirtschaftliche Probleme zu lösen. WeitereMaßnahmen führte das Reichsamt des Innern mit der Reichseinkaufs GmbH zur Organisierungder Lebensmitteleinfuhr durch. Auch Nationalökonomen der Berliner Universität setztensich mit der Rohstoffproblematik als " schlimmste Gefährdung der Industrie"auseinander.
Rathenau, der "wirtschaftliche Generalstabchef hinter der Front" initiierte und leitete bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn, ab 13. August 1914 impreußischen Kriegsministerium die Kriegsrohstoffabteilung, die innerhalb kürzester Zeitvon einem fünfköpfigen Gremium zu einer Behörde mit circa 2500 Beschäftigen heranwuchs.Ohne diese Abteilung wäre Deutschland kaum in der Lage gewesen, den Krieg länger als einhalbes Jahr zu führen.
Unter Rathenaus Leitung wurde sie zudem " unbestreitbar dieerfolgreichste Wirtschaftsorganisation, die während des Krieges in Deutschland geschaffenwurde."
Kruse, Wolfgang, a.a.O, Seite 152
In seiner Denkschrift an denKriegsminister Erich von Falkenhayn nahm Rathenau den Vorschlag Moellenhoffs auf, dieRohstoffbewirtschaftung staatlich gelenkt und zentralisiert zu organisieren. Somitentstand eine "Mischung aus staatlichem Dirigismus und industrieller Selbstverwaltung inden Kriegsrohstoffgesellschaften."
Kriegsminister v.Falkenhayn
Wichard von Moellendorff
Die kriegswichtigenRohstoffe wurden zunächst von der Kriegsrohstoffabteilung beschlagnahmt und in einemweiteren Schritt Kriegsrohstoffgesellschaften zur Verwaltung übertragen.
Soentstanden circa 200 Wirtschaftsbereiche, teilweise Aktiengesellschaften, teilweiseGmbH´s.
Die unternehmerische Selbstverwaltung und Initiative wurde weitgehendbeibehalten, aber "syndiziert und unter die Oberaufsicht staatlicher Kommissare mit einemVetorecht im Aufsichtsrat" gestellt.
Kruse, Wolfgang, a.a.O., Seite 154
In vielen Bereichen bestanden bereits vor Kriegsbeginn große Wirtschaftsverbände,Kartelle und Syndikate, so daß diese Monopole nur noch staatlich alsKriegsrohstoffgesellschaft autorisiert werden mußten.
Konkurrierende Unternehmenstanden so als organisierte Vertretung unter der regulierenden Aufsicht desStaates.
Obwohl die Monopol-Gesellschaften gemeinnützig waren und keine Gewinneerwirtschaften durften, ergaben sich dennoch für sie große Profitmöglichkeiten, u.a.durch den Erwerb der Aktienmehrheit, die Besetzung führender Positionen in denGesellschaften, die eigenständige Regulierung der Einkaufspreise und Distribution an dieProduzenten.
Mit der Rohstoffbewirtschaftung bewies Rathenau, daß industrielleSelbstverwaltung unter staatlicher Kontrolle funktionieren kann.
Rathenau trat am31. März 1915 von seinem Posten als Leiter der Kriegsrohstoffabteilung zurück.
Eswurde ihm vorgeworfen, privatwirtschaftliches Interesse und öffentliches Engagement nichtgenügend auseinanderzuhalten (Rathenau war nach wie vor Aufsichtsratsvorsitzender derAEG).