Es gibt viele vernünftige Argumente, die gegen ein neues NPD-Verbotsverfahren inKarlsruhe sprechen. Und es gibt ein entscheidendes Argument dafür: Die demokratischeZivilgesellschaft im Osten ist der brutalen Strategie dieser freiheitsfeindlichen Parteischlicht nicht gewachsen.
...
Klingt alles sehr gut. Radikaldemokratisch,liberal, historisch durchdacht. Allerdings gibt es noch bessere Gründe, der NPD soschnell wie möglich den Saft abzudrehen. Diese Überlegungen sind nicht sehr liberal,stammen dafür aber direkt aus der tristen Wirklichkeit der ostdeutschen Tiefebene.
...
Aber leider werden die demokratischen Parteien im Osten nicht mit denNeonazis fertig, auch nicht 15 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR. Der Braindrain, derdiese Region seit Kriegsende 1945 auszehrt, zeigt seine Wirkung. Natürlich wärenpolitische Talente wie Daniel Cohn-Bendit (Grüne), Sebastian Edathy (SPD) oder WolfgangSchäuble (CDU) in der Lage, den braunen Phrasendreschern Paroli zu bieten. Doch Politikerdieses Schlages sind selten in der Provinz. Kaum ein SPD- oder CDU-Funktionär ist denbraunen Kadern dort rhetorisch gewachsen. Deren Doppelstrategie aus angriffslustigerVerschwörungsrhetorik und unverhüllter Gewaltandrohung überfordert fast jedenLokalpolitiker.
...
Auch bei einem neuen Antrag wäre also keineswegs sicher, dassdas Bundesverfassungsgericht die NPD zerschlagen würde. Die Gefahr, dass die Regierungsich wieder eine Ohrfeige holt und sich die Nazis ins Fäustchen lachen, ist groß. Aberdas politische Risiko, eine erfolgreiche, verfassungsfeindliche Partei weiter nur mitWattebäuschchen zu bewerfen und ihr hilflos beim Aufstieg zuzusehen, ist mindestensgenauso hoch. Denn der NPD-Triumph von Schwerin - das ist erst der Anfang, nicht dasEnde.
http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,438225,00.htmlSehe ich in vielen Teilen genauso. Offensichtlich wird das Problem des Aufstiegs derNPD völlig unterschätzt und als lokales Phänomen betrachtet, mit der Folge das man in denentsprechenden Wahlkreisen keine Strategien mehr gegen sie hat und völlig überfordertist. Auch jetzt, vier Tage nach der Wahl, hat sich die erste Aufregung doch schon gelegtund man hofft das sich die NPD Fraktion von selbst erledigen wird. Von einem bundesweitenMasterplan ist erneut nichts zu sehen.
Deswegen bin ich für einen neuenVerbotsantrag, einen bei dem man aber von vornherein die VS-Quellen intern offenlegt,damit es nicht erneut zum Debakel kommt, obwohl ich die Logik der Verfassungsrichter auchso nicht ganz nachvollziehen kann. Wenn eine Partei es so schlimm treibt, das siebeobachtet und infilitriert wird, dann kann diese Beobachtung eigentlich nicht alsBegründung für einen abgelehnten Verbotsantrag gelten. Hier hat man Ursache und Wirkungverwechselt.
Die Strategie des Bekämpfens der Braunen durch die argumentativenMittel der Demokratie ist nicht aufgegangen. Das ist sie auch schon in Weimar nicht. Eswird Zeit das sich unsere Demokratie also wieder an ihre Wehrhaftigkeit erinnert und dasTreiben der NPD unterbindet. Wie sehr deren Thesen und Ideologie sich in den letztenJahren verbreitet hat, kann man ja auch hier im Forum erkennen.