800 Soldaten in den Kongo...!
18.05.2006 um 00:20
Was machen denn die USA in Afrika?
Der große verheimlichte Krieg.
von José GarcíaBotía, Solidaritätskomitee für Schwarzafrika
'Das Meer umspült unsere Küsten,die Welt liegt zu unseren Füßen. Dampfkraft und Elektrizität haben Entfernungenüberwunden. Die herrenlosen Länder der Erde, vor allem in Afrika, müssen den Rahmen fürunsere Vorstöße und Erfolge abgeben.'(König Leopold von Belgien, Anfang 1861)
Während wir im Westen unsere Aufmerksamkeit auf den Irak gerichtet haben, verfolgendie Vereinigten Staaten eine in den 90er Jahren begonnene Strategie, die auf Afrika,genauer gesagt, auf die Region der Großen Seen abzielt. Was dieser Kontinent unter seinerOberfläche birgt, ist viel, sehr viel und harrt tatsächlich noch seiner Ausbeutung. VomGolf von Guinea bis Angola reiht sich unter dem Meeresboden eine bedeutende Kette vonÖlblasen aneinander. Südlich von der Zentralafrikanischen Republik birgt das Land immenseRohstoffvorkommen.
Während die Kriege in Afghanistan oder im Irak im Fernsehengezeigt werden und zu den täglichen Nachrichten gehören, werden die Kriege in Afrikavöllig ignoriert (es sei denn, es werden menschenunwürdige Gräueltaten gezeigt.) Vongrößter Bedeutung in diesem Zusammenhang sind die Kriege in Angola und in der Region derGroßen Seen. Bei letzterem geht es vor allem um die Demokratische Republik Kongo (dasfrühere Zaire des Diktators Mobutu.) Das Land besitzt geradezu atemberaubende MengenGold, Diamanten, Kupfer, Kobalt, Mangan, Zink, Cadmium, Silber, Uran und andere selteneMineralien, die strategisch wichtig sind, wie z.B. Coltan, Cassiterit, Europium, Thorium,Niob und Pyrochlor. Zum Beispiel liegt der Weltdurchschnitt der Goldextraktion pro Tonnegeräumten Erdreichs bei 11 Gramm. In weiten Gebieten im Osten Kongos dagegen liegt er bei6 bis 7 kg. Manchmal liegt der Ertrag sogar bei 16 kg. Nach einschlägigen Berechnungenkönnten mit dem Erlös von nur der Hälfte der Goldvorkommen der Mine von Sezere diegesamte Auslandsverschuldung Kongos bezahlt werden. Die Kupfer -und Kobaltreserven derMine von Kolwesi werden auf einen Gegenwert von 16 Milliarden Dollar geschätzt. Coltanist ein auf dem Planeten seltenes Erz, das aus Columbit und Tantalit besteht. Tantalithat ebenso gute Antikorrosionseigenschaften wie Glas, es ist extrem hitzebeständig, sehrleicht und außerordentlich leitfähig. Verwendet wird es bei der Herstellung vonMobiltelefonen, Satelliten, Kernreaktoren, Raketen und bei einigen Bauteilen vonRaumfähren. Bis vor kurzem wurde es in Thailand, Kanada, Brasilien, Bolivien undAustralien abgebaut. Aber seitdem Vorkommen in sehr hohen Konzentrationen in der DR Kongoentdeckt wurden, wird heute der größte Anteil der Weltproduktion im Kongo gewonnen. Dieerwähnten Bodenschätze konzentrieren sich vor allem im Osten Kongos . Darüber hinaus istdie zentrale Lage der DR Kongo auf dem afrikanischen Kontinent von großer strategischerBedeutung, abgesehen von seiner territorialen Ausdehnung: es ist z.B. fünfmal so groß wieSpanien und hat mit 9 anderen Ländern eine gemeinsame Grenze. Somit ist die Kontrolleüber die DR Kongo der Schlüssel zu Afrika südlich der Sahara.
Seit einiger Zeithaben es die Amerikaner auf den Kongo abgesehen, ohne dass die Weltöffentlichkeit darüberinformiert wird, was in dieser Region passiert; es sei denn, es passt ihnen in den Kram.Gegebenenfalls werden dann auch schon mal Lügen verbreitet. Dann werden Geschehnisse ausdieser Region plötzlich zu Weltnachrichten, die bestimmte Vorstellungen im kollektivenUnterbewusstsein festigen, wie z.B. die Massaker der Tutsis durch die Hutus, die uns aufdie Gedanken bringen sollen, dass der Ursprung allen Unglücks und Gräuels der Region inethnischen Kriegen liegt. Als ob zwei Ethnien, die Jahrhunderte auf dem selbenTerritorium zusammengelebt haben, plötzlich verrückt geworden wären. Die Planung derVorgehensweise in dieser Region und die strategischen Mittel, die von den VereinigtenStaaten und einer Gruppe multinationaler Konzerne eingesetzt wurden, haben ihre Wirkungnicht verfehlt. Es ist ihnen unter anderem gelungen, die Öffentlichkeit davon zuüberzeugen, dass in Ruanda irrationaler Hass zwischen Hutus uns Tutsis herrscht; dass dereinzige Völkermord, den es gegeben hat der von den Tutsis 1994 war; dass man über dieInvasion des Ostens Kongos seit dem Sommer 1998 durch die Alliierten der USA ,d.h.Uganda, Ruanda und Burundi nichts zu wissen braucht. Dies alles trotz der Tatsache, dasswir es hier mit einem barbarischen und grausamen Krieg zu tun haben, der bis heute 3,5Millionen Menschen das Leben gekostet hat und den man auch den afrikanischen Weltkrieggenannt hat. Den USA ist es gelungen, alle Schritte zu blockieren, die von der UNOeingeleitet wurden, um Frieden in dem Gebiet zu schaffen und die Hutu-Tutsi-Massaker,sowie die gewaltsamen Übergriffe auf die Kongolesen, zu verhindern. Dagegen haben sie esnicht vermocht, zu verhindern, dass eine von der UNO in die DRKongo entsandte'Expertengruppe' aufschlussreiche Berichte verfasste, aus denen klar und gut belegthervorgeht, dass das einzige Ziel des Überfalls auf den Kongo die Plünderung seinernatürlichen Reichtümer war. Anschließend ist es ihnen aber doch noch gelungen, die vonder Expertengruppe vorgeschlagenen UN-Maßnahmen zu verhindern, weil diese zur Beilegungdes Konfliktes hätten führen können, wie z.B. Handelsembargos auf Gold, Diamanten, Coltanund Waffenlieferungen in die Region. Der Bericht S/2001/357 der Vereinten Nationen belegtdiese Tatsachen ? obwohl auch dieses wichtige Dokument nicht über alle Zweifel erhabenist. Darin enthalten ist zwar eine ausführliche Studie des Konflikts; aber in der Listeder Länder, die am illegalen Handel mit den o.e. Erzen erscheinen seltsamerweise nureuropäische Firmen aber keine einzige amerikanische. Es ist ihnen gelungen, in derDRKongo L. D. Kabila als zeitweiligen Alliierten an die Macht zu bringen, um ihn späterals er ihre Interessen nicht mehr ausreichend bediente 'ermorden zu lassen'. Schließlichhaben sie es geschafft, dass nichts darüber an die Öffentlichkeit gelangte und somit fürdie Medienkonsumenten des Nordens keine Bedeutung hatte.
Was Angola betrifft,ist es schon merkwürdig, dass ausgerechnet jetzt, nach 30 Jahren Krieg zwischen der UNITAvon Jonas Savimbi und der Regierung von José Eduardo dos Santos Frieden geschlossenwurde. Die Vereinigten Staaten hatten die UNITA unterstützt, Cuba und die ehemalige UdSSRdie angolanische Regierung. Die Haupteinnahmequelle der Regierung war das Erdöl, dieDiamanten die der UNITA. Die Dynamik bestand darin, dass, solange es Diamanten und Erdölgab, beide Banden weiter Waffen kaufen konnten und, da keine dieser Quellen jemalsversiegte, auch der Krieg nie zu einem Ende kam.
Als die Sowjetunion zusammenbricht,geht der Krieg in Angola jedoch weiter... Im Februar 2002 bekommt der Präsident Angolasdann einen Termin bei G. W. Bush im Weißen Haus (das Datum wurde im September 2001festgelegt) und, welch ein Zufall: jetzt kann der Mossad den Regierungstruppen plötzlichden genauen Aufenthaltsort von Savimbi nennen und das nur wenige Tage bevor Eduardo dosSantos den Flug zum Weißen Haus antritt.
Die programmatischen Worte Bushs lassen anKlarheit nichts zu wünschen übrig: 'Frieden im Tausch gegen Diamanten und Steigerung derÖlförderung!'. Dos Santos musste es akzeptieren, denn mit der Einkehr des Friedens inAngola steigt die Ölförderung rapide an (die Tagesproduktion wird voraussichtlich bald1,5 Millionen Barrel betragen). Vor den Angriffen auf Irak und Afghanistan haben dieVereinigten Staaten eine Reihe vorbeugender strategischer Maßnahmen getroffen, um ihrenErdölkonsum zu sichern: der versuchte Staatsstreich in Venezuela, der o.e. erwähnteFrieden in Angola, die Steigerung der Ölförderung in Äquatorial-Guinea, dieAnstrengungen, um bald zu einem Friedensabkommen im Sudan zu kommen...
Und fürall dies ist es gut, dass die Konsumenten des Nordens sich keine Gedanken machen und nurweiter konsumieren.
Aus 'Grano de arena' #185, 28.3.2003
www.umoya.org
Übersetzung: Helga Heidrich & Harmut Brühl
coorditrad@attac.org, EhrenamtlichesÜbersetzungs-Team